Mit Hunden in der Suchtklinik | Die Nordreportage | NDR Doku

Untertitel: Norddeutscher Rundfunk 2024 Mein komplettes Arbeitsleben bin ich schon bekifft. Das war für mich wie der Kaffee. Ecstasy, LSD, Speed – irgendwann ist in Deutschland auch Crystal Meth auf den Markt gekommen. Es war halt viel Neugier. Für mich sind es "normale" Menschen, die irgendwo falsch abgebogen sind. Ich bin froh, dass es die Klinik gibt. Ich bin nie gebissen worden. Hab keine Angst vor Hunden. Vorher hatte ich keine guten Beziehungen. Da ging’s immer nur um Drogen. Da war kein Platz für Freundschaften. Dürfen wir? (Mann) Ja. Hund kann draußen bleiben. Kurz nach zehn. Chefvisite in der Rehaklinik. Na, wie is? Gut so weit. Sie haben ‘ne Auffälligkeit im EKG. Die ist harmlos, die hat keinen Krankheitswert. Ich hab noch einen Laborwert abgenommen. Der zeigt auch, dass mit dem Herzen so weit alles in Ordnung ist. Meine Empfehlung wird aber zur Entlassung sein: Dass Sie bei einem Herzspezialisten einen Ultraschall vom Herzen machen lassen, der alles ausschließt, ja? Danke. Mark ist jetzt acht Wochen hier. Mit im Zimmer: sein Hund Dodge. Ein Rhodesian Rottweiler. Für den Hund hat Mark sogar seinen Traumjob aufgegeben. Statt bei Events arbeitet er jetzt im Bereich Lager und Logistik. Wer möchte es haben? Sag "bitte, bitte"! Er ist für mich wie ‘n Kind, ist mein Leben. Er ist für mich ganz wichtig. Der wichtigste Punkt in meinem Leben, der Große. Mark will lernen, ohne Drogen zu leben. Er war jahrelang abhängig. Den ersten Joint hat er als Teenager geraucht. Irgendwann verlor er die Kontrolle über seinen Konsum. Für den Rausch zu erleben. Einfach nur den Rauscheswillen. Auch, Sorgen zu unterdrücken und beiseite zu schieben, aber viel einfach des Rausches Willen. In der schweren Sturm-und-Drang-Zeit wurden am Wochenende auch mal sieben, acht, neun Teile am Abend gegessen. Dazu noch Ecstasy, LSD, Speed. Immer ‘n Tanz auf der Messerklinge. Man hätte hängenbleiben können, es hätte was passieren können. Man weiß nie, was drin ist in den Stoffen. Es war viel Neugier, kein schlechtes Elternhaus. Mark hatte mehr als einen Schutzengel. 25 Jahre abhängig – und keine psychischen oder körperlichen Schäden. Hast du alles vollgekrümelt. Zwei, drei, vier Gramm verraucht, das ist halt … Irgendwann geht man nur noch arbeiten, dass man die Miete finanziert, sein Essen finanziert, den Hund vernünftig versorgt. Und den Rest in Rauch aufgehen lässt. Und dann muss man irgendwann abwägen im gewissen Alter mit 42: Was will ich noch erreichen? In den Urlaub fahren oder auf ein Udo-Lindenberg-Konzert. Mark hat Ziele und ist froh, nicht allein zu sein. Was ich mit Sicherheit sagen kann: Ein Großteil der Rehabilitanden, die mit einem Tier zu uns kommen, würden nicht in die Rehabilitation gehen, wenn sie den Hund nicht mitnehmen könnten. Nicht mit ins Zimmer nehmen könnten. Das ist häufig die wichtigste Bezugsperson. Oder sehr wichtig wie bei Menschen ohne Abhängigkeit auch. Und diese Menschen würden alle von einem Rehabilitationsangebot nicht erreicht. Das wäre ein Drama. Auch Angie wäre nicht hier ohne ihren Hund. Sie können ihn rauslassen. Dann kann er mich mal kennenlernen und ist beim nächsten Mal vielleicht friedlicher. Ja, gut. Wir hatten noch keine Visite, ne? Nee. Hatten wir schon miteinander zu tun? Nee. Dörr ist mein Name. Arzt bin ich hier. Alle drei Wochen sehen wir uns. Angie ist ganz neu hier. Sie war stark abhängig, kann nicht gut schlafen, träumt. Ärzte sagen, sie hat eine Psychose. Na, ich