Der US-Starpolitologe Stephen Walt über den Zusammenbruch der Weltordnung, Europas Bedeutungsverlust, Donald Trumps Pläne und den Ukraine-Krieg: »Putin wäre bereit zu einem Deal.«

„Europa ist nicht mehr so wichtig.“ Stephen Walt in der Bibliothek des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen in Wien.

„Europa ist nicht mehr so wichtig.“ Stephen Walt in der Bibliothek des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen in Wien.  Carolina Frank

Wenn man an den Umsturz in Syrien, die gescheiterte Ausrufung des Kriegsrechts in Südkorea oder die russische Offensive in der Ukraine denkt, könnte man auf die Idee kommen, dass manche Akteure vor der Angelobung des neuen US-Präsidenten noch schnell neue Fak­ten schaffen wollen. Wie gefährlich ist die Zeit bis zum 20. Jänner?

Stephen Walt: Ich glaube nicht, dass wir koordinierte Bemühungen sehen, aus der Interimsphase in den USA Nutzen zu ziehen. Auch wenn der US-Präsident eine lahme Ente ist, arbeitet die Maschinerie der Regierung weiter. Niemand da draußen wird glauben, dass die USA nicht fähig wären, auf eine wichtige Herausforderung zu regieren.

Was erwarten Sie von Donald Trumps Außenpolitik?

Es gab viel außenpolitische Kontinuität zwischen Trumps erster Amtszeit und Joe Bidens Präsidentschaft. Im Nahen Osten agierten sie ziemlich ähnlich. Noch ähnlicher war ihre China-Politik. Auch Biden schränkte den freien Handel ein. Trump wird versuchen, unberechenbar zu sein. Gestern drohte er Kanada und Mexiko mit Zöllen, morgen droht er China, übermorgen der Hamas, dann Europa. Jeden Tag etwas Neues. Das ist sein Stil. Er glaubt, das bringt andere aus dem Gleichgewicht. Trump und seine Berater glauben, dass die USA wirtschaftlich in einer Position sind, andere Länder herumzuschubsen, auch Verbündete.

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