Der Bundestag hat mit den Stimmen der AfD einem Antrag der oppositionellen CDU/CSU-Bundestagsfraktion zugestimmt, der eine drastische Verschärfung der Asylpolitik fordert. Für den Antrag stimmten 348 Abgeordnete, dagegen 345, zehn enthielten sich, wie Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt am Mittwochnachmittag mitteilte. Danach kam es zu emotionalen Szenen. Lesen Sie hier Reaktionen und Statements zur Abstimmung nach.

Die Tagesspiegel-App Aktuelle Nachrichten, Hintergründe und Analysen direkt auf Ihr Smartphone. Dazu die digitale Zeitung. Hier gratis herunterladen. 22.58 Uhr: FDP-Außenpolitiker Lechte begründet seine Enthaltung mit Kritik zu Inhalt und Vorgehen 

Der FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte hat seine Enthaltung zu dem vom Bundestag beschlossenen CDU/CSU-Antrag mit Kritik zu Inhalt und Vorgehen begründet. „Eine Zustimmung zum Antrag der CDU/CSU-Fraktion würde faktisch die Einführung dauerhafter Grenzkontrollen bedeuten und damit das völkerrechtlich bindende Schengener Übereinkommen verletzen“, sagte Lechte dem Tagesspiegel.

„Dies wäre weder mit nationalem noch mit europäischem Recht vereinbar – und selbst die CDU/CSU fordert dies in ihrem Antrag nicht ausdrücklich. Es handelte sich somit um einen reinen Schaufenster-Antrag, dem ich nicht zugestimmt habe. Stattdessen habe ich mich enthalten.“ 

Es sei „kein Zufall, dass sich die AfD als Mehrheitsbeschafferin dieses Antrages anbot“, sagte Lechte: „Dieser Antrag legt die Axt an die europäische Freizügigkeit. Das ist für mich weder inhaltlich noch vom Verfahren her vertretbar. Auf wissentliche Mehrheiten mit der AfD zu bauen, ist für mich inakzeptabel. Rechtsextreme dürfen im Deutschen Bundestag niemals das Zünglein an der Waage sein. Das haben wir nach dem Bruch der Ampelkoalition versprochen und an dieses Versprechen halte ich mich.“

21.38 Uhr: Scholz nennt Abstimmung ein „schlechtes Zeichen“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich betroffen über den mit Hilfe der AfD verabschiedeten Unionsantrag zur Migrationspolitik gezeigt. Er werde „noch eine Zeit brauchen, zu verarbeiten, was wir heute gemeinsam erlebt haben“, schrieb Scholz am Mittwochabend im Online-Dienst X. „Das ist ein schlechtes Zeichen. Für das Parlament. Und auch für unser Land.“

„Das erste Mal ist im Deutschen Bundestag ein Antrag mit einer Mehrheit beschlossen worden, die auch von der AfD getragen wurde“, fuhr der SPD-Kanzlerkandidat auf seinem als Bundestagsabgeordneter angelegten Konto bei X fort. „Dieser Tag wird sicherlich von manchen als historisch beschrieben werden.“

21.08 Uhr: Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor hat dem Tagesspiegel ein Kurzinterview gegeben

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20.45 Uhr: Demonstration vor Berliner CDU-Zentrale aufgelöst

Noch während die Abstimmung lief, bauten Demonstranten und Demonstrantinnen sich vor dem Konrad-Adenauer-Haus auf in Berlin auf. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit 150 Einsatzkräften im Einsatz und sprach später von rund 1200 Demo-Teilnehmern. Zwischenzeitlich war die der CDU-Parteizentrale gegenüberliegende Straße Richtung Siegessäule komplett gesperrt, die Demonstration verlief aber friedlich.

Organisiert wurde sie unter anderem von Amnesty International, Pro Asyl, Seebrücke, Leave Noone Behind und anderen Freiwilligen. Organisatorin Anna, die ihren Nachnamen nicht nennen wollte, zeigte sich von der Entscheidung im Bundestag schockiert. Sie sagte dem Tagesspiegel: „Wir haben gezeigt, dass es Leute gibt, die für ein Recht auf Asyl eintreten. Wir werden das weiter verteidigen und Druck von unten machen.“ Gegen 20.20 Uhr wurde die Versammlung aufgelöst.

Demonstration vor der CDU-Zentrale.

© Katharina Kalinke

20:37 Uhr: CDU-Abweichlerin Grütters: „Ertrage diese Nähe zur AfD nicht“

Am Abend im Bundestag ist Monika Grütters auf dem Weg in den Plenarsaal anzutreffen. Sie, eine langjährige Merkel-Vertraute, gehört zu jenen in der Unionsfraktion, die ihre Stimme nicht abgegeben haben. Warum sie das getan hat? „Das ist doch klar“, sagt Grütters. „Ich ertrage diese Nähe zur AfD nicht. Für mich ist eine rote Linie überschritten.“

Nun müsse sie in den Plenarsaal. Sie werde gleich ihre letzte Rede im Parlament halten und außerdem eine persönliche Erklärung abgeben. Darin will sie ihrer Partei mitgeben, warum der nun beschrittene Weg aus ihrer Sicht der falsche ist.

Monika Grütters

© Imago

20:15 Uhr: Thorsten Frei verteidigt Vorgehen der Union

Parlamentsgeschäftsführer der Union im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), hat die Anträge seiner Partei verteidigt. „Die Menschen erwarten mehr von uns als Betroffenheitsbekundungen“, sagte Frei im ZDF-„Heute Journal“. „Wir müssen ins Handeln kommen. Wir hätten uns ein Handeln der Bundesregierung gewünscht, ein Handeln aus der Mitte des Parlaments“, fügte er hinzu.

