Keine Bikinis mehr, nur noch die Schärpe erinnert an eine klassische Schönheitskür: Bei der Wahl der neuen „Miss Germany“ hatte nun auch erstmals das Publikum das letzte Wort. Es entschied sich für eine Ärztin, die einen Avatar sprechen lässt und von mehr Digitalisierung in der Medizin träumt.

Bei ihrer letzten Bewerbungsrede um den Titel der „Miss Germany“ sorgt Valentina Busik mit einem kaum bekannten Fachbegriff für Stirnrunzeln im Saal – und löst schnell auf: Es gehe um Alterswarzen. Aber Patientinnen und Patienten verstünden das oft nicht, bekämen vielleicht sogar Angst, hätten Stress. „Nur weil ich Medizinisch spreche“, sagt die Ärztin aus Gießen.

Die 27-Jährige arbeitet mit Künstlicher Intelligenz (KI) und einem Avatar, der für jeden verständlich auf 40 Sprachen und Gebärdensprache medizinischen Fachjargon übersetzen soll. „Ich bin Ärztin in einem der reichsten Länder der Welt, mit Technik wie in einem Raumschiff“, sagt Busik.

Busik arbeitet mit Künstlicher Intelligenz (KI). Sie hat einem Avatar entwickelt, der Tag und Nacht für jeden verständlich auf 40 Sprachen und Gebärdensprache medizinischen Fachjargon übersetzen soll.

Mit ihrer Mission ist Busik die neue „Miss Germany“ geworden. Sie setzte sich im Europa-Park in Rust bei Freiburg gegen acht Finalistinnen durch. Nun wolle sie die Digitalisierung im Gesundheitswesen auch ganz persönlich voranbringen, kündigt Busik an. „Der Sieg ist ‘ne riesige Möglichkeit nicht nur mich, sondern deutschlandweit für Pflegekräfte, für Ärzte und vor allem für Patienten“, sagte die 27-Jährige der Deutschen Presse-Agentur nach der Kür.

Sie wolle die Arbeit im Gesundheitswesen erleichtern und bei denen anfangen, die am meisten leiden – den Patientinnen und Patienten, sagte Busik. „Es kann jeden von uns jeden Tag treffen, dass wir krank werden.“ Da sei es wichtig, dass man die Ärztinnen und Ärzte versteht. Es fehle aber oft an Zeit und Sprachkenntnissen. „80-jährige Opis brauchen einfach die Erklärung 10, 20 Mal und das geht halt nicht in einem Gespräch, wo man super aufgeregt ist.“

Unternehmerische Werte ersetzen alte Schönheitsideale

Die Wahl von Valentina Busik zeigt exemplarisch, für was die einst bekannteste deutsche Miss-Wahl mittlerweile steht: Unter Führung von Max Klemmer, der in die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters getreten ist, haben die „Miss Germany Studios“ den einstigen Schönheitswettbewerb in den vergangenen Jahren komplett umgemodelt (WELT hatte berichtet). Es geht nach eigenen Angaben nicht mehr um Laufsteg-Auftritte im Bikini, sondern um Frauen, die etwas bewegen wollen. Dieses Mal stand noch mehr als in den vergangenen Jahren das Thema Wirtschaft und Frauen in der Arbeitswelt im Fokus.

Gestartet war die Staffel 2024/25 mit mehr als 1000 Bewerberinnen. Unter die neun Finalistinnen schafften es auch eine Zimmerin und eine Patentanwältin.

Sie traten in den Kategorien Female Founder (Gründerinnen), Female Mover (Frauen in männerdominierten Berufsfeldern) und Female Leader (Führungskräfte) an. Jurys wählten die drei Gewinnerinnen – Busik siegte in der Sparte Mover. Aus diesem Trio konnte dann erstmals das Publikum – sowohl im Saal als auch Zuschauer und Zuschauerinnen etwa bei Tiktok – die „Miss Germany“ bestimmen.

Der Veranstaltungssaal ist kleiner geworden

Der Tenor bei der Final-Show war schnell klar: Frauen können laut sein, Frauen können etwas erreichen. Und vor allem können sie so viel mehr als nur gut aussehen, wie Moderatorin Lola Weippert gleich zu Beginn feststellte.

Vorjahressiegerin Apameh Schönauer sagte: „Du kannst lächeln und trotzdem ernst genommen werden. Du kannst leise sein und trotzdem brüllen.“ Frauen machten das unterstützt von Familie und Freunden, mit viel Mut und geleitet von einer Frage: „Warum nicht?“, sagte die Architektin und gab direkt ein Beispiel: „Warum nicht Heels tragen und trotzdem die Chefetagen besetzen?“

Langjährige Beobachter des Wettbewerbs stellten fest, dass die Veranstaltung mit der Zeit kleiner geworden sei. So fand das Finale zwar zum 23. Mal im Europa-Park statt, aber in einem kleineren Saal.

Unter Zirkuszeltoptik feierten Familien und Freunde die Finalistinnen. Sie hatten Banner, Fähnchen, Luftballons und Tröten dabei. Weil der Geräuschpegel hoch war, musste Moderatorin Weippert immer wieder um Ruhe bitten.

Bald auch Abschied vom Europa-Park

Viel Fleiß, Schweiß und Tränen seien in die Vorbereitung des Abends geflossen, sagte Klemmer. Neun Monate hätten alle auf diesen Abend hingearbeitet.

Nun ging die Veranstaltung zum vorerst letzten Mal im größten Freizeitpark Deutschlands über die Bühne. Vor dem 100-jährigen Jubiläum des Wettbewerbs 2027 soll es in eine größere Stadt gehen. Die Bewerbungsrunde für die Staffel 2025/26 läuft schon, Kandidatinnen können sich für eine Gebühr von 99 Euro anmelden.

dpa/krott