hör wieder Stimmen. Ich bin unausgeglichen. Ich bin nervös, ich hab Angst. Okay. Stimmen – was und wen hören Sie da? Kommentare. Kommentare. Wissen Sie, wer das ist? Nicht unbedingt, es sind Stimmen, die ich nicht kenn. Okay. Männliche, weibliche? Weibliche. Nur eine oder mehrere? Mehrere. Mit der würde ich das nachher besprechen. Ich denke, dass das mit den Medikamenten suboptimal ist. Ja. Und wenn Sie sagen, außer müde hat’s nix gebracht, würd ich auf ‘ne Medikamentenumstellung abzielen. Mir schwebt schon ein Medikament vor. * Knurren * Aus jetzt! Willkommen zurück. Sie machen ja ‘n Kram. Er kann raus. Oder sie. Hatten Sie noch einen epileptischen Anfall? Nee. Alles, was Risiken birgt, ist Ihnen verboten. Nicht auf Leitern stehen, Sie gehen nicht schwimmen, in keine Badewanne und so weiter. Überall, wo Sie sich verletzen, wenn Sie bewusstlos werden. Fälle wie diesen hat der Klinikchef selten. Ein Zufallsbefund. Auf der Rückreise am Bahnhof hatte er einen epileptischen Anfall. Ist dann in Regensburg ins Krankenhaus gekommen. Und die haben einen Hirntumor festgestellt. Heißt: Operation. Und Abbruch der Therapie. Das Schicksal des Einzelnen ist ein Drama. Er ist jung, da kann man nicht sagen: Schicksalhaft am Ende des Lebens. In der Blüte des Lebens ist das natürlich drastisch. Das Klinikkonzept mit Hund ist deutschlandweit einmalig. Ich bin nie gebissen worden, hab auch keine Angst vor Hunden. Sonst dürften die Hunde nicht bei den Visiten frei im Zimmer sein. Dafür haben wir die Boxen unter den Betten, dass man zu anderen Gelegenheiten auch in die Zimmer rein kann. Jeden Tag macht die Gruppe etwas gemeinsam. Neben Therapie einmal die Woche: Sport. Der soll Körper und Seele stärken, das Wohlbefinden steigern. Tina, Jenny, Angie und die anderen machen mit, solange sie sich gut dabei fühlen. Ihr Tag soll eine Struktur bekommen, für das Leben nach der Therapie, den Alltag. ♪ Popmusik ♪ Genau, Blick geht in die geöffnete Hand. Und wir wechseln die Seite. Unsere Arme! Das wird abwechselnd gemacht. Sechs Monate dauert der Klinikaufenthalt. So lange sind sie weit weg vom alten Umfeld in Sachsen, Thüringen. Weg von den Dealern und Menschen, die ihnen nicht guttun. Ihr Zuhause: das Rehazentrum am Schweriner Stadtrand. Schönen guten Morgen. (alle) Guten Morgen. Is ‘n wilder Tag, ne? Psychologin Cornelia Raube leitet die Gruppentherapie. Meine Nacht war nicht so besonders. Ich bin erst um zwei eingeschlafen, war kurz vor sechs wieder wach. Hab gestern lange mit dem Roman telefoniert. Gibt schlechte Neuigkeiten. Wissen Sie die schon? Nee. Der hat ‘n Hirntumor. (Frau) Oh! Ja. (Mann) Fuck. Roman hat ‘n Hirntumor. Die nehmen heut Probe, ob gut oder bösartig. Was immer es jetzt ist, ich hab noch … … ich warte mal auf ‘n Arztbefund. So, ne? (unverständlich) Okay, gut. Ja. Ja, … schockt mich jetzt sehr. Ich hab halbwegs gut geschlafen, bin aber sehr kaputt von gestern vom Sport. Ich bin auch noch sehr müde. Was tun bei so einer Hiobsbotschaft? Manchmal passieren schlimme Dinge. Und wir sind zuerst völlig überfordert damit, damit umzugehen. Und … … kriegen das dann aber irgendwie hin. Versuchen, damit umzugehen. Jetzt guck ich zur Jenny, die jetzt den achten, den ollen Frauentag vor sich hat. Ja. Katastrophentag. Den Katastrophentag. An diesem Tag hat Jenny ihr Baby verloren. Jetzt ist es zwei Jahre her. Ich konnte die letzten zwei Jahre damit so gar nicht abschließen. Jetzt hab ich’s aber so weit aufgearbeitet, dass ich’s in positivem Sinne für mich so sehen kann. Es