22.00 Uhr: Die mutmaßliche Erlaubnis für den Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele in Russland hat im Lager des designierten US-Präsidenten Donald Trump teils heftige Reaktionen ausgelöst. Richard Grenell, der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, warf US-Präsident Joe Biden vor, den Krieg zu eskalieren. „Es ist, als ob er einen ganz neuen Krieg beginnen würde“, so Grenell. Er galt als aussichtsreicher Anwärter für den Posten des US-Außenministers in Trumps neuer Regierung – Trumps Wahl fiel jedoch auf Senator Marco Rubio.
Der Sohn Trumps, Donald Trump Jr., schrieb auf der Plattform X: „Der militärisch-industrielle Komplex scheint sicherstellen zu wollen, dass der Dritte Weltkrieg beginnt, bevor mein Vater die Chance hat, Frieden zu schaffen und Leben zu retten.“ Andere Republikaner wie der Abgeordnete Roger Wicker warfen Biden hingegen vor, die Entscheidung zu lange verzögert zu haben. Die Republikanische Partei ist bei der Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine gespalten.
Der sonst nicht um deutliche Meinungsäußerungen verlegene Trump selbst blieb hingegen nach den Berichten über Bidens Zusage auffällig still. Trump behauptete im Wahlkampf, er könne den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden. Trumps designierter Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz sprach in einem TV-Interview von einem „Schritt auf der Eskalationsleiter“. Kurz vor der Wahl hatte er noch angedeutet, dass eine US-Erlaubnis den Druck erhöhen würde, Kremlchef Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu bekommen.
Moskau warnt Westen vor Waffenfreigabe für Kiew
19.42 Uhr: Das russische Außenministerium hat die westlichen Staaten vor einer Freigabe weitreichender Waffen an die Ukraine gewarnt. Sollte die Ukraine diese Waffen gegen Russland einsetzen, bedeute das eine direkte Verstrickung der USA und ihrer Verbündeten in den Krieg, schrieb die Sprecherin der Behörde, Maria Sacharowa bei Telegram. „Russlands Antwort wird in so einem Fall adäquat und spürbar sein.“ Nähere Details zu einer möglichen Reaktion gab sie nicht preis.
Kremlchef Wladimir Putin hatte Ende Oktober behauptet, ukrainische Soldaten könnten die vom Westen gelieferten Raketen gar nicht bedienen. Daher sei deren Einsatz nur möglich, wenn westliche Experten sie bedienten. Das bedeute, dass die USA und ihre Verbündeten dann direkt Krieg gegen Russland führten, so Putin.
Scholz bleibt bei Nein zu Taurus
18.44 Uhr: Nach Berichten über eine US-Erlaubnis für die Ukraine zum Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele in Russland hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Lieferung von deutschen Taurus-Raketen erneut abgelehnt. „Ich habe sehr klare Gründe, warum ich die Lieferung von Marschflugkörpern Taurus (…) nicht für richtig halte“, sagte Scholz am Rande des G20-Gipfels in Rio de Janeiro. Deutschland müsste sich an der Zielsteuerung beteiligen. „Das ist aber etwas, was ich nicht verantworten kann und auch nicht will.“
Mützenich: Taurus-Ablehnung ist Frage von Integrität
16.35 Uhr: SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat Forderungen nach deutschen Taurus-Marschflugkörpern für die Ukraine zurückgewiesen und sie als unseriöses Wahlkampfmanöver eingeordnet. „Ich bedauere, dass zuerst Herr Merz und jetzt auch noch Herr Habeck die Lieferung von weitreichenden deutschen Raketen an die Ukraine in den beginnenden Wahlkampf ziehen wollen. Ich halte das für fahrlässig und falsch“, sagte Mützenich der „Kreiszeitung Böblinger Bote“. Er sei froh, dass Bundeskanzler Olaf Scholz die Lieferung von Taurus ausschließe. „Es wäre gut, wenn andere genauso viel Besonnenheit und Integrität an den Tag legen würden.“
Ex-Briten-Minister stinksauer auf Scholz: „Putin hat ihn genau dahin manipuliert, wo er ihn haben wollte“
15.54 Uhr: Der britische Ex-Verteidigungsminister Ben Wallace hat in einem Post auf X (ehemals Twitter) Bundeskanzler Olaf Scholz heftig für dessen Telefonat mit Wladimir Putin kritisiert.
Wallace schreibt: „Scholz’ Anruf beim Kreml war so ineffizient, dass Putin innerhalb von wenigen Stunden eine illegale Attacke auf die ukrainische Energieinfrastruktur gestartet hat. Mit einer Aktion hat Scholz die Einigkeit des Westens untergraben, Schwäche gezeigt und Russland ermutigt. Es ist, als würde Putin ihn auslachen“.