Der CDU-Politiker verneinte die Frage, ob die heutige Abstimmung eine Vorbereitung für eine CDU-Minderheitsregierung nach der Wahl sei. „Die jetzige Situation zeigt doch gerade, dass Minderheitsregierungen in Deutschland nicht funktionieren. Jedenfalls nicht auf Bundesebene“, sagte Frei. „Wir haben hier so große Entscheidungen von so großer Tragweite zu treffen, dass wir dafür eine stabile Regierung mit eigener Mehrheit benötigen.“

19.31 Uhr: Acht Abgeordnete der CDU/CSU gaben keine Stimme ab

Thomas Heilmann und Monika Grütters.

© Felix Hackenbruch

Die Unionsabgeordneten Thomas Heilmann und Monika Grütters stimmten heute nicht ab, waren jedoch im Bundestag anwesend und haben sich offenbar unmittelbar vor der Debatte besprochen, wie das obige Foto zeigt. Der Abstimmung blieben die beiden CDU-Politiker, die nach der Wahl aus dem Bundestag ausscheiden, dann aber fern.

Insgesamt gaben sechs weitere Abgeordnete der CDU/CSU ihre Stimmen nicht ab: Yvonne Magwas, Marco Wanderwitz, Roderich Kiesewetter, Astrid Timmermann-Fechter, Sabine Weiss und Annette Widmann-Mauz.

19.26 Uhr: Antje Tillmann ist die einzige Abweichlerin der Union

Als einzige Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnte Antje Tillmann den Entschließungsantrag zu Friedrich Merz‘ Fünf-Punkte-Plan ab. Die 60-Jährige kommt ursprünglich aus Düsseldorf und sitzt seit über zwanzig Jahren im Bundestag. Gewählt wurde sie über die Thüringer Landesliste. Die Finanzwirtin ist seit 2014 finanzpolitische Sprecherin der Union.

Tillmann galt bisher nicht als Abweichlerin von der Fraktionslinie. Wie alle anderen Abgeordneten der Union stimme auch sie im Dezember dafür, Bundeskanzler Olaf Scholz das Vertrauen zu entziehen. Auch bei Unions-Entschließungsanträgen zur Stärkung der Inneren Sicherheit im Oktober stimmte sie mit 173 anderen Abgeordneten ihrer Fraktion mit Ja.

Bei der FDP gab es zwei Enthaltungen von Anikó Glogowski-Merten und Ulrich Lechte. Acht Abgeordnete haben nicht abgestimmt, darunter Konstantin Kuhle, Ria Schröder, Michael Link und Jens Brandenburg.

19.10 Uhr: Weidel feiert Entscheidung als „großartigen Tag für die Demokratie“

AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel hat das Bundestagsvotum für mehr Zurückweisungen an den deutschen Grenzen als „großartigen Tag für die Demokratie“ gefeiert. „Wir sehen, dass bürgerliche Mehrheiten da sind und vernünftige Anträge beschlossen werden können“, sagte sie. Weidel rief die Union zum Nachdenken darüber auf, „ob man die Brandmauer, die aus unserer Sicht undemokratisch ist, weiter aufrechterhält.“

Die Union habe die Begrenzung der Migration selbst lange abgelehnt, sagte Weidel. Nun habe sie Forderungen der AfD übernommen. Sie gehe davon aus, dass sich die Mehrheiten weiter zugunsten von „bürgerlichen Mehrheiten von Blau-Schwarz“ verschieben würden.

18.53 Uhr: 187 Stimmen von der Union, 75 AfD-Stimmen, 80 von der FDP und 6 Fraktionslose

Die Bundestagsverwaltung hat das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zur Verfügung gestellt: Demnach stimmten 187 Abgeordnete von CDU/CSU, 75 AfD-Abgeordnete, 80 Angehörige der FDP-Fraktion sowie 6 fraktionslose Abgeordnete dafür, was die nötige Mehrheit von 348 Stimmen ergab.

18.34 Uhr: Proteste vor der CDU-Zentrale in Berlin

Vor der CDU-Parteizentrale in Berlin haben am Abend mehrere hundert Menschen gegen das gemeinsame Abstimmen von Union und AfD für eine schärfere Migrationspolitik im Bundestag demonstriert. Zu der Kundgebung unter dem Motto „Brandmauer statt Brandstiftung“ hatten unter anderem Amnesty International, Seebrücke und andere Organisationen aufgerufen. Die Polizei sprach zunächst von rund 650 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

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18.24 Uhr: Mützenich verleiht seiner Empörung Ausdruck

Im Kreise der kompletten SPD-Fraktion tritt der Vorsitzende Rolf Mützenich vor die Journalistinnen und Journalisten, um seiner Empörung maximalen Ausdruck zu verleihen. Dieser Tag werde in die Geschichte des Landes eingehen, sagt er. Bald würden die Wählerinnen und Wähler entscheiden, ob die Rutschbahn weitergehe.

Rolf Mützenich und Journalisten im Bundestag.

© Karin Christmann

17.55 Uhr: Reichniek: „Auf die Barrikaden“

Heidi Reichinnek (Linke) ruft: „Wir alle werden auf die Straßen gehen. Wir alle werden an die Wahlurnen gehen.“ An die Bürger gerichtet ruft Reichinnek: „Auf die Barrikaden.“

17.51 Uhr: Baumann: „Jetzt beginnt etwas Neues“

Bernd Baumann von der AfD betont: „Das ist wahrlich ein historischer Moment.“ Baumann spricht von einer neuen Epoche, die nun beginne. Die Abstimmung bedeute ein „Ende der rot-grünen Dominanz in Deutschland“. Weiter sagt er: „Jetzt beginnt etwas Neues.“ Baumann ruft: „Sie können folgen, Herr Merz, wenn Sie noch die Kraft dazu haben.“ Jubel und Lachen bei der AfD-Fraktion.

