AboKauf von US-Rüstungsgütern –
Wermuth: «Trump ist ein rechtsextremer Wahnsinniger, mit dem wir keine Waffengeschäfte machen sollten»
700 Millionen Franken hat die Schweiz für die F-35 und die Patriot-Raketen bereits an die USA überwiesen. Die SP will dennoch lieber heute als morgen aus dem Vertrag aussteigen.

2019 wurde die F-35 auf dem Militärflugplatz in Payerne erstmals der Schweizer Öffentlichkeit präsentiert.
Foto: Gunter Fischer (Getty Images)
Ist auf die USA noch Verlass? Seit Donald Trump im Amt ist, hat das mächtigste Land der Welt in vielerlei Hinsicht eine politische 180-Grad-Wende vollzogen. Am heftigsten spürt das derzeit die Ukraine. Diese Woche haben die USA ihrem ehemaligen Verbündeten die Geheimdienstinformationen entzogen. Die Patriot-Abwehrraketen, welche die Ukrainer noch von der Biden-Regierung erhalten haben, können die russischen Bombenangriffe seither nur noch in beschränktem Mass abwehren.
Patriot-Abwehrsysteme hat auch die Schweiz beim US Department of Defense (DoD) bestellt. Bis 2030 sollen die Systeme im Wert von 2,3 Milliarden Franken ausgeliefert werden. Noch teurer ist die Beschaffung der 36 Kampfjets des Typs F-35. Dafür hat die Schweiz mit den US-Behörden einen Kaufvertrag von 6 Milliarden Franken abgeschlossen.
Hergestellt werden die Güter zwar von zwei privaten US-Rüstungsfirmen. Der Ansprech- und Vertragspartner ist aber in beiden Fällen das DoD, das seit Januar unter der Leitung von Ex-Fox-News-Showhost Pete Hegseth steht.
Obwohl noch kein einziger Jet und noch keine Abwehrbatterie in die Schweiz ausgeliefert wurde, hat das Bundesamt für Rüstung bis dato bereits Gelder im Umfang von knapp 700 Millionen Franken in die USA überwiesen. Die Zahlungen sind für «Beschaffungsvorbereitungen» und die «Herstellung von Komponenten» bestimmt, wie das Amt auf Anfrage mitteilt.
Cédric Wermuth: «Kauf war ein kapitaler Fehler»
FDP-Präsident Thierry Burkart stellte im Interview mit dieser Redaktion Mitte Woche infrage, ob auf die USA noch Verlass sei. Das Land begebe sich teilweise in das «Denkmodell von autokratischen Staaten». Die Schweiz tue in Zukunft gut daran, bei gleichwertigen Angeboten europäische Anbieter gegenüber den USA zu bevorzugen, so Burkart. Bereits vereinbarte Beschaffungen von US-Rüstungsgütern vorzeitig abzubrechen, hält der FDP-Präsident aber für falsch.
Von Cédric Wermuth erntet er für diese Aussagen scharfe Kritik. «Dass Burkart sich nun für eine ‹Europe First›-Strategie bei der Rüstungsbeschaffung einsetzt, ist ein schlechter Witz», sagt der SP-Co-Präsident. Burkart habe sich als Leiter der Kampagne zur F-35-Beschaffung an vorderster Front für den amerikanischen Kampfjet eingesetzt. «Nun tut er so, als ob der Umschwung in der amerikanischen Sicherheitspolitik völlig überraschend kam.» Dabei sei bereits seit der ersten Trump-Wahl 2016 klar, in welche Richtung sich das Land bewege.