sollte einfach so sein. Jenny kann bald nach Hause. In drei Wochen ist sie wieder in Plau am See, will wieder arbeiten. Du warst nicht so depressiv wie ich, aber hattest deine Probleme. Beneidenswert, dass du dich da so hintergeklemmt hast. Das gehört alles dazu, sich da nicht zu verbuddeln, weil das bringt nichts. Tina und Jenny haben ähnlich Schlimmes erlebt. Beide sind Mütter. Haben in den Wochen viel geredet, sich Mut gemacht. Und sie sind Freundinnen geworden. Und wenn man das schafft, Leute: sich lieb haben und so, dann hat man gute Chancen, die ollen Drogen … … irgendwo abzulegen. Ich sag auch: nur dann. Weil es hat was mit In-Beziehung-Gehen und In-Beziehung-Sein zu tun. Im Kontakt mit anderen Menschen sein. Ja? Unabhängig. Ich kann’s mir noch nicht erklären, aber es fühlt sich danach an. Dass dieser Tag für mich irgendwann mal vielleicht wieder ein schöner Tag sein kann. Im Sinne von Frauentag, das mal zu genießen. So fühlt es sich schon an? Irgendwann. Was sind die Motive für Drogensucht? Kummer oder bloße Neugier? Wurden sie missbraucht oder vernachlässigt, warum sonst greifen junge Menschen zu Drogen? Cornelia Raube versucht, es bei jedem herauszufinden. Viele kommen mit ‘nem ganz schlechten Selbstkonzept. Und haben innerlich sozusagen das Verbot von Freude und von Wohlfühlen. Das haben sie gelernt. Ein Mensch, der von Mutter und Vater geprügelt wurde zeitlebens und Schlimmeres, der lernt: Ich bin nicht wichtig, ich darf mich nicht wohlfühlen. Das ist was ganz, ganz Wichtiges. Und dann braucht es ‘ne Menge Freude und Zufriedenheitserlebnisse. Wo auch immer das möglich ist. Also: Ein Mensch darf erfahren, dass er was kann und dass er lieb ist, liebenswert ist. In MV warten Betroffene im Schnitt ein halbes Jahr, bis Rententräger oder Krankenkasse eine Therapie bewilligen. Seit Corona melden sich immer mehr Betroffene bei der Suchthilfe. Allein in Schwerin fast 9800 Menschen 2023. Das wohl Schwierigste: den ersten Schritt zu gehen. Das Gespräch mit Kristin Linde und Yvonne Martinsen in der Suchthilfe. Das kann sein, dass der Klient drei, vier, fünf Einzelgespräche nur benötigt und allein weiterläuft. Oder aber, dass wir die Therapiemöglichkeiten besprechen: Ambulante Möglichkeiten, teilstationäre oder stationäre Therapieeinrichtungen. Und ‘ne stationäre Therapie ist zum Beispiel für Drogenkonsumenten 22 Wochen. Dann, wenn die Klienten sich für die Therapie entscheiden wollen, machen wir gemeinsam den Antrag. Da müssen 20 Seiten ausgefüllt werden, ein fünfseitiger Bericht über den Klienten geschrieben werden und ein Arztbericht ausgefüllt werden. Das wird dann an die Rentenversicherung geschickt. Und nach zwei bis vier Wochen bekommen wir eine Antwort, ob die Rehabilitation genehmigt wird. Und dann wartet der Klient noch zwei, drei, vier, fünf Monate – oder die Klientin -, bis sie aufgenommen werden können in der Klinik. In dieser Zeit dürfen sie nicht rückfällig werden. In die Klinik darf nur, wer clean ist. Gefährlich: Viele kombinieren Drogen. Es wird ganz viel Mischkonsum betrieben. Also erst putsch ich mich auf, bleib drei Tage wach, dann brauch ich was zum Runterkommen. So wird eher konsumiert. Heilen kann eine Therapie nicht – nur helfen, Rückfälle zu vermeiden. Bei ‘nem Langzeit sind sie im geschützten Rahmen, werden aufgefangen. Es ist gut, dass es das Magnus-Huss-Haus zentral gibt, sodass sie die Belastungserprobung machen können. Beim Kaufland gegenüber ist die kritische Stelle. Da muss ich vielleicht aussteigen oder ich geh mit