17.45 Uhr: Haßelmann: „Heute ist ein historischer Tag – und zwar im negativen Sinn“

Grünen-Fraktionschef Britta Haßelmann tritt ans Pult: „Heute ist ein historischer Tag – und zwar im negativen Sinn.“ Sie spricht Merz direkt an: „Sie haben das zu verantworten.“Weiter sagt sie: „Heute sind zum ersten Mal Mehrheiten gesucht und billigend in Kauf genommen worden, jenseits der demokratischen Mitte.“

17.43 Uhr: Merz: „Wenn es heute eine solche Mehrheit gegeben hat, bedauere ich das“

Nun entgegnet Friedrich Merz, ebenfalls am Rednerpult. „Wir haben am Freitag eine weitere Abstimmung vor uns“, sagt Merz. Dann gehe es um einen Gesetzentwurf. „Ich suche in diesem Deutschen Bundestag keine anderen Mehrheiten als die in der demokratischen Mitte.“ Die Empörung bei SPD und Grünen ist groß. „Wenn es heute eine solche Mehrheit gegeben hat, bedauere ich das“, sagt Merz. SPD- und Grünen-Abgeordnete lachen laut und höhnisch.

Merz fordert SPD und Grüne auf, über eine gemeinsame Mehrheit für den Gesetzentwurf zu verhandeln. „Wenn Sie sich dieser Verantwortung entziehen, dann bleibt es Ihre Verantwortung.“

17.40 Uhr: Der Entschließungsantrag der Union ist angenommen

Es ist tatsächlich so gekommen: Der Entschließungsantrag der Union ist angenommen – mit Stimmen der AfD. Dabei handelt es sich um den ersten der beiden Entschließungsanträge, den Fünf-Punkte-Plan. Der zweite Antrag mit einem detaillierten Forderungskatalog zur Inneren Sicherheit wurde erwartungsgemäß abgelehnt.

Nun wird eine Unterbrechung der Sitzung beantragt, „Wir sind der Überzeugung, dass wir nicht so einfach zur Tagesordnung des Plenums übergehen können“, sagt SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich am Rednerpult. Die Union sei aus der politischen Mitte des Hauses ausgebrochen.

17.06 Uhr: Erste Abstimmung ist vorbei, zweite läuft

Die Abstimmung für den ersten der beiden Unions-Anträge – den, für den die AfD ihre Zustimmung angekündigt hat – ist zu Ende. Nun wird ausgezählt und sogleich mit der zweiten Abstimmung begonnen.

Hier hat die AfD aber angekündigt, nicht zuzustimmen. Einige Vorschläge darin würden zu einem Überwachungsstaat führen, hieß es bei der AfD als Begründung. Neben den Abstimmungsboxen unterhalten sich Außenministerin Annalena Baerbock und CDU-Politiker Armin Laschet intensiv.

Die Abgeordneten der Bundestages stimmen namentlich ab.

© dpa/Kay Nietfeld

16.43 Uhr: Abstimmung zum Fünf-Punkte-Plan der Union hat begonnen

Die Abstimmung über den Entschließungsantrag mit dem Fünf-Punkte-Plan der Union läuft. Es wird namentlich abgestimmt. Das heißt, jeder Abgeordnete muss seine Stimmkarte einzeln in Wahlurnen vor dem Plenum einwerfen.

Dort taucht auch ein Grünen-Abgeordneter auf, der in der Debatte zuvor nicht zu sehen war: Stefan Gelbhaar. Für den Pankower Abgeordneten ist es eine der letzten Abstimmungen im Bundestag. Nachdem Vorwürfe sexueller Belästigung gegen Gelbhaar bekannt geworden waren, hatte seine Partei ihm die Kandidatur in seinem Wahlkreis entzogen. Gelbhaar bestreitet alle Vorwürfe, die sich zumindest zum Teil bereits als erfunden herausgestellt haben.

16.34 Uhr: Bernd Baumann (AfD) redet

Bernd Baumann begründet die Zustimmung zum Fünf-Punkte-Plan der Union: „Es waren und sind schon immer unsere Punkte“. AfD werde zustimmen, trotz der „Herablassungen“ der AfD durch die Union. Der AfD gehe es um Deutschland, nicht um Parteitaktik. Baumann beschwört Mehrheiten für eine „Migrationswende“. Er sagt Richtung Union: „Sie mögen uns beschimpfen, erniedrigen, wir stimmen für Deutschland.“

16.33 Uhr: FDP-Antrag und AfD-Antrag zur Abstimmung

Ein FDP-Antrag bekommt Zustimmung von FDP und BSW, Enthaltung bei der AfD, alle anderen stimmen mit Nein. Bei einem AfD-Antrag stimmen Union, SPD, Grüne, FDP und Linke mit Nein, die AfD dafür und BSW enthält sich.

16.25 Uhr: Göring-Eckardt erteilt Ordnungsruf – zunächst an die Falsche

Die stellvertretende Bundestagspräsidentin, Katrin Göring-Eckardt, erteilt Beatrix von Storch von der AfD einen Ordnungsruf, weil sie die SPD als „Nazitruppe“ bezeichnet hatte. Darauf gibt es lauten Protest aus der AfD-Fraktion, denn der Zwischenruf kam von Vize-AfD-Chef Stephan Brandner. Göring-Eckardt korrigiert sich und erteilt ihm den Ordnungsruf.

16.14 Uhr: Wo sind die Fraktionsvorsitzenden?

Nicht nur in den hinteren Reihen haben sich die Reihen inzwischen gelichtet. Auch die Fraktionsvorsitzenden von Union, FDP, Grünen und SPD sind nicht im Saal. Gibt es kurzfristig noch etwas zu besprechen?

