Nato- und EU-Flagge

Bild: Shutterstock.com

Nato-Außenministertreffen: USA bekräftigen Bündnistreue. Bundeswehr-General warnt vor zunehmenden russischen Aktivitäten.

Am Freitag ging das Treffen der Nato-Außenminister in Brüssel zu Ende. Große Aufmerksamkeit war auf die Frage gerichtet, wie es um die Einstellung der US-Regierung gegenüber der Nato steht und um die Geduld mit Russland.

Die Tagesschaumeldete, dass sich manche Sorgen beruhigen könnten, die USA würden sich weiter zur Nato bekennen: “Irgendwelche Abzugspläne? Nein, gar nicht, versicherte Mark Rutte noch vor Beginn des Treffens der Nato-Außenminister. “Wir wissen, dass die USA sich voll und ganz der NATO verpflichten”, betonte Rutte.”

US-Außenminister Marco Rubio bekräftigte nach dem Treffen am Freitag, dass Russland die Zeit davon laufe, um die amerikanische Regierung davon zu überzeugen, dass Moskau ernsthaft ein Friedensabkommen mit der Ukraine anstrebt. Man habe den Eindruck, dass die russische Führung auf Zeit spielt. In Washington verliere man die Geduld und fasse Sanktionen ins Auge, wird Rubio zitiert (New York Times).

“Wir werden schon bald wissen, in wenigen Wochen, nicht Monaten, ob es Russland mit dem Frieden ernst meint oder nicht.”

“Mit Krieg in klassischem Verständnis bedroht”

Indessen hieß es in der Welt am Sonntag zum Treffen der Verteidigungsallianz, dass man sich dort wachsende Sorgen vor russischen Angriffen mache. Aus Diplomatenkreisen wird der Zeitung gegenüber geäußert, dass Putin in den kommenden Jahren “herauszufinden versuchen (wird), ab welcher Eskalationsstufe die Nato bereit ist, Artikel 5 zu aktivieren, und wie glaubhaft die ‚kollektive Abschreckung‘ noch ist”.

Deutschland sei inmitten einer alarmierenden Sicherheitslage, so der Tenor des Titelartikels der Wochenendausgabe mit der Überschrift “General warnt vor Zunahme feindlicher Aktivitäten”. Gemeint sind konkret “feindselige Aktionen des Putin-Regimes”, wie der Befehlshaber des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr, Generalleutnant Alexander Sollfrank, wiedergegeben wird.

Die Welt hat den General interviewt und zitiert Sollfrank auf Seite 1 mit der Aussage:

Auch wenn wir derzeit noch keine konkreten Vorbereitungen hierfür erkennen, ist jedoch völlig unstrittig, dass wir mit Krieg in klassischem Verständnis bedroht sind.

Das lässt wegen offensichtlicher Einschränkungen, die die faktische Basis betreffen, und angesichts der “völlig unstrittig”-Rhetorik an den Alarmismus denken, der von renommierten Experten kürzlich kritisiert wurde.

Im Interview, das ein paar Seiten weitergeblättert zu lesen ist, präzisiert der General, dass man “diverse Formen von hybriden Angriffen, des Ausspähens, der Sabotage oder etwa Einflussnahmen durch Desinformation” sehe. Dies seien Formen von “hybrid warfare”, die von den Russen als “nicht lineare Kriegführung” bezeichnet würden.

Es geht um die Durchsetzung der Interessen im gesamten Spektrum von Machtprojektion. Dabei kommen Methoden des hybriden Kriegs zur Anwendung. In diesem Konzept werden die nächsten Stufen einer Eskalation vom lokalen zum regionalen und großmaßstäblichen Krieg mitgedacht und mitgeplant.

Generalleutnant Alexander Sollfrank

Die Zunahme dieser Operationen, einschließlich derer gegen die Bundeswehr, zeige, dass man bereits in einer Auseinandersetzung mit Russland stehe.

Wir beobachten eine Zunahme hybrider Angriffe, die sich gezielt auch gegen die Bundeswehr richten. Wir hatten bereits Vorgänge, die auf Sabotage deuten, etwa in Marineeinrichtungen. Metallspäne im Antrieb oder Altöl im Trinkwassertank sind hier nur zwei plakative Beispiele für Sabotage gegen zwei Fregatten der Marine. Wir erkennen zudem zunehmende Drohnenaktivitäten.

Allerdings räumt Sollfrank im Interview eine gewisse Unschärfe ein:

Was wir beobachten, ist nicht nur quantitativ anders als noch vor Jahren, sondern auch in der Qualität. Allerdings, die russische Urheberschaft solcher Aktionen ist nicht immer nachweisbar. Dieses Problem der sogenannten Attribuierbarkeit ist aber auch ein Wesenskern nicht linearer hybrider Aktivitäten. Ihr Zweck ist neben der unmittelbaren Schädigung die Verunsicherung der Bevölkerung und die Delegitimierung der staatlichen Institutionen.

Auch der rasche Wiederaufbau des russischen Militärarsenals auf Vorkriegsniveau und die beabsichtigte Vergrößerung auf 1,5 Millionen Soldaten sind für den Bundeswehr-General Indizien für Russlands Ambitionen.

Die Vergangenheit zeige, dass Russland bereit ist, seine Ziele mit Gewalt durchzusetzen, mahnt Alexander Sollfrank. Seine Interpretation von Äußerungen der russischen Führung deutet darauf hin, dass Russland die euro-atlantische Ordnung zu seinen Gunsten verändern möchte.

Die Bundeswehr sei noch nicht ausreichend auf die Abwehr von Drohnen vorbereitet, was ein signifikantes Sicherheitsrisiko darstellt, mahnt der General. Die technologische Entwicklung der Drohnentechnologie schreite schneller voran als die Abwehrmöglichkeiten der Bundeswehr.

Aber wir sind noch nicht erfolgreich genug in der Drohnenabwehr. Warum? Zum einen, bei Drohnen gibt es eine hohe technologische Dynamik. Das stellen wir immer wieder fest. Wir müssen als Bundeswehr mit dieser Technologieentwicklung mit unseren Abwehrmitteln schritthalten.

Auf die Frage, wie eng die US-Kooperation noch ist, antworte Sollfrank:

Militärisch gesehen, eng und zuverlässig, unverändert. Ich nehme politische Debatten und Ankündigungen in den USA natürlich wahr, aber militärisch sehe ich davon aktuell keine Auswirkungen. Die Nato funktioniert – geschlossen, abgestimmt, entschlossen.