meinem Hund raus – da ist der Stein nicht weit weg. Der sogenannte Stein ist ein Brennpunkt. Im Stadtteil mit der ärmsten Bevölkerung Schwerins. Mit Kriminalität und vielen Arbeitslosen. Gehen die Bewohner aus der Reha zum Einkaufen, müssen sie hier vorbei. Das kann herausfordernd sein für Suchtkranke. Die Magnus-Huss-Klinik – benannt nach einem Arzt – ist ein paar Minuten weit weg. Neu gebaut, seit gut einem Jahr in Betrieb. Es gibt Wohngruppen, und wer möchte, darf sein Haustier mitbringen. * Entfernte Rap-Musik * Um 22 Uhr: Schlafenszeit. Noch eine letzte Gassi-Runde. Um fünf Uhr früh klingelt bei vielen der Wecker. * Bellen * Um 6 Uhr ziehen die Ersten los. Eisbaden in der Stör. Jenny macht das seit Kurzem regelmäßig. Die anderen kommen so mit. Auch die Hunde sollen lernen, sich zu entspannen. Mark und Paul drehen morgens eine Runde durch den Wald. Wach werden. Entspannen. Noch mal Ruhe für sich selber haben. Und dann mit den anderen Patienten sich wieder treffen. ‘ne Entspannungsphase, bevor es richtig losgeht. Na los, weiter. * Bellen und Pfiffe * Schluss! Du hältst dich auch raus, komm her! Los! 20 Minuten Fußmarsch durch die Felder. Und dann hinein in das acht Grad kalte Störwasser. Sehr kalt, aber sehr erfrischend, und es gibt ein tolles Körpergefühl. Dann ist man den ganzen Tag über mit ‘nem tollen Gefühl gesegnet. Und das genieße ich daran sehr, vor allem den Spaziergang daran. Kann ich nur jedem empfehlen. Die Reha ist darauf ausgerichtet, einen Alltag zu schaffen, den Tag zu strukturieren. Jeder bekommt einen Plan, den er gegen Ende der Therapie selbst gestalten kann, um später wieder arbeiten zu können. Die Hunde helfen dabei. Ohne seinen Dodge? Wär ich noch mehr abgerutscht oder wär total versauert. Das ist wirklich so. Man bewegt sich, kommt raus, tut was fürs Tier, für sich selber. Und hat so ‘ne Lebensaufgabe. Wie ‘n Kind halt. Bloß behaart. Die Klinik hat 72 Plätze. Alle Zimmer sind belegt. Jeder zweite Rehabilitand hat ein Haustier mitgebracht. Einen Hund oder eine Katze. Der Maulkorb ist Pflicht, aber nur im Haus. Ebenso, sich vor und nach Verlassen der Klinik einzutragen. Wer sich nicht an Regeln hält, sieht die gelbe Karte. Als Nachspeise … Einmal in der Woche kocht die Gruppe gemeinsam Mittagessen. Spaghetti Bolognese, Salat und frisches Brot. Ich hab Joghurt mitgenommen. Salat. Mhm. Ich koch die Nudeln. Sehr schön. Was bleibt über? Schnippeln. Paul und Hündin Maya haben einen Termin bei Hundetrainerin Madleen. Zum Fädenziehen. Maya wurde vor ein paar Wochen operiert. Jetzt sollte alles verheilt sein. Gut. Wunderbar. Ich mach die Wunde jetzt noch sauber. Mhm. Gut gemacht. Nimm’s ruhig ab, genau. Gut gemacht. Guck mal! In der Klinik essen in der Regel alle in der Kantine. Selbst für sich gekocht haben die meisten schon länger nicht mehr. Wenn man heim kam, war da eher der Fokus aufs Tier. Heimkommen, Hund schnappen, zwei, drei Stunden draußen verbringen. Heimkommen, irgendwas schnell in den Ofen schmeißen, Bett gehen, wieder früh aufstehen und wieder auf Arbeit gehen. Um irgendwie seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Bin aufm guten Weg, wieder Lust daran zu finden. Ich hab alles in mich reingestopft. Durch den Konsum biste nicht dicker geworden. Und jetzt musst aufpassen, dass du nicht aufgehst, ne. Letztes Jahr im April hab ich noch 45 Kilo gewogen, jetzt bin ich bei 63, das ist ‘n Unterschied. Und frisch gekocht schmeckt es sowieso am besten. Das werden die Joghurt-Waffeln, das Dessert. Wer Drogen nimmt, hat