16.13 Uhr: Nun haben fraktionslose Abgeordnete das Wort, Redezeit jeweils eine Minute.

Robert Farle (fraktionslos, früher AfD, ganz früher DKP) rennt ans Rednerpult. SPD, Grüne, CDU seien schuld, dass man nicht mehr sicher leben könne in Deutschland, sagt er.

16.10 Uhr: Abseits des Plenums Einigung bei Gewalthilfe

Während Union, SPD und Grüne im Plenarsaal des Bundestags heftig streiten, ist den drei Fraktionen fast zeitgleich eine Einigung für ein Gewalthilfegesetz gelungen. Dadurch beteiligt sich der Bund erstmalig an der Finanzierung des Gewalthilfesystems in einer Höhe von 2,6 Milliarden Euro. Dadurch könnte sich die Situation in Frauenhäusern deutlich verbessern. Von einem „historischen Schulterschluss“ sprechen Abgeordnete von SPD, CDU, CSU und Grünen in einer gemeinsamen (!) Erklärung. Ein deutliches Signal, an diesem Tag.

16.08 Uhr: Sahra Wagenknecht (BSW) redet

Sahra Wagenknecht wirft Merz vor, die „Kriege der USA“ als Grund für die Zuwanderung nicht zu benennen. „Ein trauriges Gezänk“ gebe es über die Frage, ob man Anträge stellen dürfe, denen die AfD zustimme. Sie spricht von
„jahrelangem Versagen der alten Parteien in der Migrationspolitik“.

16.04 Uhr: Heidi Reichinnek (Linke) ist an der Reihe

Heidi Reichinnek wirft Scholz vor, er habe kurz nach der Tat von Aschaffenburg von „Terror“ gesprochen, betreibe damit das Geschäft der AfD.

15:56 Uhr Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger tritt ans Redepult

Nun spricht Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD). Sie nennt es eine „Schande für unser Land“, dass jüdische Einrichtungen in Deutschland so geschützt werden müssen.

„Wir müssen verhindern, dass die Feinde der Demokratie Macht in diesem Land bekommen“, sagt Rehlinger, spricht von „Harakiri“ der Union, die mit ihren Anträgen die politische Mitte spalte.

Rehlinger wirbt für Kompromisse unter Demokraten, beklagt Blockade des Sicherheitspaketes durch unionsregierte Länder im Bundesrat. Gleich soll Sahra Wagenknecht (BSW) reden, sie hat eine zweiminütige Redezeit.

15:49 Uhr: Dobrindt verteidigt Merz-Strategie, notfalls mit AfD zu stimmen

„Es ist kein Tabubruch, das Richtige zu tun“, sagt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Er sei es leid, dass die Politik nach migrantischen Attentaten immer wieder in die gleichen Rituale der Betroffenheit verfalle, um dann bald wieder zur Tagespolitik zurückzukehren.

„Sie müssen Ihre Politik korrigieren“, sagt Dobrindt in Richtung SPD und Grünen. Nur so könne man die Rechten effektiv bekämpfen.

Dobrindt erinnert auch an den Asylkompromiss 1993 von Union, SPD und FDP. Danach seien rechtsradikale Republikaner aus Parlamenten verschwunden.

Der CSU-Politiker verteidigt zudem die Behörden in Bayern. Das Attentat von Aschaffenburg hätte überall in Deutschland passieren können, sagt er und reagiert damit auf die Vorwürfe von Olaf Scholz. „Die Menschen sprechen nicht über Behördenversagen, sie sprechen über Politikversagen.“ Dobrindts Redezeit ist zuende.

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15:43 Uhr: Weidel kritisiert „antidemokratische Kartellabsprachen“

Weidel spricht von der Brandmauer, ohne sie zu benennen, von einer „antidemokratischen Kartellabsprache“. Der Union wirft die AfD-Kanzlerkandidatin einmal mehr vor, ihre Anträge von der AfD kopiert zu haben. Dann wird die AfD-Chefin lauter, härter, kündigt an, dem am Freitag angesetzten Gesetz zuzustimmen. „Die Unaufrichtigkeit der Union lässt sich am besten an der Zahl der AfD-Anträge zu Migration und zu Grenzkontrollen ablesen“, die die Union sieben Jahre lang abgelehnt habe.

Nach zehn Minuten endet auch ihre Redezeit. Sie wird von CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, abgelöst.

15:34 Uhr: AfD-Chefin Alice Weidel tritt ans Redepult

Nach dem SPD-Chef ist nun die Vorsitzende der AfD an der Reihe. Die Reihen lichten sich. Während die AfD-Chefin ungewohnt ruhig ihre Rede beginnt, verlassen zahlreiche Abgeordnete bei Grünen, SPD und den Linken den Plenarsaal.

„Das ist Demokratie ohne Volk, das ist Demokratie ohne Wähler. Wer so denkt, sollte nicht Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland sein“, sagt Weidel. Die AfD-Chefin liest ab, zunächst ruhig im Ausdruck, aber hart in der Sprache. Weidel spricht mit Blick auf die Grünen von „grinsenden, selbstgefälligen Fotos“ bei Demos.

Weidel redet, in den ersten sieben Reihen der AfD-Fraktion eine Frau (Beatrix von Storch) und 27 Männer.

„Mit dieser Union ist kein Staat zu machen“, sagt Weidel, wirft ihr „egoistische Parteitaktik“ vor. CDU-Politiker sagen oft: Die AfD will uns vernichten. Es ist ruhig im Plenum während Weidel redet. Ein Grund: Keine AfD-Zwischenrufe.

15:34 Uhr: Klingbeil macht auf Widerstände in der Union aufmerksam

Am Rednerpult geht es inzwischen kaum noch um die Sache, sondern nur noch um den Stil. SPD-Chef Klingbeil macht der Union und Merz Vorwurf um Vorwurf. Mit der Migrations- und Sicherheitspolitik hält sich der Sozialdemokrat nicht lange auf. Die Vorschläge der Union nennt er rechtswidrig.

