Die IG Metall will Werkschließungen bei VW verhindern. Die Arbeitnehmervertreter bieten der Konzernführung daher an, auf Teile des Gehalts zu verzichten.

Bei Volkswagen (VW) sind IG Metall und Betriebsrat auch zu Gehaltsverzicht bereit, um die Kosten zu senken und Werksschließungen und Kündigungen zu verhindern. Das sieht das Zukunftskonzept vor, das die Arbeitnehmervertretung heute, am Tag vor der nächsten Tarifrunde vorgestellt haben. Das Gesamtkonzept ermögliche eine Entlastung bei den Arbeitskosten um rund 1,5 Milliarden Euro, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger. „1,5 Milliarden Euro, die wir auf den Verhandlungstisch legen.“

Im Gegenzug verlangen die Gewerkschaft IG Metall und der Betriebsrat Garantien für Standorte und Beschäftigung. Die von VW im September gekündigte Beschäftigungssicherung, die betriebsbedingte Kündigungen bisher ausschließt, müsse wieder in Kraft gesetzt werden – sowohl für die sechs westdeutschen Werke mit 125.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Niedersachsen und Hessen als auch für die drei Standorte in Sachsen.

Zugleich müssten auch der Vorstand sowie Aktionäre einen „signifikanten Beitrag“ leisten, forderten IG Metall und Betriebsrat. Vorstand und Management müssten über einen Zeitraum von zwei Jahren auf einen Teil ihrer Boni verzichten und es müsse eine Änderung der „Dividenden-Politik“ erfolgen, hieß es.

VW will Vorschläge „finanziell bewerten“

Das Volkswagen-Management reagierte am Mittwoch zurückhaltend auf die jüngsten Vorschläge von IG Metall und Gewerkschaft zur Kostenentlastung. „Zunächst begrüßen wir es, dass die Mitbestimmung Offenheit für Maßnahmen bei Arbeitskosten und Kapazitätsanpassungen signalisiert“, sagte Personalvorstand Gunnar Kilian laut einer Mitteilung. „Jeder Vorschlag hilft, der einen Beitrag zur Zielerreichung leistet.“ Die konkreten Vorschläge müsse man nun aber zunächst finanziell bewerten. Bei der Tarifrunde am Donnerstag wolle man dazu „in einen detaillierteren Austausch gehen“.

Zugleich bekräftigte Kilian: „Für die Volkswagen AG steht unverändert die nachhaltige Erreichung des finanziellen Ziels und damit die Wettbewerbsfähigkeit im Mittelpunkt.“ Daher ließen sich Werkschließungen weiter nicht ausschließen. „Der eingebrachte Vorschlag muss sich daran messen lassen, ob er konkrete und nachhaltige Lösungen bietet, die sowohl die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens sichert als auch die Zukunft der Belegschaft glaubhaft schützt.“

Konkret angeboten wird, die nächste Tariferhöhung befristet, als Arbeitszeit in einen Zukunftsfonds einzubringen und vorerst nicht auszuzahlen. Das ermögliche flexible Arbeitszeitkürzungen ohne Personalabbau. Maßstab solle dabei der jüngste Pilotabschluss für die Metall- und Elektroindustrie sein, der eine Erhöhung um insgesamt 5,1 Prozent in zwei Stufen bis 2026 vorsieht.

„Gegenmodell zum Kahlschlag-Plan“

„Weil nachhaltige Lösungen hermüssen, gehen wir nun in die Offensive und legen ein Lösungskonzept vor“, sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo bei der Vorstellung des Konzepts in Wolfsburg. „Es ist ein Gegenmodell zum Kahlschlag-Plan des Vorstandes, der Zukunft verhindert statt schafft.“ Bei dem eigenen Plan handelt es sich dagegen um einen Plan, „der ohne Werksschließung und ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommt“, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Gröger.

Cavallo sprach von einem „Masterplan, der die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens dauerhaft sicherstellt“. Einem Personalabbau verschließe man sich dabei nicht grundsätzlich. Er müsse aber sozialverträglich erfolgen.

Gewerkschaft droht mit massivem Arbeitskampf

Das Gesamtkonzept will die IG Metall am Donnerstag in Tarifrunde „auf den Tisch legen“, kündigte Gröger an. Volkswagen fordert bisher eine pauschale Lohnkürzung um zehn Prozent. Zudem stehen Werkschließungen und Personalabbau im Raum. „Jetzt hat es VW in der Hand, ebenfalls Verantwortung zu übernehmen und zügige Lösungen zu ermöglichen“, sagte Gröger. „Andernfalls würde der Tarifpartner mutwillig eine Eskalation provozieren.“

Sollte VW an Werkschließungen festhalten, droht die Gewerkschaft mit erbitterter Gegenwehr. „Sollte der Vorstand auf Maximalpositionen und Werksschließungen beharren, übernimmt er die Verantwortung dafür, dass wir in einen Arbeitskampf um Standorte laufen, wie ihn die Republik noch nicht erlebt hat“, sagte Gröger am Mittwoch in Wolfsburg. Die Vorbereitungen dafür liefen. Ende November endet die Friedenspflicht im Tarifkonflikt, ab dem ersten Dezember wären Streiks möglich.

2023 wurde Sparprogramm paktiert

Volkswagen hatte sich Ende 2023 mit dem Betriebsrat auf ein zehn Milliarden Euro schweres Sparprogramm geeinigt. Betriebsratschefin Cavallo sagte, inzwischen habe sich das Sparziel auf 17 Milliarden Euro erhöht. Auch Finanzchef Arno Antlitz hatte bei der Vorlage der Quartalszahlen erklärt, dass höhere Einsparungen nötig seien, jedoch keine Zahl genannt. Zu schaffen machen dem Unternehmen unter anderem die schwächere Nachfrage nach Autos in Europa und die Flaute in China. Cavallo sagte, auf dem europäischen Markt würden zwei Millionen Autos weniger verkauft als vor der Coronapandemie – für VW bedeute das, dass 500.000 Fahrzeuge fehlten. (APA/red.)

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