Forderung nach klarer Ansprache
Oberst: Auch auf Deutschland kann wieder geschossen werden

29.12.2024, 16:06 Uhr

Artikel anhören

Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos | Feedback senden

2014 wird Bundeswehr-Oberst Schneider als OSZE-Beobachter in der Ukraine von russlandfreundlichen Separatisten entführt. Jetzt warnt er deutlich vor Russlands Gefahr. Der Landeskommando-Chef fordert neue Schutzräume und dass mit der Bevölkerung gesprochen wird, “wie mit Erwachsenen”.

Bundeswehr-Oberst Axel Schneider fordert hinsichtlich des Ukraine-Krieges eine “klare Ansprache” an die Bevölkerung in Deutschland. Er äußerte im Interview mit den “Kieler Nachrichten” die Sorge, dass die Menschen, je länger der Krieg in der Ukraine andauert, “die Wachsamkeit wieder verlieren und glauben, es sei alles gar nicht so schlimm”. Verantwortungsträger sollten einmal im Baltikum anrufen und nachfragen, wie es etwa Partnerstädten dort gehe. Man könne dann “eine ganz andere Wahrnehmung für die Gefahr, die von Russland ausgeht, feststellen”.

Der Chef des Landeskommandos Schleswig-Holstein sagte weiter, dass man das “bedrohliche Szenario” für Deutschland nicht aus dem Auge verlieren dürfe. “Man muss sich darauf einstellen, dass auch auf dieses Land wieder geschossen werden kann.”

Der deutschen Bevölkerung will Schneider “mehr zumuten und auch zutrauen”. Die Regierung solle “mit ihnen wie mit Erwachsenen reden”. Der Bundeswehr-Oberst forderte zudem mehr Eigenverantwortung. Der 56-Jährige sagte: “Es ist wichtig, dass Menschen in einem Ernstfall drei Tage ohne Hilfe klarkommen können und nicht gleich nach dem Staat oder dem Bürgermeister rufen.”

“Nie genug” Schutzbunker in Deutschland

Schutzbunker gibt es seiner Ansicht nach bedeutend zu wenige. Schon “zu Zeiten der höchsten nuklearen Bedrohung” sollen es “nie genug” gewesen sein. Im besten Fall konnten drei Prozent der Bevölkerung darin Platz finden, sagte Schneider. “Aber darum geht es gar nicht”, so der Oberst. Er forderte mehr Orte, an denen Menschen zumindest “gegen Spreng- und Splitterwirkung” geschützt sind.

“Wir haben alle die Bilder im Kopf, in denen Menschen in Kiew und Dnipro wochenlang in U-Bahn-Schächten saßen”, erklärte Schneider im Interview. “Wenn man jetzt schaut, wo es noch Schutzräume gibt, dann lassen sich die möglicherweise mit relativ überschaubarem Umfang wieder nutzbar machen.”

Der Oberst, der 2014 als einer von sieben OSZE-Beobachtern in der Ukraine von russlandfreundlichen Separatisten entführt und für über eine Woche festgehalten wurde, kündigte an, dass es im kommenden Jahr wieder umfangreiche Militärübungen geben werde. “Ich gehe davon aus, dass die Übungsintensität auch in Zukunft nicht nachlassen wird”, sagte er.

Beim Seemanöver “Baltops”, das jährlich abgehalten wird, sollen die Marineeinheiten erstmals zusammen mit der Luftwaffe trainieren. Schneider zufolge ist dies “ein Manöver, dem ohne Frage eine große Bedeutung zukommt”.