Sollte eine Bundesregierung den Haftbefehl gegen den israelischen Premier umsetzen? Ja, sagt der Anwalt Michael Sfard. Deutschland stehe weltweit unter Beobachtung.
3. Dezember 2024, 18:37 Uhr
“Wenn Deutschland die Ordnung des IStGH nun anzweifelt, untergräbt das die Autorität dieser Institution.”
© Dave Sanders/TNYT/laif
Michael Sfard ist israelischer Anwalt mit Fokus auf Menschenrechten und Kriegsrecht. Er vertritt Mandantinnen und Mandanten in Israel sowie aus den besetzten palästinensischen Gebieten.
ZEIT ONLINE: Herr
Sfard, der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat gegen Israels
Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und seinen Ex-Verteidigungsmister Joaw
Galant Haftbefehle wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die
Menschlichkeit im Gazastreifen erlassen. Wie wird das in Israel aufgefasst?
Michael Sfard: Angesichts
des Haftbefehls schließen selbst lautstarke Kritiker Netanjahus im
Politikbetrieb die Reihen. Netanjahu besitzt diesbezüglich eine sehr breite
Unterstützung in der israelischen Öffentlichkeit, selbst von vielen, die ihn
nicht mögen und nicht an der Macht sehen wollen. Mittel- und langfristig wird diese Unterstützung aber
nicht anhalten. Gleichzeitig stellt der Haftbefehl zudem ein großes Problem
für Netanjahu dar: Weltweit sind 124 Länder Mitgliedsstaaten des IStGH, die damit
Netanjahus Auslieferung verpflichtet sind, wenn er sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhält. Jeder
Besuch in einem dieser Länder ist für Netanjahu nun entweder unmöglich oder
erfordert sehr großes politisches Kapital, um einer Verhaftung zu entgehen.