Der Ex-Minister schreibt weiter: „Putin hat Scholz genau dahin manipuliert, wo er ihn haben wollte: Kein Taurus, aber jede Menge Demütigung“. Sein knallhartes Fazit: „Scholz wäre besser geeignet, einen Unterausschuss in einem Gemeinderat zu leiten als eine Bundesregierung“.
Wallace war bis zum 31. August 2023 britischer Verteidigungsminister.
Scholz lehnt Taurus-Lieferung an Ukraine weiter ab
14.43 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält an seinem Nein zur Lieferung weitreichender Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine auch nach der Kursänderung der US-Regierung fest. „Ja, die Bundesregierung war darüber informiert und nein, es hat keine Auswirkungen auf die Entscheidung des Bundeskanzlers, Taurus nicht zu liefern“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner in Berlin.
US-Medienberichten zufolge hat der scheidende US-Präsident Joe Biden der Ukraine erstmals erlaubt, taktische Raketen des Typs ATACMS mit einer Reichweite von mehreren Hundert Kilometern gegen Ziele in Russland einzusetzen. Dies soll vor allem bei der Abwehr der Gegenoffensive russischer und möglicherweise nordkoreanischer Truppen gegen den ukrainischen Brückenkopf im Gebiet Kursk helfen.
Eine Sprecherin des deutschen Verteidigungsministeriums sagte, bei von Deutschland gelieferten Waffen „handelt sich dann um ukrainische Waffen, die die natürlich auch im Rahmen des Völkerrechts entsprechend einsetzen darf“. Sie sagte: „Und alle von uns gelieferten Waffen fallen nicht in die Kategorie der weitreichenden Waffen.“
Selenskyj reist in frontnahe Stadt Pokrowsk
14.17 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist in die frontnahe Stadt Pokrowsk im Donezker Gebiet im Osten des Landes gereist. „Das ist ein angespannter Frontabschnitt“, schrieb der Staatschef bei Telegram. Er zeichnete demnach mehrere Soldaten mit Orden aus. „Nur dank Eurer Stärke ist der Osten nicht komplett durch die Russische Föderation besetzt“, sagte Selenskyj in dem zum Beitrag veröffentlichten Video.
Die Frontlinie zwischen ukrainischen und russischen Truppen verläuft knapp acht Kilometer südöstlich der Bergarbeiterstadt, die vor dem Krieg etwa 60.000 Einwohner hatte. Im Februar hatten russische Truppen die lange von der Ukraine verteidigte Stadt Awdijiwka bei Donezk erobert und sind seitdem langsam, aber stetig auf Pokrowsk vorgerückt.
USA stärkt Scholz nach Telefonat mit Putin: „Deutschland kann tun, was es will“
13.29 Uhr: Die US-Regierung sieht die Ukraine durch das Telefonat von Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht übergangen. „Deutschland ist ein souveränes Land, das in Bezug auf seine internationalen Beziehungen tun kann, was es will“, sagte der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater der USA, Jon Finer, am Rande des G20-Gipfels in der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro. Das Telefonat stehe aber nicht grundsätzlich im Widerspruch zur bisherigen Linie der westlichen Verbündeten mit Blick auf die Ukraine.
Die bekannte US-Auffassung sei, dass nichts über den Kopf der Ukraine hinweg entschieden werden solle, so Finer. Das bedeute aber nicht, dass niemand mit Russland sprechen dürfe. „Wir haben in dieser Regierung Gespräche mit Russland geführt. Andere Länder haben Gespräche mit Russland geführt“, sagte Finer. Es gebe gute Gründe für Gespräche mit Moskau. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mehrfach mit seinem russischen Kollegen telefoniert.
„Wir arbeiten eng mit den Deutschen und unseren anderen Verbündeten zusammen und koordinieren uns in dieser Sache„, sagte Finer weiter. “Und ich denke, wir alle stehen weiterhin voll und ganz hinter der Position, dass nichts getan werden sollte, um die Position der Ukraine zu untergraben.“ Die Ukraine entscheide selbst über mögliche Verhandlungen mit Russland. Das sei keine Frage für die USA oder Deutschland, so Finer. Für weitere Fragen zu diesem Thema verwies er an die deutsche Bundesregierung.
Scholz hatte Putin auf eigene Initiative am Freitag angerufen und sagte heute, dass dies wichtig gewesen sei. Scholz’ Vorstoß ist nicht unstrittig und hat insbesondere für Kritik aus der Ukraine gesorgt, weil der Westen Putin seit dem Angriff auf die Ukraine weitgehend isoliert. Vor dem Telefonat hatte Scholz gesagt, er werde Putin nicht im Alleingang anrufen und vorher viele andere Gespräche führen.
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