„Hören Sie auf Ihre Leute“, sagt Klingbeil in Richtung Merz und verweist auf Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther, aber auch auf Kirchen, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft, die sich alle gegen eine Zusammenarbeit von Union und AfD ausgesprochen haben.

„Wir werden die Probleme in diesem Land lösen“, sagt Klingbeil über die SPD. Die SPD regierte in 22 der letzten 26 Jahre. Klingbeil beendet seine Rede.

15:26 Uhr: SPD-Chef tritt ans Redepult

Nun spricht der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil. „Viele Menschen wünschen sich, dass die demokratische Mitte zusammen rückt“, sagt Klingbeil zu Beginn.

CDU-Chef Merz wirft er vor, die demokratischen Kräfte zu spalten, indem er die Zustimmung der AfD in Kauf nimmt. „Sie brechen mit der Politik von Helmut Kohl und Angela Merkel“, sagt der Niedersachse.

Klingbeil attackiert Merz auch dafür, nicht auf die SPD zugegangen zu sein: „Kein Anruf, kein Versuch, zusammenzukommen. Das ist nicht konservativ, das ist nicht bürgerlich, das ist unanständig, Herr Merz.“

15:24 Uhr: Lindner nennt Grüne „Steigbügelhalter er AfD“

„Wenn Ankündigungen keine Taten folgen, dann beschädigt das die Glaubwürdigkeit der Politik insgesamt“, sagt Lindner. Dann attackiert der FDP-Chef erwartungsgemäß die Grünen – unter anderem Katrin Göring-Eckardt. Aber auch SPD-Chefin Saskia Esken. Mit beiden Parteien hat er bis vor drei Monaten regiert.

Vieles in der Ampel sei gegen die Grünen erstritten worden: „Die Grünen sind somit ein Steigbügelhalter der AfD“, so Lindner.

In seiner Rede geht Christian Lindner immer wieder auch die Grünen schaf an.

© REUTERS/NADJA WOHLLEBEN

Der FDP-Chef erklärt: Die FDP wolle der Gesetzesänderung der Union am Freitag zustimmen, auch wenn die AfD mitstimme. „Sonst hätte die AfD Macht über uns.“

15:13 Uhr: Nächster Redner ist Christian Lindner

Nach Habeck spricht nun der ehemalige Finanzminister Christian Lindner (FDP). „Über unsere politische Kultur entscheidet der Umgang mit dem Thema dieser Debatte“, betont der FDP-Chef. Lindner verweist auf den Umgang mit Migration in Dänemark und spricht Scholz direkt an; der tippt auf seinem Handy. Aschaffenburg sei „Staatsversagen“, für das die Innenministerin der SPD in besonderer Weise verantwortlich sei.

Wem was reicht, scheint in dieser Debatte zu einem der Hauptmotive zu werden. Jetzt spricht Lindner über Menschen im Lande, denen es reiche und die sich einer autoritären Alternative zuwendeten.

15:00 Vizekanzler Robert Habeck tritt ans Pult

Habeck beginnt seine Rede mit einer historischen Einordnung. „Politische Schicksalstage“ erkenne man normalerweise erst im Nachgang, dieses Mal sei das anders.

Habeck widerspricht Merz‘ Argumentation. Der CDU-Vorsitzende hatte gesagt, man stimme notfalls mit der AfD, weil die Mehrheit im Land eine andere Migrationspolitik wolle. Doch wenn man das einmal tue, wieso dann nicht nochmal, fragt Habeck. Er neige nicht zu „Verschwörungstheorien“, doch eine Koalition von Konservativen, FDP und AfD sei nach Merz‘ Argumentation nur folgerichtig.

Habeck an Merz: „Sie wollen Recht brechen, um Recht zu verändern.“

„Dies ist so ein Schicksalstag“, sagt Habeck am Ende seiner Rede. Heute stehe mehr zur Debatte als eine Sachentscheidung. Es drohe aus der parlamentarischen Mitte heraus ein „Bruch mit der Tradition dieser Republik“, weil Union und FDP ein Bündnis mit den Rechtspopulisten eingehe. „Sie können doch nicht mit den Russlandfreunden und Europaverächtern einen Europarechtsbruch durchführen“, sagt Habeck und appelliert erneut an Merz, „das heute nicht zu tun.“

14:58 Uhr: Merz sieht Demokratie in Gefahr

„Die Demokratie ist in Gefahr, wenn Radikale an die Macht kommen. Deshalb werden wir und werde ich alles tun, um das zu verhindern“, sagt Merz. Für diese Aussagen erntet der Sauerländer Applaus und Zwischenrufe.

CDU-Chef Friedrich Merz ist nach den scharfen Vorwürfen des Bundeskanzlers an diesem Mittwoch häufig damit beschäftigt, seine umstrittenen Vorstöße zu verteidigen. 

© AFP/JOHN MACDOUGALL

„Eine richtige Entscheidung wird nicht dadurch falsch, dass die Falschen zustimmen“, sagt Merz: „Sie bleibt richtig.“ Damit bezieht sich der CDU-Chef auf Vorwürfe, er würde mit der AfD gemeinsame Sache machen. Nach dem Bruch der Ampel im Herbst hatte Merz Zufallsmehrheiten mit der in Teilen als rechtsextrem eingestuften Partei noch ausgeschlossen.

Nun ist Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) an der Reihe.

14:45 Uhr: Merz holt zum ersten Gegenangriff auf Scholz aus

Nun geht Merz auf Scholz’ Vorwurf ein, er würde europarechtlich nicht haltbare Vorschläge vorlegen. Der CDU-Chef fordert Scholz zu Gesetzesänderungen auf. „Hier zu beklagen, dass die Rechtslage so sei, wie sie ist“, sei nicht Aufgabe eines Bundeskanzlers. Der sei nicht der „oberste Notar der Bundesrepublik Deutschland“, kritisiert Merz.

