Die Nachricht ist ernüchternd: In deutschen Weinanbaugebieten wurden 2024 nur 7,7 Millionen Hektoliter Weinmost geerntet – knapp zehn Prozent weniger als im Vorjahr. In Baden schrumpfte die Menge um ein Viertel auf 954.000 Hektoliter, in Württemberg um mehr als 18 Prozent auf 667.000 Hektoliter. Der deutsche Wein geht zur Neige, weil ein feuchtes Frühjahr, Pilze und andere Schädlinge die Ernte pulverisierten.

Wein hat keine Lobby

Ein Schock für regionale Winzer. Einnahmeverluste von zehn Prozent und mehr dürften in den kommenden Monaten zu weiteren Insolvenzen führen. Der öffentliche Aufschrei dürfte ausbleiben, weil die Weinbauern weitaus weniger Mitarbeiter beschäftigen als beispielsweise die Automobilindustrie. Wein hat keine Gewerkschaft und keine Lobby.

Empfohlene Artikel

Das Wandern ist der Saskia Lust, doch das wird ihr nun zum Verhängnis

Bemerkenswert jedoch: Der Aufschrei aus der Bevölkerung bleibt aus. Es scheint Millionen Verbrauchern egal zu sein, dass weniger Wein aus Deutschland in den Regalen bei Kaufland, Edeka, Aldi oder Lidl steht. Bereits jetzt stammen 56 Prozent aller Weinflaschen aus dem Ausland. Im Durchschnitt wird pro Flasche ausländischen Wein gerade mal 2,73 Euro bezahlt – etwas mehr als die 3,14 Euro pro Flasche hiesigen Riesling, Grauburgunder oder Trollinger.

Nur 19,3 Liter Wein pro Kopf und Jahr

Und noch eine erstaunliche Zahl: Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt in Deutschland nur noch bei 19,3 Litern Wein pro Jahr. Etwas weniger als zwei Flaschen pro Monat. In Portugal werden dagegen fast 62 Liter konsumiert. Weltweit betrachtet liegt die Menge bei mehr 200 Liter pro Kopf und Jahr.

Auf den Rückgang beim Bierkonsum in Deutschland folgt jetzt der Wein. Verbraucher trinken weniger – und was sie trinken, ist vielfach Fusel. Schade eigentlich. Deutschland war einst eine große Nation stolzer Bierbrauer. Deutscher Wein genoss international höchste Anerkennung. All das wird weniger. Damit verabschiedet sich still und leise auch ein Stück deutsches Kulturgut. [email protected]