meist keinen Hunger oder Durst. Ohne die Substanzen im Körper kommt der Appetit zurück. Man kommt ja schon entgiftet hier an. Man hat das Essen wieder gelernt, alles schmeckt wieder, alles hat wieder Geschmack, macht wieder Spaß. Ja, man hat mehr Ideen, mehr Einfälle. Einfach mehr Lust aufs Leben. Ah, das riecht schon, mmmh! So, guten Appetit! Die Therapie verläuft in Stufen. In den ersten zwei Wochen dürfen sie nur in Begleitung das Gelände verlassen. Müssen ihr Handy abgeben. Nach acht Wochen die erste Heimfahrt. Am Ende machen sie Praktika, bereiten sich vor. Auch Angie will wieder arbeiten. Mein Valentinstags-Geschenk. Meine Hündin ist verstorben gewesen. Oh! Was machst du denn?! Hab ich ‘nen neuen Hund gebraucht. Aber diesmal wollt ich was Stabileres. Ja, und dann kam der Hardis. Angie hat Gewalt erlebt. Eine Zeitlang hatte sie keine Wohnung – nicht ungefährlich. Mit Hardis fühlt sie sich sicher. Würde jemand die Hand erheben mir gegenüber, würde er auf den Arm gehen. Ein Hund zu Hause, da bricht keiner ein. Passiert ist das schon, sagt sie. Tatsächlich. Auch die Angie hat mal Angst. Putzen, Wäsche waschen, Betten frisch beziehen. Im Klinik-Haushalt muss jeder mit anpacken. Auch das ist Teil der Therapie. Nebenan ist die Werkstatt. Mark und Jenny verbringen hier viele Stunden. Das ist total entspannend, weil man sich mal nur auf die Sache konzentriert. Und mal völlig ruhig innerlich sein kann. Das macht es wiederum so … … so wunderbar. Weil man kann was Eigenes erschaffen. Man kann sich farblich ausdrücken. Je nachdem, was man für ‘ne Stimmung hat. Ergotherapie hilft, lästige Gedanken mal für einen Moment loszulassen. Es entspannt total. Kann man wunderbar abschalten bei so was. Vor einer Woche hat Jenny schon mal ein Seidentuch gebatikt. Das Ergebnis sieht sie heute. Geil. Es hat wieder funktioniert. * Bellen * In der Klinik ist heute Sprechstunde, ohne Kameras. Jede Woche kommt ein Tierarzt zum Check. Und wer möchte, kann auch mit einer Hundetrainerin arbeiten. Bei Fuß gehen und sich mit den Artgenossen vertragen, das konnten einige Hunde nie richtig lernen. * Knurren * * Winseln * Paul hat seine Maya als Welpe aus schlimmen Verhältnissen gerettet. Ohne sie? Dann wär ich höchstwahrscheinlich im Knast. Mit ihr geht das nicht, einfach mal drei Tage nicht nach Hause kommen. Oder: Ich bleib jetzt mal ‘ne Woche weg. Obwohl ich mein Leben eher geringfügig im Griff hab: Für ‘n Hund geb ich alles, da acht ich sehr drauf, dass sie bestmöglich versorgt ist. Auch in Pauls schlimmsten Zeiten. 10, 15 Bier am Tag. Zwei Gramm Crystal am Tag. Und an ‘nem guten Tag zehn Gramm Gras. Neben seinem Job in einer Eisengießerei. Mein komplettes Arbeitsleben bin ich bekifft. Ich hab meine Lehre mit 99 von 100 Punkten abgeschlossen. Man sollte das differenzieren. Man stellt sich den Kiffer immer als klassischen Nichtsnutz vor, aber das geht schon. Der Hund und ich, wir haben ‘ne viel festere Bindung. Der Hund kriegt den Konsum ja mit. Und jetzt merkt sie auch, Papa wird wieder klar im Kopf. In ‘nem halben Jahr geht’s wieder zu meiner Freundin. Beste Voraussetzungen, um clean zu bleiben. Zwei Wochen später. Ihre neuen Zimmernachbarn sind da. Markus und die kleine Chantal. Die erste Nacht ist schwierig, aber da musste dich dran gewöhnen, meine Kleine. Da vorne kriegste Sprudelwasser, Tee, … Mark ist für zwei Tage Markus’ Pate. Der letzte gemeinsame Morgen für die Gruppe mit Jenny. Das letzte gemeinsame Frühstück. Die anderen bleiben noch, werden vielleicht ohne sie