Gallant kritisiert Netanjahu für orientierungslosen Krieg

Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant hat dem israelischen Präsidenten Benjamin Netanjahu in einem vertraulichen Brief vorgeworfen, dass es der Kriegsstrategie Israels an einer klaren Richtung und aktualisierten Ziele fehle. Das berichteten israelische Medien übereinstimmend. In dem Brief äußerte Gallant die Sorge, dass sich die Bedrohungen für Israel weiterentwickeln, die Kriegsziele jedoch nicht angepasst wurden, was zu möglichen Fehlentscheidungen im Kabinett führen könnte. Es fehle ein „klarer Kompass”, während skalierende Konfrontationen, insbesondere mit Iran, eine umfassende Überprüfung der Kriegsziele an mehreren Fronten erforderten.

Gallant schlug im Brief selbst Ziele für Israels Umgang mit Gaza, Libanon, Iran und das Westjordanland vor. Das Ziel für Gaza sollte demnach sein, „eine Realität ohne militärische Bedrohung zu schaffen, die Verbesserung der Terrorfähigkeiten zu verhindern, die Rückkehr aller Geiseln zu sichern und eine Alternative zur Hamas-Herrschaft zu fördern.“ Für Libanon will Gallant „eine Sicherheitslage schaffen, die es den Bewohnern des Nordens [Israels] ermöglicht, so schnell wie möglich in ihre Häuser zurückzukehren“. Mit Blick auf Iran schlägt Gallant vor, Abschreckung zu priorisieren – sodass Iran sich aus dem Krieg heraushält. Im Westjordanland nannte er das Ziel, „gewalttätige Ausbrüche zu verhindern, indem Terrorismus vereitelt wird.“

Netanjahus Büro gibt sich irritiert: „Der Brief von Minister Gallant ist recht rätselhaft.” Es gäbe durchaus einen Kompass, nämlich die bislang benannten Kriegsziele. Diese würden ständig neu bewertet und seien kürzlich erweitert worden.

Gallant hat das Schreiben den Berichten zufolge kurz vor dem Luftschlag Israels gegen Iran versendet. Neben Netanjahu und den Kabinettsministern erreichte es auch Israels Armeechef Herzi Halevi sowie die Chefs der Geheimdienste Mossad und Schin Bet.