In den kommenden Jahren wird Österreich schwächer wachsen als die Eurozone. Die starken Lohnerhöhungen aufgrund der hohen Inflation schlagen sich nachhaltig auf Österreichs Wettbewerbsfähigkeit nieder. Der Fachkräftemangel spitzt sich zu. Warum, zeigt eine aktuelle Analyse des Wifo.

Österreichs Volkswirtschaft hat ein Problem: Die hohe Inflation seit dem Jahr 2021 hat dazu geführt, dass die Unternehmen nachhaltig im internationalen Wettbewerb verloren haben. Mit „Wettbewerbsnachteile bremsen Wachstum der österreichischen Wirtschaft“ betitelte das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) nüchtern seine am Donnerstag veröffentlichte Mittelfristprognose. Die starke Teuerung wurde in Österreich praktisch eins zu eins auf die Löhne übertragen, da hierzulande die Praxis gilt, dass die Löhne zumindest um die Inflation erhöht werden. Daher steigen die Nettoreallöhne heuer um voraussichtlich 4,5 Prozent. Als Folge der hohen Lohnzuwächse stiegen auch die Lohnstückkosten: im Jahr 2024 um 8,5 Prozent. Arbeit wurde also teurer, und Unternehmen hatten die Wahl, diese Kosten entweder – falls möglich – an ihre internationalen Abnehmer weiterzugeben oder sie zu „schlucken“, was niedrigere Gewinne zur Folge hat.

Jedenfalls habe sich die „relative Lohnstückkostenposition“ gegenüber den europäischen Handelspartnern nach einer Verbesserung 2021/2022 im Jahr 2023 deutlich verschlechtert. Und der negative Trend bleibt: Vor allem gegenüber Deutschland dürfte sich die Lohnstückkostenposition österreichischer Exportbetriebe in den Jahren 2024 bis 2026 weiter verschlechtern „und die Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Industrie anhaltend belasten“, heißt es in der aktuellen Wifo-Prognose.

Mangelnde Integration kostet Wachstum

Als Folge wird sich Österreichs Wirtschaft nur schleppend von der Rezession erholen. Nach einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um ein Prozent im Vorjahr und minus 0,6 Prozent heuer geht das Wifo von einem Wirtschaftswachstum von einem Prozent im Jahr 2025 aus. Für die Jahre 2026 bis 2029 wird ein Wachstum von 1,3 bis 1,5 Prozent im Jahr erwartet. Die österreichische Wirtschaft wird jährlich um 0,2 Prozentpunkte schwächer wachsen als der Durchschnitt des Euroraumes.

Damit die Wirtschaft tatsächlich wieder auf einen – wenn auch schwachen – Wachstumskurs zurückkehrt, müssen die Annahmen halten: Vorausgesetzt wird, dass sich die internationale Konjunktur erholt und so auch der private Konsum in Österreich. Im Moment wird das zusätzliche Geld, das Konsumenten durch die steigenden Löhne bleibt, hauptsächlich gespart. „Ab 2026 sollte der private Konsum die wichtigste Wachstumsstütze darstellen“, heißt es in der Wifo-Prognose. Neben der „Verschlechterung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit durch höhere Lohnsteigerungen“ sind dafür die höheren Energiepreise verantwortlich. Dazu kommen „strukturelle Probleme“: Diese sieht das Wifo bei der mangelnden Integration von Migranten, einer zu geringen Erwerbsbeteiligung von Älteren und Frauen sowie Schwächen im Bildungssystem. In Summe bremsen diese Faktoren mittel- bis langfristig das Wirtschaftswachstum in Österreich.

Arbeitskräfte fehlen, Arbeitslosenquote sinkt

Aufgrund der Rezession stagniert heuer die Beschäftigung mit 0,2 Prozent, in den kommenden Jahren wird sie wieder etwas mehr zulegen. Der demografische Wandel, also die Alterung der Gesellschaft und die Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation, führt dazu, dass sich die Arbeitskräfteknappheit verschärft. Ab 2025 prognostizieren die Ökonomen, dass die Erwerbsbevölkerung (15 bis 65 Jahre) um 0,4 Prozent im Jahr schrumpft.

Obendrein verschärft sich der „qualitative Mismatch“: Das bedeutet, dass Arbeitskräfte nicht jene Qualifikationen mitbringen, die seitens der Betriebe gefragt sind. Es gehen vor allem Beschäftigte mit „mittlerer Ausbildung“ in Pension, also mit Lehrabschluss und betrieblicher Weiterbildung. Jene, die neu in den Arbeitsmarkt kommen, haben deutlich öfter höhere Ausbildungsabschlüsse. „Insbesondere im Handwerk und im Handel dürfte es damit immer schwieriger werden, geeignetes Personal bzw. Lehrlinge zu finden“, heißt es in der Prognose. Dazu kommt, dass seit 15 Jahren die durchschnittlich geleistete Arbeitszeit je Beschäftigten zurückgeht. Sollte dieser Trend anhalten oder sich verstärken, „würde dies das Arbeitsangebot zusätzlich verknappen“.

All das führt dazu, dass trotz schwachen Wachstums die Arbeitslosenquote bis zum Jahr 2029 von derzeit sieben auf 5,7 Prozent zurückgehen wird.

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