Österreichs Arbeitsmarkt hält sich trotz Rezession erstaunlich gut. Auch die Beschäftigung stieg weiter. Ein Wermutstropfen ist die sinkende Arbeitszeit.
Es lief schon einmal besser in Österreich. Vorige Woche korrigierten die Wirtschaftsforscher ihre Prognosen nach unten: Österreich wird heuer das dritte Jahr in der Rezession verharren. Das ist bereits jetzt der längste Abschwung in der Geschichte der Zweiten Republik. Und auch für 2026 schließen die Ökonomen eine Verlängerung der Rezession nicht mehr aus. Auf dem Arbeitsmarkt aber schlägt sich dies nicht in vollem Ausmaß nieder. Das zeigen Zahlen des Arbeitsmarktservice (AMS) vom Dienstag: 397.000 Menschen waren im März in Österreich arbeitslos gemeldet, davon knapp 81.000 in einer Schulung.
Das ist zwar ein Anstieg um 7,4 Prozent im Vergleich zum März des Vorjahres. Doch damit erweise sich „der Arbeitsmarkt noch als relativ stabil“, analysierte Petra Draxl, Vorständin im AMS, am Dienstag die Zahlen. Die Arbeitslosigkeit stieg „nicht so stark, wie es die wirtschaftlich angespannte Situation erwarten ließe.“
Gute Zahlen kamen am Dienstag aus der Eurozone, wo die Arbeitslosigkeit im Februar (aktuellste verfügbare Zahlen) überraschend auf ein Rekordtief gesunken ist. 10,58 Millionen Menschen waren im Euroraum ohne Job, gab Eurostat bekannt. Die Arbeitslosenquote fiel laut internationaler Berechnung von 6,2 auf 6,1 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit Einführung des Euro im Jahr 1999.
Der Rückgang der Arbeitslosigkeit in der Eurozone ist umso erstaunlicher, als auch die Eurozone wirtschaftlich nicht vom Fleck kommt. Die positive Entwicklung sei auf Verbesserungen der Arbeitslosenquote in Südeuropa zurückzuführen, sagte Kamil Kovar von Moody‘s Analytics zu Reuters. Allerdings werden die wohl bevorstehenden Zölle der Trump-Administration diesen Trend stoppen.
Industrie stark betroffen
In Österreich gab es die stärksten Anstiege der Arbeitslosenzahlen im März in der Industrie mit 14,9 Prozent. Im Handel wurden 11.000 Jobs abgebaut, die Zahl der Arbeitslosen stieg um 9,1 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten erreichte im Februar mit 3,93 Millionen einen neuen Rekord. Besonders stark stieg die Beschäftigung in den Bereichen öffentliche Verwaltung, Krankenhäuser und Betreuung von älteren und beeinträchtigten Personen. Regional betrachtet gab es den geringsten Anstieg der Arbeitslosigkeit in Niederösterreich und im Burgenland. In Tirol hingegen stieg die Arbeitslosigkeit um 15,5 Prozent.
Die Wirtschaftsforscher erwarten, dass die Arbeitslosigkeit heuer weiter steigt, wenngleich sich der Arbeitsmarkt „angesichts der Dauer und Schwere der Rezession als relativ robust“ erweise, schreibt das Wifo in seiner Prognose aus der Vorwoche. Die Wirtschaftsleistung dürfte laut der Wifo-Prognose heuer um 0,3 Prozent schrumpfen. Besorgt geben sich Ökonomen über einen anhaltenden Trend: Zwar legte die Beschäftigung im Vorjahr weiter zu. Gleichzeitig jedoch sank die Arbeitszeit je Beschäftigten um 1,4 Prozent. Für heuer prognostizieren die Ökonomen einen weiteren Rückgang der Arbeitszeit um 0,4 Prozent. „Erst 2026 dürfte die Arbeitszeit je Beschäftigten wieder licht um 0,3 Prozent zulegen“, schreiben die Ökonomen des Wifo.
Das Institut für Höhere Studien (IHS) legte ebenfalls vorige Woche seine neue Konjunkturprognose vor und spricht darin von einer „im historischen Vergleich stabilen Arbeitsmarktlage“. Für die kommenden Monate sei eine stagnierende Beschäftigung und leicht steigende Arbeitslosenzahlen zu erwarten. Das IHS rechnet damit, dass erst im Laufe des Jahres 2026 die Beschäftigung wieder etwas an Fahrt aufnimmt und die Arbeitslosigkeit sinkt. Die Arbeitslosenquote dürfte heuer demnach auf 7,5 Prozent steigen und nächstes Jahr auf 7,3 Prozent zurückgehen.
Mehr Frauen auf dem Arbeitsmarkt
Eine gewisse Bewegung kommt derzeit durch das steigende Regelpensionsalter für Frauen in den Arbeitsmarkt: Beginnend mit Jänner 2024 wird die Altersgrenze für die normale Alterspension von Frauen bis zum Jahr 2033 jährlich um sechs Monate erhöht. Im Jahr 2033 soll es bei 65 Jahren liegen und damit auf dem Niveau der Männer. „Das heißt, dass in den nächsten Jahren vermehrt Frauen ab 60 Jahren auf dem Arbeitsmarkt aktiv sein werden“, schreibt das AMS in einer Sonderauswertung am Dienstag.
Erste arbeitsmarktrelevante Effekte seien bereits messbar: Im Jahr 2024 stieg die Beschäftigung von Frauen im Alter von 60 Jahren um fast 12.000 Personen im Vergleich zum Jahr 2023, heißt es in dem AMS-Bericht. Allerdings war auch die Arbeitslosigkeit in dieser Altersgruppe im Jahr 2024 um 2100 Personen höher als 2023. Es brauche Unterstützung für jene älteren Frauen, die keinen Job haben oder ihren Job kurz vor der Pension verlieren. (hie)