Cédric Wermuth will keine Waffengeschäfte mit Trumps Administration machen.
Urs Jaudas
Wermuth plädiert dafür, dass die Schweiz so schnell wie möglich aus dem Kaufvertrag mit den Amerikanern aussteigt – selbst wenn dies eine Konventionalstrafe zur Folge hat. «Der Kauf der F-35-Kampfjets war ein kapitaler Fehler», sagt er. Je schneller die Politik bereit sei, dies zuzugeben, desto kleiner könne der Schaden gehalten werden. Die Schweiz könne sich in ihrer Sicherheitspolitik nicht in die Abhängigkeit der USA begeben. «Donald Trump ist ein rechtsextremer Wahnsinniger, mit dem die Schweiz keine Waffengeschäfte machen sollte», so der SP-Co-Präsident.
Unsicherheit beim Preis
Auch die Grünen fordern, dass der F-35-Kauf erneut auf den Prüfstand gestellt wird. Neben sicherheitspolitischen Bedenken führen sie auch die hohen Kosten ins Spiel. «Die versprochenen Fixpreise gelten nicht, und es zeichnen sich bereits heute horrende Mehrkosten ab», sagt Nationalrat Balthasar Glättli.
Zwar wurde in einer vertraulichen Erklärung – die auch von der zuständigen US-Behörde unterzeichnet wurde – festgehalten, dass es sich um «fixed-price contracts» handle. Den definitiven Kaufvertrag hält das Verteidigungsdepartement von Viola Amherd (Mitte) aber unter Verschluss.
Die Eidgenössische Finanzkontrolle sagte kürzlich gegenüber der NZZ, dass es «keine rechtliche Sicherheit für einen Festpreis im Sinne einer Pauschale nach schweizerischer Rechtsprechung» gebe. Auch gibt es im Streitfall keine Gerichtsbarkeit. Wenn Trump plötzlich den Preis erhöht, wären die Möglichkeiten der Schweiz folglich relativ begrenzt.
Italienischer Jet als Alternative zu F-35-Kauf?
Nicht nur die Schweiz, auch andere europäische Länder beginnen, ihre Abhängigkeit von den USA in der Sicherheitspolitik zu überdenken. Als Folge sind die Aktienkurse von europäischen Rüstungsherstellern seit Trumps Amtseinsetzung rasant in die Höhe geschnellt, während die Aktien von US-Waffenherstellern sinken.
Österreich hat jüngst den Kauf neuer Kampfjets des Typs M-346 des italienischen Herstellers Leonardo bekannt gegeben. Die Kosten für zwölf Stück belaufen sich auf weniger als 1 Milliarde Euro. Auch in der Schweiz war der Jet ein Thema. Die SP brachte den Billigflieger vor sechs Jahren ins Spiel – und wurde dafür belächelt. Verteidigungsministerin Viola Amherd meinte, das Flugzeug würde nicht einmal für den Luftpolizeidienst reichen. Die Österreicher wollen nun mit der M-346 ihre Eurofighter entlasten, welche das Nachbarland ebenfalls besitzt.

Österreich hat beim italienischen Rüstungskonzern Leonardo zwölf M-346-Jets gekauft.
Foto: Rasid Necati (Getty Images)
Für SP-Ständerätin Franziska Roth ist der Entscheid der Österreicher «eine späte Bestätigung». Die SP habe immer gesagt, die Kombination der M-346 mit einer Staffel eines europäischen High-End-Kampfjets sei eine «gute Option für die Schweiz». Für die Ausbildung und die allermeisten Echteinsätze genüge die M-346 bei weitem. «Indem er den High-End-Kampfjet entlastet, spart das enorm Geld und Lärm.»
Aufgrund der drohenden Komplikationen mit den USA ist für Roth die Idee mit der M-346 jetzt wieder aktuell geworden. «Wir müssen analysieren, ob die IT-Abhängigkeit der F-35 von den USA sowie deren enorme technische und finanzielle Risiken für die Schweiz noch tragbar sind.» Andernfalls bleibe der Jet von Leonardo in Kombination mit etwas Robusterem eine «gute Alternative».
SVP-Ständerat Werner Salzmann winkt jedoch ab. Generell sagt er: «Es gibt keine Alternative zur F-35.» Dies sei der modernste Kampfjet. Nur mit ihm könne man die Schweizer Luftverteidigung stabilisieren. Zudem betont er, dass alle westlichen Kampfflugzeuge bei den spielentscheidenden Fähigkeiten amerikanische Technologien verwendeten. «Somit würde sich bei der Wahl eines anderen westlichen Kampfjets nichts bei den Abhängigkeiten ändern.»
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