Ein russischer Atomeisbrecher der LK-60Ja-Klasse
(Bild: maks_ph/Shutterstock.com)
Die arktische Region ist reich an Bodenschätzen. Der größte Teil des Territoriums gehört zu Russland. Eine härtere Konfrontation mit den dortigen Nato-Ländern bahnt sich an.
Unter den arktischen Eismassen und Gewässern befinden sich nach Ansicht von Experten bedeutende Vorkommen von Erdöl und Erdgas. Umfassende wissenschaftliche Einschätzungen dazu veröffentlichten US-amerikanische Geologen im Jahr 2008. Das Gebiet ist ferner eine Quelle von Seltenen Erden, Edelmetallen wie Gold, Silber, Platin, aber auch von Titan oder Zirkonium.
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Doch nicht nur diese Rohstoffe, auch Seewege und neue Handelsrouten verstärken die Konkurrenz in der Region.
Aufteilung der Arktis
Während die Aufteilung der arktischen Landflächen festgelegt sind und allgemein akzeptiert werden, schwelen Konflikte um die Seegrenzen in den arktischen Gewässern. Allgemein wird die Seehoheit von Staaten im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen festgeschrieben. Mit Ausnahme der USA haben dies alle Staaten mit Arktisanteilen ratifiziert.
Der größte Teil des arktischen Territoriums gehört zu Russland und erstreckt sich über rund 53 Prozent der arktischen Küstenlinie. Russischen Experten zufolge liegt der Beitrag der Arktis zum russischen Bruttoinlandsprodukt bei 15 bis 20 Prozent.
Neben Russland gehören zu den arktischen Staaten Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Schweden und die USA, allesamt Mitglieder der Nato, wenn auch teils er seit Kurzem.
Mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine 2022 kam wie bei anderen Formaten der Dialog und die Zusammenarbeit mit Russland in der arktischen Region zum Erliegen. Zentral für die Kooperation der betreffenden Länder war der 1996 gegründete Arktische Rat, in dem beispielsweise hinsichtlich der Erforschung und Förderung von Bodenschätzen zusammengearbeitet worden ist.
Seitdem verdichteten sich die Anzeichen steigender Konfrontation in dem Gebiet, die in erster Linie mit Sicherheits- und Verteidigungsaspekten der Russischen Föderation einerseits und der regionalen Nato-Staaten andererseits verbunden sind.
So wird in der Nationalen Arktisstrategie der USA vom Oktober 2022 bereits die Stärkung der NATO in der Region gegen die Aktivitäten Russlands betont.
In der Arktisstrategie des US-Verteidigungsministeriums von 2024 geht es darüber hinaus um die Stärkung der eigenen militärischen Kapazitäten gegen die Bedrohungen Russlands (und Chinas als größter Herausforderung der Verteidigungsbehörden) in dem Gebiet.
Die Nato plant derzeit ein Luftoperationszentrum in der Polarregion, um nach eigenen Angaben Russlands militärischer Präsenz in der Region entgegenzuwirken. Große Militärmanöver wie Artic Response im vergangenen Jahr untermauern diese Pläne deutlich.
Militärische und wirtschaftliche Aspekte Russlands in der Arktis
Aus russischer militärischer Sicht geht es dagegen ebenso um die konsequente Verteidigung der Interessen Russlands und um Anstrengungen eine “arktische Nato” einzudämmen.
Die Präsenz Russlands ist zunächst darauf zurückzuführen, dass sich in der Region eine Reihe strategischer Nuklearanlagen sowie nichtnukleare strategische Einrichtungen zur Verhinderung von Angriffen anderer Staaten oder Staatenbündnissen befinden.
Von zentraler Bedeutung ist dort die russische Nordflotte, deren strategisches Kommando die umfassende Sicherheit Russlands und die Kontrolle über alle Kräfte im Gebiet von Murmansk an der Grenze zu Norwegen und Finnland bis nach Anadyr im hohen Nordosten Russlands gewährleisten soll.
Laut der russischen Strategie für die Entwicklung der nationalen Sicherheit in der arktischen Zone von Oktober 2020 gehören die ununterbrochene Versorgung von Rohstoffen und das Funktionieren der Transportkorridore von Archangelsk bis Wladiwostok zu den Prioritäten.
Dieses Seegebiet bildet eine 5.600 Kilometer lange arktische Verkehrsader, genannt Nördlicher Seeweg.
Im vergangenen Jahr wurden bis November 33,1 Millionen Tonnen Fracht über diese Route transportiert und erwartet werden bis zum Jahresende 37,6 Millionen Tonnen, rund fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Unter die Lieferungen fallen ein hoher Anteil an verflüssigtem Gas (LNG) sowie Gaskonzentrat. Die Verschiffung erfolgt unter dem Einsatz der weltweit größten Flotte von Eisbrechern.
Befürchtungen, dass die militärischen Aktivitäten ausländischer Staaten in der Region zunehmen, bestehen daher auch mit Blick auf die globale Erwärmung. Aufgrund der Eisschmelze könnte die Navigation im arktischen Seegebiet in den kommenden Jahrzehnten ohne die Begleitung von Eisbrechern stattfinden.
Um einer aus russischer Sicht unerwünschten Nutzung des Nördlichen Seewegs entgegenzuwirken, ist die russische Führung bestrebt, Maßnahmen zur Verhinderung des Zugangs und zur Einschränkung von Manövern einzurichten beziehungsweise aufrechtzuerhalten.
Dazu zählen die Aufrechterhaltung des strategischen Schlagpotenzials durch U-Boot-Raketenträger und Langstreckenflugzeuge im Bedarfsfall sowie die Entwicklung von U-Boot-, Flug- und Raketenabwehrmitteln.
Die Nordflotte soll zukünftig in der Lage sein, mit der Baltischen Flotte an der Nato-Ostflanke einerseits und der Pazifikflotte bei Bedrohungen aus dem asiatisch-pazifischen Raum andererseits zusammenzuarbeiten.
Zu den konkrete Maßnahmen gehören hierbei der umfassende Ausbau der Infrastruktur von Seehäfen und Schifffahrtswegen auf dem Nördlichen Seeweg und in den umliegenden Gewässern sowie die Einrichtung eines Hauptquartiers für maritime Operationen.
Die einstige Idylle der Arktis hat sich verstärkt in eine Region geopolitischer Konkurrenz umgewandelt, in welcher konfligierende Interessen, divergierende Ansprüche und unterschiedliche Sicherheitsbedürfnisse zukünftig in militärisch geführte Konflikte münden könnten.