„Was muss eigentlich in Deutschland noch passieren“, fragt Merz: „Wie viele Menschen müssen noch ermordet werden?“

Bei der AfD ist derweil reger Parallelbetrieb: Nach und nach gehen Abgeordnete zur Fraktionschefin und zeigen ihr Papiere, Handys, zuletzt Peter Boehringer; Weidel schüttelt jedes Mal energisch den Kopf und die Fraktionskollegen gehen zurück zu ihren Plätzen.

Später geht Merz auch auf die Aussage des Kanzlers ein, es gebe aktuelle lediglich ein „Vollzugsdefizit“. „Glauben Sie im Ernst, dass wir ein Vollzugsdefizit haben und alles andere ist in Ordnung?“, fragt Merz Richtung Scholz blickend. Bei der SPD: Kopfschütteln.

„Die Spekulationen, die Sie hier angestellt haben, sind niederträchtig und infam“, sagt Merz in Richtung Scholz und dessen zuvor getätigte Aussagen. 

14:39 Uhr: Merz tritt ans Redepult

Nun spricht Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Merz startet ruhiger und bedächtiger. Dabei würdigt er die Verdienste der vielen Mensch mit Migrationsgeschichte in Deutschland.  

Viele seien fleißig, gut integriert, würden hart arbeiten. Ohne sie könnte „unser Land nicht bestehen“. Selbst für diese Aussage gibt es von Grünen und SPD keinen Applaus.

14:30 Uhr: Scholz geht auch AfD an

Jetzt attackiert Scholz die AfD: „Es ist nicht egal, ob man mit den extrem Rechten zusammenarbeitet – nicht in Deutschland“, sagt Scholz. „In unseren Parlamenten machen wir mit den extrem Rechten nicht gemeinsame Sache.“ Lautstarke Zwischenrufe aus der AfD-Fraktion.

An vielen Stellen von Scholz’ Rede bleibt es im Plenarsaal heute jedoch auffällig ruhig. Häufig klatschen nur die Abgeordneten der SPD. Bei den Grünen, mit denen Scholz ja eine Minderheitsregierung führt, fällt der Applaus dagegen lau aus. Häufig bleiben die Arme verschränkt. Auch bei Linken und BSW kaum Beifall für den Kanzler.

Wütende Zwischenrufe bei Union, nachdem Scholz ruft: „Es darf keine Mehrheit für Union und AfD geben. Sonst droht uns eine schwarz blaue Regierung in Deutschland.“

Um 14:38 Uhr beendet der Kanzler seine Rede mit den Worten: „Keinen Fußbreit Platz für die, die Hass und Hetze säen, das ist der Kurs für unser Land. Die SPD-Choreografie funktioniert: andächtiges Nicken bei Boris Pistorius (Verteidigungsminister, SPD) auf der Regierungsbank.

14:29 Uhr: Zweite Attacke Scholz gegen Merz

„Ein Bundeskanzler darf kein Zocker sein, denn er entscheidet im schlimmsten Fall über Krieg und Frieden“, sagt Scholz in Richtung des Oppositionsführers Friedrich Merz.

Der verfolgt den Angriff regungslos. Scholz bezieht sich mit seiner Aussage auf Merz‘ Ausspruch in einer internen Runde, er gehe „all-in“. Scholz sagt: „Politik in unserem Land ist doch kein Pokerspiel.“

Scholz redet, Merz verschränkt Arme (Pistorius und Habeck ebenso), Lindner macht sich Notizen.

14:21 Uhr: Erste Attacke Scholz gegen Merz

Nach wenigen Minuten holt der Bundeskanzler zum ersten Mal zum Angriff auf Friedrich Merz aus. Scholz nennt Vorschläge der Union zur Zurückweisung an den deutschen Grenzen eine „Antwort des Populismus“.

Erneut warnt er davor, dass Gerichte die von Merz und der Union vorgeschlagenen Maßnahmen hinsichtlich Migration und Grenzschutz wohl „sofort kassieren“ würden. Auch auf europäischer Ebene. 

14:10 Uhr: Scholz gibt Regierungserklärung ab

Scholz beginnt seine Regierungserklärung. „Das Recht auf Asyl ist fester Bestandteil unserer Rechts- und Werteordnung, und daran dürfen wir nicht rütteln“, sagt der Bundeskanzler.

„Wir haben ein Vollzugsdefizit“, räumt Scholz ein. Denn alle Taten von Mannheim, Solingen, Magdeburg bis Aschaffenburg hätten verhindert werden können. Man hätte mit den bestehenden Gesetzen die Täter aufhalten müssen. Dann geht Scholz in den Angriff. Während in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt Aufklärung versprochen worden sei, verweise die bayrische Staatsregierung auf andere. Aus den Reihen der Union kommt Protest, doch Scholz hält fest: „Es sind Dinge schiefgelaufen, im Freistaat Bayern.“

Zum Start der Regierungserklärung des Kanzlers ist auch Alice Weidel (AfD) an ihrem Platz. Weidel und Chrupalla begrüßen sich freundlich. Weidel wird später auch die Rede für ihre Fraktion halten. In ersten zwei Minuten der Scholz-Rede ist die AfD ruhig, dann gibt es erste diverse Zwischenruhe.

Auf Bundesratsbank: Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD) Ministerpräsidentin des Saarlandes. Sonst keine Ministerpräsidentinnen- oder -präsidenten anwesend.

14:08 Uhr: Bas eröffnet Debatte

Die Debatte muss „ehrlich, schonungslos und respektvoll sein“ sagt Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) vor Eintritt in die Tagesordnung.