weiter zum Eisbaden gehen. Jenny hat es geschafft. Sie möchte anderen suchtkranken Menschen Mut machen: Ich hab hier erkennen dürfen, dass es schöner ist ohne, weil man die Welt, das Drumherum viel mehr wahrnimmt, bewusster wahrnimmt. Und das tut wahnsinnig gut. Halt nicht dieses In-sich-Gekehrte und Ich-hab-Angst-Gefühl. Sondern: Hey Welt, hier bin ich. Und das Gefühl möchte ich nicht wieder eintauschen. Es reißt ‘n Loch in die Gruppe, weil man ist doch zusammengeschweißt. Irgendwann sind die Leute so weit, dass sie sich mit schwierigen privaten Themen öffnen. Wo du dann selber dasitzt und denkst: Oh. Okay. Was einem so ‘nen Blickwinkel gibt, warum der Mensch so geworden ist. Warum er Verhaltensweisen hat, die vielleicht vorher gestört haben. Wo man dann sagt: Okay, jetzt kann ich’s verstehen. Kommt halt viel aufn Tisch in der langen Zeit zusammen. Wenn ein Mensch lernt: Ich brauch keine Drogen, um mich wohl zu fühlen, um Freude zu erleben. Dann kann Optimismus entstehen. Und dann kann der Mensch in die Zukunft gucken und überlegen: Was will ich mal arbeiten? Und entwickelt ‘ne Perspektive. Und das isses im Grunde. Und idealtypisch haben wir das gerade mit unserer Jenny Frank, ne? Die hat so ‘nen Verlauf genommen, und da freuen wir uns alle mit ihr. Alles Gute für Sie! Danke für alles! Sie zittern ja. Ja, voll aufgeregt. Passen Sie gut auf sich auf. Mach ich. Jenny hat’s mir leicht gemacht, auch in schweren Zeiten. Sie hat mich immer aus meinem Tief gezogen. Daraus ist ‘ne tiefe Freundschaft entstanden. Das hat wirklich ‘ne Basis geschafft. Vorher hatte ich keine guten Beziehungen. Da ging’s immer nur um Drogen. Da war kein Platz für Freundschaften. Das ist erstmals, dass ich so was erleben durfte, und das macht sehr viel mit einem. ‘tschuldigung. Alles gut. Im September gibt es ein Wiedersehen, beim Ehemaligentreffen. Die Wenigsten schaffen es. Fragt mich nicht nach Zahlen. Und wenn es einer schafft, dann war unsere Arbeit wertvoll und gut. Copyright Untertitel: NDR 2024

Für viele Drogensüchtige gibt es nur einen Grund, weshalb sie noch leben wollen: ihr Hund. In Schwerin befindet sich Deutschlands einzige Rehabilitationsklinik, in der Hunde und Katzen gehalten werden dürfen, die eine tragende Rolle beim Heilungsprozess übernehmen.

Diese und weitere Dokus findet ihr auch in der ARD Mediathek: https://www.ardmediathek.de/dokus

Nur weil sie ihren besten Kumpel mitbringen durften, haben auch Mark und Paul den Weg in die Therapie gefunden. Viele soziale Kontakte haben die beiden nicht mehr. Beide konsumierten jahrelang harte Drogen, Freunde und Verwandte wandten sich ab. Der Hund ist jetzt ihr Anker. In Schwerin lernen sie, wie ein geregeltes Leben wieder möglich sein kann mit der Aussicht auf eine Rückkehr ins Berufsleben. Ein halbes Jahr lang ist die Klinik ihr Zuhause. Wie es dann weitergeht, weiß niemand.

Mehr dazu: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/die_nordreportage/Tierische-Helfer-Mit-Hunden-in-der-Suchtklinik,sendung1441926.html

Erstausstrahlung: 08. Mai 2024

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9 comments
  1. Dies ist nicht die einzige Klinik. Bspw. Peers hoop in Sillerup, dort werden auch Patienten mit Tieren aufgenommen. 😉 Bitte besser recherchieren, dass könnt ihr sonst besser <3

  2. Hunde sind nicht mehr als Kotpressen. Ich hasse diese Viecher und obwohl ich nicht Giftköder auslege, gönne ich es jedem Hund von Herzen, wenn er an sowas stirbt.

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