Weniger als 48 Stunden nach dem Ampel-Aus kommt der Bundestag zu einer Aktuellen Stunde zusammen. AfD und Union nutzen ihre Redezeit für Kritik an den Sozialdemokraten, Grüne und SPD verteidigen Scholz‘ Plan für spätere Neuwahlen.

Nach dem Bruch der Ampel hat der Bundestag am Freitagvormittag in einer Aktuellen Stunde über das weitere Vorgehen debattiert. Union, AfD, FDP und BSW fordern, dass Bundeskanzler Olaf Scholz im Parlament umgehend die Vertrauensfrage stellt und somit den Weg für eine Neuwahl freimacht. Der SPD-Politiker plant dies aber erst für den 15. Januar.

In hitzigen Beiträgen machten die jeweiligen Parteien in der Aktuellen Stunde ihre Standpunkte klar. WELT dokumentiert die Wortbeiträge:

AfD zum Ampel-Aus

Zu Beginn trat der Fraktionsführer der AfD, Bernd Baumann ans Rednerpult und ließ kein gutes Wort an alle Parteien im Bundestag.

„Die FDP ließ diese unselige Koalition platzen und will plötzlich die ganze Ampel- und Klimapolitik rückabwickeln, die sie selbst drei Jahre lang voll unterstützt. Woher kommt denn Ihr plötzlicher Sinneswandel, Herr Lindner? Der einzige Grund dafür sind doch nur Ihre katastrophalen Umfrage- und Wahlergebnisse.“

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An den Bundeskanzler gerichtet, sagte Baumann: „Herr Scholz, noch nicht mal da bei dieser Aktuellen Stunde, machen Sie den Weg frei, den Weg frei für sofortige Neuwahlen. Das Land braucht das, das Land hat es verdient.“

Und: „Doch was kommt denn jetzt danach? Kommt jetzt was Besseres? Nein, ganz klar nein. Wenn jetzt einfach nur die CDU den Kanzler stellt. Denn die CDU ist nicht die Lösung des Problems. Sie ist Teil des links-grünen Problems.“

SPD verteidigt Scholz-Plan

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Dirk Wiese, sagte: „Durch die Forderung nach vorgezogenen Neuwahlen soll Unsicherheit geschürt werden.“

Der Bundeskanzler habe deutlich gemacht, worum es gehe: „Verantwortung“. „Niemand da draußen möchte, dass an Weihnachten jemand an der Tür klingelt, der Wahlkampf macht.“

Union attackiert Scholz

Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktion, kritisierte den Bundeskanzler scharf für dessen Art und Weise der Entlassung Christian Lindners am Mittwochabend: „‚Gefährlich. Egoistisch. Wasser auf die Mühlen der Demokratiefeinde.‘ So hat er über seinen ehemaligen Finanzminister geredet. Unwürdiger geht es für einen Bundeskanzler nicht.“ Der Bankrott der Ampel sei der Bankrott von Olaf Scholz. „Den Scherbenhaufen, den Sie angerichtet haben, das ist das Desaster von Olaf Scholz.“

Angesichts Scholz‘ Plans, die Vertrauensfrage erst im Januar zu stellen, sagte Frei, der Kanzler sei nun eine „lame duck“ und „er möchte es bleiben“. Frei fragte, ohne eine Antwort aus dem Plenum zu erwarten: „Wie kommen Sie auf die Idee, wenn Sie vom Schaukelpferd fallen, jetzt einen wilden Bullen zu reiten? Sind Sie sich der Lage hier im Bundestag bewusst? Wir brauchen schnell eine neue stabile Mehrheit.“

Grüne verteilen Seitenhiebe an Lindner

Irene Mihalic, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, richtete zunächst fast aufbauende Worte in Richtung FDP, um später schließlich doch Seitenhiebe gegen Christian Lindner zu verteilen: „Uns war doch klar, dass eine Koalition aus SPD, Grüne und FDP kein Spaziergang wird. Es ist wirklich tragisch, dass die FDP nicht mehr die Kraft gefunden hat, den Weg mit uns zu gehen.“

Und: „Das müsst ihr euch schon noch anhören. Immer wieder wurden Gesetze blockiert. Immer wieder gab es Provokationen. Wenn es darauf ankommt, macht sich immer derselbe vom Acker.“ Es sei bitter, dass die Ampel beendet sei, aber dieser Schritt sei trotzdem wichtig gewesen. „Wir können es uns nicht leisten, dass sich Deutschland präsentiert wie ein Trash-TV-Format.“

FDP fordert Neuwahlen

FDP-Fraktionschef Christian Dürr gab sich in seiner Rede kampfeslustig und forderte den Kanzler abermals auf, die Vertrauensfrage zügig zu stellen. „Jetzt ist eine Zeit gekommen, wo man politischen Mut braucht.“ Und weiter: „Es braucht eine Richtungsentscheidung. Jetzt müssen die Menschen in Deutschland entscheiden.“

Dürr erklärte die aus seiner Sicht absurde politische Situation: „Wir sind jetzt in einer Situation, dass in der Regierung ein Kanzler ist, ein Kanzlerkandidat (Habeck, Anm.) und eine Minderheitsregierung im Deutschen Bundestag sitzt.“ An Scholz gewandt rief er schließlich: „Machen Sie den Weg frei für diese Entscheidung und den Weg frei für Neuwahlen! Das kann kein Zustand für die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt sein.“