Scholz betrat das Plenum um 13.56 Uhr, redet vor Sitzungsbeginn mit SPD Chefin Saskia Esken. Bei der Sitzung Mitte Dezember hatte er ihr sprichwörtlich die kalte Schulter gezeigt.

Auffällig: Noch fehlt AFD-Fraktionschefin Alice Weidel. Bei der vorherigen Gedenkstunde war Weidel im Plenarsaal. Am Vormittag hatte ihr Co-Chef Tino Chrupalla erklärt, die AfD werde nur für einen der beiden heutigen Unionsanträge stimmen. Innerhalb der AfD gibt es dazu offenbar unterschiedliche Auffassungen.

Bis unmittelbar vor der Sitzung diskutiert Vizekanzler Robert Habeck angeregt mit den beiden Fraktions-Vorsitzenden der Grünen, Britta Hasselmann und Katharina Dröge. Der Kanzlerkandidat der Grünen, der in den vergangenen Tagen Friedrich Merz immer wieder aufgefordert hat, seine Migrationsanträge zurückzuziehen, wird in der Debatte gleich ebenfalls eine Rede halten.

Teile des Bundeskabinetts kurz vor der Rede des Bundeskanzlers.

© AFP/JOHN MACDOUGALL

Geht doch! Für Tagesordnung stimmen SPD, Union, Grüne, FDP. AfD Nein, Enthaltung Linke und BSW.

14:00 Uhr: Bas kündigt Gedenkminute an

Bevor Bundeskanzler Olaf Scholz seine Regierungserklärung abgibt, spricht noch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Sie kündigt eine Schweigeminute für unter anderem die Opfer des Terrorangriffs von Magdeburg und der Messerattacke von Aschaffenburg an. Den Angehörigen spricht die SPD-Politikerin ihr Mitgefühl aus. Die Abgeordneten und Besucher erheben sich.

13:55 Uhr: Mittagspause bis zur Regierungserklärung

Vor der Regierungserklärung stärken sich Abgeordneten und Besucher des Deutschen Bundestages in den Kantinen des Reichstags. Andere Parlamentarier tummeln sich in der Lobby des Plenarsaals. „Das ist eine emotionale Achterbahnfahrt heute“, sagt Ex-Grünen-Chef Omid Nouripour: „Eben die sehr bewegende Rede während der Gedenkstunde. Gleich der Versuch, Basta-Politik mit den Stimmen der AfD durchzusetzen.“ Er glaube, „wir wissen noch gar nicht, was das am Ende bedeutet“.

„Klar stimmt die Unionsfraktion für die Anträge von Merz“, sagt ein Christdemokrat, „keiner will Zielscheibe einer Dolchstoß-Legende werden“.

13:00 Uhr: Ende der Gedenkstunde

Mit einem Klavierstück des österreichisch-jüdischen Komponisten Hans Gál endet die Gedenkstunde im Deutschen Bundstag. Nun folgt eine ein gut einstündige Pause.

Um 14.10 Uhr wird Bundeskanzler Olaf Scholz seine Regierungserklärung abgeben. Dann folgt eine zweistündige Aussprache, in der die Union ihre umstrittenen Anträge zur Verschärfung der Asyl- und Migrationspolitik zur Abstimmung stellen wird. Die AfD will wohl doch nur einem davon zustimmen.

12:47 Uhr: Schwarzman bittet um stärkere militärische Unterstützung

„Damals wollte Hitler mich töten, weil ich Jude bin. Jetzt versucht Putin mich zu töten, weil ich Ukrainer bin“, sagt der Holocaust-Überlebende Roman Schwarzman in seiner Gedenkrede. Er schlägt einen Bogen vom Gestern ins Heute, spricht ausführlich über das Thema, das ihn derzeit schmerzlich umtreibt: „Einmal habe ich der Vernichtung bereits entgehen können. Jetzt bin ich ein alter Mann und muss erneut mit der Angst leben, dass meine Kinder und Enkelkinder zu Opfern eines Vernichtungskrieges werden.“

Schwarzman richtet sich direkt an die versammelte deutsche Politik: „Wer glaubt, dass Putin sich mit der Ukraine zufriedengeben wird, der irrt sich.“ Sein Land brauche Flugabwehr, Flugzeuge und mehr Langstreckenflugkörper, um die russischen Flugplätze und Rakentendepots lahmzulegen. „Wir brauchen Ihre Unterstützung, um die Menschen in den besetzten Gebiete zu befreien“, sagt Schwarzman.

Roman Schwarzman wurde als Kind in ein ukrainisches Ghetto deportiert.

© dpa/Kay Nietfeld

Es ist ein dramatischer Appell des Holocaust-Überlebenden: „Putin versucht, uns als Nation zu vernichten, so wie Hitler versucht hat, das jüdische Volk im Zweiten Weltkrieg zu vernichten.“ Er berichtet auch von ukrainischen Soldaten, die aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt seien. „Ihre Geschichten von Folterkellern der russischen Besatzer verursachen bei mir Phantomschmerzen.“ Schwarzman warnt davor, vor Putin einzuknicken: „Ich war im Ghetto, ich habe den Teufel gesehen, und ich sage: Wir überschätzen ihn sehr. Seine Kraft ist nicht größer als die, die wir ihm selbst beimessen.“

Heute engagiert er sich seit Jahrzehnten für die jüdischen Überlebenden der Ghettos und Konzentrationslager in der Ukraine. In seiner Rede ging der 88-Jährige auch auf den Krieg Russlands in der Ukraine ein. „Heute möchte ich Sie an diesem historischen Ort bitten, weiter für die Ukraine und meine Heimatstadt Odessa zu kämpfen“, sagte Schwarzman: „Ich flehe Sie an, uns zu bewaffnen“.

