Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sollte den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz nicht kritisieren, weil dieser die Lieferung von Taurus-Raketen verweigert, so der NATO-Generalsekretär.
NATO-Generalsekretär Mark Rutte sagte, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj solle seine “unfaire” Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz wegen der Weigerung, Langstrecken-Marschflugkörper vom Typ Taurus an Kyjiw zu liefern, einstellen.
Deutschland ist seit der russischen Vollinvasion im Jahr 2022 einer der wichtigsten Verbündeten der Ukraine – es steht nach den USA an zweiter Stelle, was die finanzielle und militärische Unterstützung Kyjiws angeht. Scholz’ Weigerung, Taurus-Raketen zu liefern, ist für Selenskyj nicht nachvollziehbar, worauf der ukrainische Präsident wiederholt hingewiesen hatte.
“Ich habe Selenskyj oft gesagt, er solle aufhören, Olaf Scholz zu kritisieren, weil ich das für unfair halte”, sagte Rutte der deutschen Nachrichtenagentur dpa in einem am Montag veröffentlichten Interview.
Frankreich, Großbritannien und die USA haben in den vergangenen Monaten Waffen mit größerer Reichweite, die tief in russisches Territorium eindringen können, an Kyjiw gegeben. Scholz dagegen lehnt Selenskyjs Anfragen nach dem Taurus-Marschflugkörper ab, weil er ein “großes Eskalationsrisiko” mit Russland befürchtet.
Rutte sagte, dass er an Scholz’ Stel die Ukraine mit den Raketen beliefern und deren Einsatz nicht einschränken würde. “Generell wissen wir, dass solche Befähigungen für die Ukraine sehr wichtig sind”, sagte Rutte in dem Interview mit der dpa. Er fügte hinzu, dass es nicht an ihm liege, zu entscheiden, was genau die Verbündeten liefern sollten.
Selenskyj kritisierte Scholz im vergangenen Monat zudem öffentlich für sein Telefongespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Es habe eine “Büchse der Pandora” geöffnet und die Bemühungen untergraben, Moskau zu isolieren und den Konflikt mit einem “fairen Frieden” zu beenden.
Kurze Atempause für den unbeliebten Kanzler?
Ruttes Äußerungen könnten dem angeschlagenen Scholz, dessen Ampel-Koalition verganenen Monat zerbrochen war und er daraufhin, wie erwartet, die Vertrauensabstimmung im Bundestag verlor, eine kurze Atempause verschaffen.
Der Bundeskanzler hat die niedrigsten Beliebtheitswerte aller Zeiten für einen deutschen Regierungschef. Auch seine Sozialdemokratische Partei (SPD) liegt in den Umfragen für die vorgezogenen Neuwahlen am 23. Februar 2025 zurück.
Friedrich Merz (CDU), der als klarer Favorit für die Nachfolge von Scholz gilt, sagte diesen Monat, dass er im Falle seiner Wahl die Taurus-Rakete an Kiew liefern würde.
In seinem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur sagte NATO-Chef Rutte auch, dass man mit neuem Druck durch den designierten US-Präsidenten Donald Trump bezüglich der Höhe der Verteidigungsausgaben der Verbündeten in Europa rechnen müsse.
“Er wird von uns verlangen, mehr zu tun”, so Rutte.
Nach Angaben der NATO sind die europäischen Mitglieder auf dem besten Weg, in diesem Jahr zum ersten Mal gemeinsam 2 Prozent ihres BIP für die Verteidigung auszugeben. Trump will Berichten zufolge diese Zahl auf 5 Prozent erhöhen, sobald er nächsten Monat sein Amt antritt.