Leipzig (Sachsen) – Telefone klingeln, Angestellte tippen an Computern, auf den Schreibtischen türmen sich Auftragspapiere. Es geht hektisch zu. Die Mitarbeiter unterhalten sich in ihrer Muttersprache – auf Ukrainisch. „Immer viel zu tun“, lächelt Chef Valeriy Starodub entschuldigend. Doch das könnte bald vorbei sein.
Obwohl viele vor dem Ukraine-Krieg geflüchtete Landsleute bei Valeriy in Sachsen arbeiten, verweigert die Ausländerbehörde dem erfolgreichen Unternehmer plötzlich den Aufenthaltstitel.
Der Ukrainer soll Sachsen verlassen und ins Kriegsgebiet ausreisen. Insgesamt acht Angestellte wären dann auf einen Schlag arbeitslos.
Bundeskanzler will neue Ukraine-Agentur
Dabei verkündete Bundeskanzler Olaf Scholz (66, SPD) gerade erst, gemeinsam mit der Ukraine werde in Deutschland eine Agentur entstehen, die geflüchtete Ukrainer schneller in Lohn und Brot bringen soll.
Touren-Planung an der Karte: Arbeitsbesprechungen in Valeriys Büro werden auf Ukrainisch geführt
Foto: Christian Schroedter
Im Fall von Valeriy Starodub würde es schon reichen, wenn die Ausländerbehörde der Stadt Leipzig ihren Job richtig machen würde.
Der Ukrainer lebt seit 2013 offiziell in Sachsen. Er gründete eine Firma, erhielt eine Aufenthaltserlaubnis, die bis 2016 gültig war. Starodub organisiert mit seiner Firma „AutoTrans Market GmbH“ deutschlandweit Pkw-Rücktransporte für große Autoverleiher.
Im August 2016 beantragte der Leipziger rechtzeitig die Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung und hörte jahrelang nichts von der Behörde.
Stadt Leipzig reagiert jahrelang gar nicht
Rechtsanwalt Dr. Mario Müller, der den Ukrainer vertritt erklärt: „Wir verklagen die Stadt Leipzig. Denn bis die endgültige Entscheidung über den Aufenthaltstitel gefällt wurde, vergingen siebeneinhalb Jahre. Und das ist kein Einzelfall.“
Rechtsanwalt Dr. Mario Müller vertritt den Ukrainer vor dem Verwaltungsgericht in Leipzig
Foto: Alexander Schumann
Im Mai 2024 lehnte die Landesdirektion Sachsen Starodubs weiteren Aufenthalt in Deutschland ab. Die hanebüchene Begründung: Da dass Unternehmen des Klägers „keine gute Geschäftsidee erkennen lasse, überwiege das öffentliche Interesse des Aufenthaltstitels deutlich“. Dabei wird auf ein veraltetes IHK-Gutachten aus dem Jahr 2016 verwiesen.
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Valeriy Starodub schüttelt ungläubig den Kopf. Sein Anwalt listet auf: „Der Mandant hat nie Sozialleistungen bezogen, er bestreitet seinen Lebensunterhalt, zahlt acht Mitarbeitern Gehalt. Nicht einmal Corona-Hilfe wurde durch seine Firma beantragt.“
Würde dem Ukrainer tatsächlich der Aufenthaltstitel entzogen, müsste er sein Unternehmen dichtmachen. „Da er wegen des russischen Angriffskrieges nicht in seine Heimat zurückkehren kann, wäre die Folge, dass er und seine dann ebenfalls arbeitslosen Angestellten künftig in Leipzig auf Sozialhilfe angewiesen wäre“, macht sein Rechtsbeistand den Irrsinn deutlich.
Jetzt müssen die Verwaltungsrichter entscheiden.