Nach der COP29 in Baku beurteilen heimische Forschende die Ergebnisse der Verhandlungen. Klimaforscher Douglas Maraun befürchtet eine „technologische Steinzeit für Europa“. Umweltökonomin Sigrid Stagl plädiert für ein Klimaschutzministerium in Österreich.

Mehr als 30 Stunden Verlängerung und trotzdem nur ein Minimalkompromiss. Die Enttäuschung und der Frust über die Ergebnisse der Weltklimakonferenz COP29 in Baku, Aserbaidschan, wirkten in dieser Woche noch nach. Nutzten doch die Erdölländer die weltpolitische Sicherheitslage, um beim Thema Treibhausgaseindämmung auf der Bremse zu stehen.

Und auch aus den Reihen österreichischer Klimaforschender war Kritik zu vernehmen. Die Konferenz zeigte jedenfalls, dass in den kommenden Jahren vor allem China das klimapolitische Heft des Handelns in die Hand nehmen könnte. Dazu kommen ein Donald Trump an der Spitze der USA und ein stark unter Druck geratener Green Deal in der EU.

Die EU hält sich zunehmend zurück

Für Europa – und damit auch für Österreich – sei zu befürchten, dass man „technologisch in der Steinzeit“ zurückbleibe, meint etwa der Klimaforscher Douglas Maraun vom Wegener Center für Klima and Globalen Wandel der Universität Graz. Er ist einer der Mitautoren des letzten größeren Berichts des Weltklimarats IPCC. Mit Blick auf die mageren Ergebnisse der COP29 stellt sich für ihn die Frage, wer sich künftig des Themas annehme – so sei etwa von Deutschland in nächster Zeit diesbezüglich politisch wenig zu erwarten und auch die EU halte sich zunehmend zurück. Im Gegensatz dazu stellt China bereits massiv um: Die CO2-Emissionen sind hier zwar noch sehr hoch, aber die Technologieentwicklung und der Ausbau der E-Mobilität schreiten rasch voran. Insgesamt dominiere vielerorts die Kleinkindattitüde: Augen zu und durch, so Maraun: „Genau so wird gerade Politik gemacht.“ Die künftige Regierung müsse „den Klimawandel ernst nehmen“ und die anstehenden Veränderungen als Chance begreifen, sagt er. Die Politik sollte aufpassen, auf wen sie höre, um nicht Gefahr zu laufen, „die Zukunft zu verschlafen und den eigenen Wohlstand kaputt zu machen“.

Auch die Umweltökonomin Sigrid Stagl von der WU Wien hat gegen Ende der COP29 an die heimische Politik appelliert: Die Koalitionsverhandlungen sollten nicht darauf vergessen, dass Österreich weiterhin ein Klima- und Umweltministerium brauche: „Wir dürfen nicht hinter die Dynamik der letzten Jahre im Klima- und Umweltbereich zurückgehen. Bis dahin war Österreich nämlich ein Klimanachzügler.“ Bei der Einteilung der Ressorts für die kommende Regierung wäre es problematisch, wür­den die Umweltagenden wieder im Landwirtschafts- und die Energieagenden im Wirtschaftsministerium verteilt.

Klimawandel ist ein soziales Dilemma

Können Konferenzen wie die COP überhaupt noch entscheidende Impulse setzen? Für Maraun sind sie ein zweischneidiges Schwert. In Baku sei wenig vorangebracht worden, allerdings sei die Konferenz ein Forum für informellen Austausch und auch die sonst oft überhörten Länder des globalen Südens könnten hier ihre Stimme erheben. Auch Stagl befindet solche Zusammenkünfte für notwendig: „Denn der Klimawandel ist ein soziales Dilemma, weil er einen Konflikt zwischen individuellen und kollektiven Interessen darstellt: Individuen, Unternehmen oder Länder können kurzfristig von klimaschädlichem Verhalten profitieren, während die langfristigen Schäden global und für alle spürbar sind.“

Positiv ordnet Stagl die neuen Regeln ein, um Emissionsreduktionen als Kohlenstoffgutschriften zu generieren: „Klare Regeln sind ein Anfang, aber die Gefahr des Missbrauchs bleibt.“ (APA/cog/vers)

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