Schwarzman beendet seine Rede auf Deutsch und bedankt sich für die ihm gegebene Aufmerksamkeit. Unter mehrminütigem Applaus wird er von Bas zurück zu seinem Platz geleitet und von Steinmeier umarmt. Nun folgt erneut Klaviermusik.

12:42 Uhr: Holocaust-Überlebender erinnert an NS-Opfer in der Ukraine

Nun spricht der 88-jährige Holocaust-Überlebende Roman Schwarzman aus dem ukrainischen Odessa. „Meine Geschichte ist die Geschichte von Millionen von Menschen, die ihre eigene Geschichte nicht mehr erzählen können“, sagt Schwarzman zu Beginn seine Rede.

Er erzählt von seinen Lebensumständen während der NS-Zeit als Teil einer jüdischen Familie auf dem Gebiet der heutigen Ukraine. Im Jahr 1941 war er als Kind in das Ghetto der ukrainischen Stadt Bershad deportiert worden. Unter deutscher Besatzung lebte er dort zweieinhalb Jahre.

12:41 Uhr: Steinmeier schließt mit einem Appell

Vor der Gedenkstunde war spekuliert worden, ob Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede eine Mahnung aussprechen würde für das, was am Nachmittag im Bundestag ansteht. Und in der Tat wählt er gegen Ende Worte, die als eine solche Mahnung verstanden werden können.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Rednerpult des Bundestages: Mit einer Gedenkstunde erinnert der Bundestag an die Opfer des Nationalsozialismus.

© REUTERS/NADJA WOHLLEBEN

Er zitiert den 99-jährigen Holocaust-Überlebenden Leon Weintraub, den er am Montag in Auschwitz traf: „Nehmt die Feinde der Demokratie ernst.“ Diese Worte wolle er, Steinmeier, hier im Deutschen Bundestag wiederholen. „Wir leben in einer Zeit der Entscheidung. Wir haben es in der Hand, das Errungene zu bewahren und unsere Demokratie zu schützen“, sagt Steinmeier zum Schluss seiner Rede. „Gehen wir nicht zurück in eine dunkle Zeit. Wir wissen es besser, machen wir es besser.“ Nun folgt Klaviermusik.

12:18 Uhr: Rede des Bundespräsidenten

Nun spricht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Der 69-Jährige begrüßt ebenfalls explizit Roman Schwarzman und Margot Friedländer.

„Die Shoah ist ein Teil unserer Geschichte“, sagte Steinmeier. Es gebe kein Ende der Erinnerung und keinen Schlussstrich unter die deutsche Verantwortung. Der Bundespräsident appelliert in seiner Rede daran, dass „neue Formen des Erinnerns“ geschaffen werden müssten, insbesondere für junge Menschen.

12:15 Uhr: Bas beklagt Rückschritte im Kampf gegen Antisemitismus

„Wir müssen ehrlich mit uns sein: Viele Jüdinnen und Juden fühlen sich nicht sicher in Deutschland“, sagt Bas. Im Kampf gegen Antisemitismus gebe es enttäuschende Rückschritte. Sie berichtet von einer persönlichen Begegnung: „Vor kurzem fragte mich ein jüdischer Vater: Können Sie mir versichern, dass meine Kinder in diesem Land sicher sind? Wie gern hätte ich aus voller Überzeugung mit Ja geantwortet. Doch die Frage bleibt offen.“

Bärbel Bas (SPD), Bundestagspräsidentin, eröffnete die Gedenkstunde zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus.

© dpa/Michael Kappeler

Die Parlamentspräsidentin erinnert daran, dass Antisemitismus alle Menschen in Deutschland angehe. Jeder solle sich immer wieder fragen: „Was bin ich bereit, für das ‘Nie wieder’ zu tun?.“ Dann verlässt sie das Redepult.

12:04 Uhr: Bärbel Bas eröffnet Gedenkstunde

Dann schreitet Parlamentspräsidentin Bärbel Bas als erste Rednerin ans Pult. „Wir standen reglos da, und über Wangen flossen die Tränen“, zitiert sie die Worte eines ukrainischen Offiziers, der bei der Befreiung von Auschwitz dabei war.

„Für mich ist es ein Wunder, dass die Überlebenden bereit sind, über Auschwitz zu sprechen“, sagte Bas. Auch, dass es überhaupt noch Überlebende gebe. Bas erinnerte daran, dass die meisten Menschen, die Auschwitz und andere Massenvernichtungslager erreichten, dort ums Leben gekommen seien.

Vorn im Plenarsaal sitzen im Halbrund die Spitzen des Staates: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit seiner Ehefrau Elke Büdenbender, Kanzler Olaf Scholz, dessen Ehefrau Britta Ernst allerdings auf der Besuchertribüne Platz genommen hat, Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger und Stephan Harbarth, Präsident des Verfassungsgerichts. In der Mitte als Ehrengast: Der Holocaust-Überlebende Roman Schwarzman, der die Gedenkrede halten wird.

Auch die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer (rechts) nimmt auf der Besuchertribüne des Bundestages an der Gedenkstunde teil.

© AFP/JOHN MACDOUGALL

12:01 Uhr: Streichertrio spielt zum Auftakt

Mit Klängen eines Streichtrios beginnt die Gedenkstunde im Bundestag. Es ist Musik von Gideon Klein, der nur Stunden vor der Befreiung in Auschwitz von der SS erschossen wurde.

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Historisch aufgeladen wird der Tag zusätzlich dadurch, dass der Bundestag ab 12 Uhr an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Am Montag jährte sich die Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau zum 80. Mal. Eröffnet wird die Veranstaltung durch ein Streicherkonzert. Nach einer Ansprache von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hält Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Rede, anschließend der Holocaust-Überlebende Roman Schwarzman.