Die AfD hat bei der Bundestagswahl ihr Ergebnis von 2021 verdoppelt, 20,8 Prozent der Stimmen entfielen laut vorläufigem Endergebnis auf die Partei. Weil die Union eine Koalition mit der AfD ausschließt, wird die in Teilen rechtsextremistische Partei stärkste Oppositionsfraktion im neuen Bundestag werden. Damit erhält die Partei einige Vorteile. Schon 2017 fiel der AfD-Fraktion die Rolle zu. 

Künftig kann die AfD zuerst auf Regierungserklärungen antworten und die Generaldebatten zum Haushalt eröffnen. Als zweitgrößter Fraktion steht ihr zudem besonders viel Redezeit zu. Wer mehr Abgeordnete hat, darf länger reden. Entsprechend hat im neuen Bundestag nur die Union mehr Redezeit. 

Im Bundestag werden die Vorsitzenden der Ausschüsse nach einem bestimmten Verfahren vergeben. Dabei orientiert man sich an der Stärke der Fraktionen. Die größte Fraktion darf zuerst einen Ausschussvorsitz wählen. Die AfD hat folglich das Erstzugriffsrecht auf den Vorsitz des wichtigen Haushaltsausschusses. Dieser gilt als einer der einflussreichsten Ausschüsse im Bundestag, weil er über die Verteilung des Bundeshaushalts mitentscheidet. Dort wird festgelegt, wofür der Staat Geld ausgibt und welche Bereiche gekürzt oder gefördert werden.

Kein Posten im Bundestagspräsidium

Einen automatischen Anspruch auf diese Vorsitzposten hat die AfD allerdings nicht. Bereits 2017 wollten AfD-Abgeordnete Ausschussvorsitze im Bundestag übernehmen. Normalerweise wird der Vorsitz eines Ausschusses ohne Wahl vergeben und die anderen Parteien akzeptieren die Entscheidung. Doch damals forderten die anderen Mitglieder stattdessen eine geheime Abstimmung, die AfD-Kandidaten wurden nicht gewählt. Die AfD klagte dagegen, doch das Bundesverfassungsgericht entschied, dass der Bundestag selbst über die Vergabe der Posten bestimmt.

Streit gab es beim Bundesverfassungsgericht auch schon um einen Posten im Bundestagspräsidium – in dem die AfD seit ihrem Einzug in den Bundestag 2017 nicht vertreten ist. Die anderen Parteien hatten allen AfD-Kandidatinnen und Kandidaten für einen der Stellvertreterposten in etlichen Abstimmungen die erforderliche Mehrheit verweigert. Das Bundesverfassungsgericht entschied im März 2022, dass es keinen uneingeschränkten Anspruch auf einen Platz im Präsidium gibt.

Im Bundestag werden die Fraktionsvorsitzenden der stärksten Oppositionskraft als Oppositionsführer bezeichnet. Das sind künftig: Alice Weidel und Tino Chrupalla. Das Amt ist nicht in der Verfassung festgeschrieben, wird aber unter Politikern gerne betont. Insgesamt hat das Amt vor allem symbolischen Charakter, eine wirkliche Macht hat man als Oppositionsführer nicht.

AfD wird zweitstärkste Kraft

Bundestagwahl

Z+ (abopflichtiger Inhalt);

Wahlergebnisse nach Wahlkreisen:
Wo die Wahl gewonnen wurde

Alternative für Deutschland:
Für sie nur ein Etappensieg

Z+ (abopflichtiger Inhalt);

Wahlergebnis im Osten:
Warum der Westen anders blieb

Im neuen Bundestag wächst die Fraktion um 69 Abgeordnete. Dadurch wird sie in den Sitzreihen nicht nur deutlich präsenter sein. Auch erhält sie so viel Geld wie nie und kann weiteres Personal einstellen. 

Was bei einer Sperrminorität möglich wäre

Nach dem Ausscheiden von BSW und FDP aus dem Bundestag entsteht eine ungewohnte politische Konstellation im Parlament. AfD und Linke verfügen addiert über 216 der 630 Sitze und damit knapp mehr als ein Drittel. Die beiden Parteien an den politischen Rändern verfügen damit gemeinsam über eine sogenannte Sperrminorität.

Über diese Sperrminorität können Oppositionsparteien ihre Zustimmung zu bestimmten Vorhaben der Regierung von Bedingungen abhängig machen und so politischen Druck ausüben. 

Letzte Aktualisierung um 4.22 Uhr
Stimmenverteilung: Vorläufiges Ergebnis

82,5 % Wahlbeteiligung • Stand: 4.10 Uhr •

Quelle: Bundeswahlleiterin

Union 28,5 % +4,4

AfD 20,8 % +10,4

SPD 16,4 % −9,3

Grüne 11,6 % −3,1

Linke 8,8 % +3,9

BSW 4,97 % –

FDP 4,3 % −7,1

Mögliche Koalitionen

Mehrheit mit 316 Sitzen

Union +SPD +Grüne 413 Sitze Union +SPD 328 Sitze Union +Grüne 293 Sitze SPD +Grüne +Linke 269 Sitze SPD +Grüne 205 Sitze
Wahlkreise

299 / 299 ausgezählt

Deutschlandkarte
Vorläufiges Ergebnis 3.10 Uhr Union: 28,5AfD: 20,8SPD: 16,4Grüne: 11,6Linke: 8,8BSW: 4,97FDP: 4,3
Weitere Grafiken anzeigen

Blockieren könnten beide Parteien zusammen wichtige Entscheidungen des Parlaments, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern. Dazu zählen Änderungen des Grundgesetzes, wie etwa eine Reform der dort verankerten Schuldenbremse. Auch die Einigung auf ein Sondervermögen für das Verteidigungsbudget müsste so beschlossen werden.

Merz will Gespräche mit SPD, Grünen und FDP über Verteidigung

Gerade bei dem Thema Verteidigung gilt es als relativ sicher, dass die Grünen Vorschlägen einer möglichen künftigen schwarz-roten Regierung für mehr Ausgaben – zum Beispiel über neue Schulden, die übers Grundgesetz abgesichert würden – zustimmen würden. Weder Linke noch AfD haben bislang in einer Frage gemeinsam votiert, ein Sondervermögen für die Bundeswehr lehnen jedoch beide ab. Deshalb könnte die Sperrminorität der beiden Parteien in diesem Punkt noch Bedeutung erlangen.

CDU-Chef Friedrich Merz kündigte an, noch vor dem Zusammentritt des neuen Bundestags Gespräche mit SPD, Grünen und FDP über Möglichkeiten zur Finanzierung von Verteidigungsausgaben vorbei an der Schuldenbremse zu führen.