Relevanter Teil aus dem Artikel:
Er könnte viel sagen zu dem, was zuletzt über ihn erzählt wurde. Dass er nicht nach Köln fahren durfte, weil er sich angeblich emotional nicht im Griff habe. Dass er sich mit Bayerns Altpräsident Uli Hoeneß nicht genügend ausgetauscht habe in seinen zwei Jahren als CEO. Dass er angeblich nur fünfmal in einem halben Jahr bei Hoeneß angerufen habe. Kahn könnte sagen, dass er Hoeneß alle zwei Wochen vor jedem Heimspiel zum Abendessen getroffen habe, dass fünf Anrufe in einem halben Jahr gar nicht so wenige seien, nämlich fast ein Anruf pro Monat, oder auch dass er gar nicht so viele Fragen gehabt hätte. Aber er schweigt.
Es habe da offenbar ein Missverständnis gegeben, als er berufen worden sei, sagt Kahn. »Ich habe meinen Job so gemacht, wie ihn ein CEO macht.« Er und sein Team hätten den FC Bayern als internationalen Topklub weiterentwickeln wollen, auf Grundlage der bayerischen »Mia san mia«-Kultur. Einige hätten diese Strategie wohl eher als Bedrohung statt als Chance gesehen. Unter ihnen auch Uli Hoeneß. Aber seinen Namen nennt Oliver Kahn nicht. »Natürlich war das ein hoher Anspruch, wie so oft in meinem Leben«, sagt Kahn. »Für die, die jemanden gesucht haben, der den FC Bayern ein bisserl verwaltet, für die war ich der falsche Mann.«
Seine Zeit als CEO hatte er sich jedenfalls anders vorgestellt, als »unternehmerischer Kahn«. Er wollte die Torwartkarikatur hinter sich lassen, den lauten Kahn, der auch mal Sprüche »raushaute«, der »Eier, wir brauchen Eier« sagte. Er hielt diese Karikatur weder für sinnvoll noch für zeitgemäß. »Der FC Bayern brauchte keinen rustikalen Oliver Kahn«, sagt Oliver Kahn.
Er kämpfte dagegen an. Mit dem Konzept »FC Bayern Ahead «. Mit Kick-off-Veranstaltungen. Mit Personalentwicklungsveranstaltungen am Tegernsee. Er gab Ziele vor. Er führte einen moderneren Managementstil ein. Und einen neuen Jargon. Aber nichts davon kam gut an. Die Ziele, die er vorgab, wurden als Versuch der Kontrolle interpretiert. Sein Jargon als Abgehobenheit. Und seine Dialogbereitschaft als Entscheidungsschwäche. Tatsächlich schaffte er einen neuen Umsatzrekord von 850 Millionen Euro in der Saison 2022/23. Aber auch das half ihm nicht.
Ihm sei klar, dass er auch Fehler gemacht habe, sagt Kahn, nicht alles sei gut gelaufen. Die Art und Weise, wie Trainer Julian Nagelsmann entlassen wurde, etwa. Oder wie sich der Verein von Torwarttrainer Toni Tapalović trennte. Er hätte sich aber umgekehrt auch mehr Zeit für seine »Lernkurve« gewünscht. Wie viel Jahre hatte Karl-Heinz Rummenigge, um sich als CEO einzuarbeiten?
Es gibt Leute, die ihm sagen, es hätte gereicht, ein paar Sprüche rauszuhauen und nichts zu verändern. Den Kahn zu spielen, den jeder zu kennen glaubt, das Klischee, dem man zugetraut hätte, in Köln auf Jan-Christian Dreesen loszugehen. Dann wäre er heute vielleicht noch CEO. Kahn lächelt. Hat er sich nicht genügend um Hoeneß gekümmert?
»Kennen Sie ›Succession‹?«, fragt er. »Eine grandiose Serie über einen Patriarchen und mächtigen Medienmogul, der keinen für fähig hält, ihn zu beerben?«
Vier Staffeln gibt es davon, in denen man diesem Patriarchen, einem alternden Mann, der in der Vergangenheit lebt und nicht loslassen kann, dabei zuschauen kann, wie er die Zukunft verspielt.
Er habe die Serie vor Längerem gesehen, sagt Kahn, aber zuletzt immer mal wieder daran gedacht. Das komme ihm bekannt vor, sagte er sich.
by Hic_Forum_Est
4 comments
Ach Olli… Danke für den Serientipp.
Kahn kann Uli direkt auch einen alten Sack nennen der nicht die Kontrolle abgeben kann bevor er es hinter so ner Anekdote versteckt haha
Haha Succession ist tatsächlich ne prima Serie
Ich finde da macht es sich Oli sehr, sehr einfach.
Man hat von verschiedensten Stellen gehört, dass Kahn den FC wohl wie ein reines Wirtschaftsunternehmen führen wollte, sich nur mit seinen Beratern umgeben hat und viele Mitarbeiter an der Säbener Straße selbst nach Monaten noch kaum Kontakt zu ihm hatten.
Auf der anderen Seite hatte ich als Bayern Fan bei Hoeneß viel, viel schlimmeres befürchtet und konnte mir nicht vorstellen, dass er sich öffentlich (und wohl auch intern) so zurückzieht, wie die letzten 2, 3 Jahre.