Die russischen Streitkräfte haben die Ukraine mit einer schweren Angriffswelle überzogen. Fast 200 Kampfdrohnen sollen allein auf die Hauptstadt abgefeuert worden sein. Nato-Generalsekretär Rutte ruft zu mehr Militärhilfen auf.
Die russische Armee hat die Ukraine nach örtlichen Militärangaben in der Nacht zum Dienstag mit 188 Kampfdrohnen angegriffen. So viele Drohnen bei einem einzelnen Angriff hätten die Angriffstruppen bisher noch nie eingesetzt, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. Die meisten Drohnen seien abgefangen worden, doch seien Wohngebäude und wichtige Infrastruktur, etwa das nationale Energienetz, beschädigt worden. Den Angaben zufolge wurden 17 Regionen ins Visier genommen, Angaben zu möglichen Opfern lagen zunächst nicht vor.
Die russischen Angriffstruppen haben ihre Attacken auf zivile Gebiete der Ukraine mit Drohnen, Raketen und Gleitbomben seit der Jahresmitte verschärft. Zudem treibt Russland seine Offensive in der Region Donezk im Osten der Ukraine voran, wo es nach Angaben westlicher Militäranalysten erhebliche taktische Geländegewinne verzeichnen konnte.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte hat nach dem beispiellosen russischen Angriff eindringlich zu mehr Militärhilfe aufgerufen. „Unsere Unterstützung hat die Ukraine im Kampf gehalten. Aber wir müssen noch weiter gehen, um den Verlauf dieses Konflikts zu ändern“, sagte er am Rande eines Treffens mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis in Athen.
Ukraine wirft Russland „völkermörderische Aktivitäten“ vor
Die Ukraine hat Russland bei einer Landminen-Konferenz in Kambodscha „völkermörderische Aktivitäten“ in Form der Verminung von ukrainischem Territorium vorgeworfen. Die russische Armee platziere in der Ukraine unter anderem mittels Hubschraubern und Drohnen Landminen „in Städten, landwirtschaftlichen Betrieben“ oder auch auf Bahnhöfen, sagte Olexandr Riabzew vom ukrainischen Verteidigungsministerium am Dienstag bei der Konferenz in Siem Reap. Betroffen seien Gebiete mit insgesamt sechs Millionen Einwohnern.
Ein anderer Mitarbeiter des ukrainischen Verteidigungsministeriums legte dar, dass die Ukraine wegen des russischen Angriffskriegs nicht ihrer Verpflichtung nachkommen könne, Lagerbestände von etwa sechs Millionen Landminen aus Sowjetzeiten zu zerstören. Die Erfüllung dieser Zusage im Rahmen des Osloer Aktionsplans zur Umsetzung der Konvention zum Verbot von Anti-Personen-Minen sei „derzeit nicht möglich“, sagte Jewhenii Kiwschyk.
Zum einen stünden die Lagerstätten der alten Minen „unter Dauerbeschuss aus der Luft und mit Raketen“ durch die russische Armee. Zum anderen lagere ein Teil der Bestände in gegenwärtig von Russland besetzten Gebieten, führte Kiwschyk aus. Es gebe also „keinerlei Möglichkeit einer Prüfung und Verifizierung“ der Anti-Personen-Minen-Bestände.
Vergangene Woche kündigten die USA an, Anti-Personen-Minen an die Ukraine zu liefern, um deren Kampf gegen die russische Armee zu unterstützen. Kiwschyk äußerte sich bei der Konferenz in Kambodscha nicht zu diesem Angebot, das umgehend von Menschenrechtsaktivisten kritisiert worden war. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte hingegen von einer „sehr wichtigen“ Lieferung gesprochen.
Laut einem US-Regierungsvertreter verlangen die USA von Kiew die Zusicherung, dass die Minen nur auf ukrainischem Territorium und in nicht besiedelten Gebieten eingesetzt werden. Die besagten Minen gelten demnach als „nicht-dauerhaft“, da sie nicht mehr explodieren können, wenn ihre Batterie leer ist.
AP/dpa/AFP/con