Darf die Politik das Recht überstimmen? Nach der Verurteilung der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen gewinnt eine hitzige Debatte aus den USA auch in Europa an Fahrt.

Während die Welt wegen der amerikanischen Blockade gegen freien Handel in Panik gerät, macht sich die US-Regierung Sorgen um Europas Freiheit. Ein Opfer der „Hexenjagd linker Eliten“ ist nach Ansicht von Präsident Donald Trump Frankreichs Rechtspopulistin Marine Le Pen. Sie wurde wegen Veruntreuung von EU-Geldern zu einer Geld- und Haftstrafe verurteilt und darf für fünf Jahre nicht mehr für politische Ämter kandidieren – sofern ein Berufungsgericht das Urteil bestätigt.

„Wenn Linksradikale keine Wahl gewinnen, missbrauchen sie die Justiz, um ihre Gegner ins Gefängnis zu bringen. Das ist ein Standardvorgehen weltweit“, kommentierte Elon Musk. Ähnlich scharf reagiert US-Vizepräsident J. D. Vance, der mehrmals beklagte, Europas Meinungsfreiheit sei in Gefahr. Als Beweis führt er auch Rumänien an: Dort darf der rechtspopulistische Călin Georgescu nicht mehr bei der Präsidentenwahl im Mai antreten. Georgescu wird irreguläre Wahlkampffinanzierung vorgeworfen, auch soll er „demokratische Grundwerte missachten“. De facto wird er verdächtigt, Hilfe aus dem Kreml zu erhalten.

Erdrückende Beweislage gegen Le Pen

Der rumänische und der französische Fall sind sehr unterschiedlich: Die Richterin sprach Le Pen nicht wegen ihrer Ansichten schuldig, sondern weil sie Millionen Euro veruntreut hat. Die Beweislage ist erdrückend: Briefe und E-Mails dokumentieren deutlich, dass Le Pen und ihre Entourage wissentlich die Gelder missbraucht haben. Anders der Fall Georgescu, bei dem Begründung und Beweislage vage sind und Konkretes nur über Medienberichte durchsickert. Dieses Verfahren wurde schnell abgeschlossen, im Gegensatz zu jenem Le Pens, das Jahre dauerte.

In beiden Fällen spalten die Richtersprüche die Gesellschaft: Anhänger der Betroffenen mobilisieren gegen die Urteile, greifen Richter persönlich an, sprechen von gefährdeter Demokratie. Am Sonntag demonstrierten in Paris Tausende gegen „die Hinrichtung durch die Justiz“.

„Europa hat den Test nicht bestanden“

Anhänger der Trump-Regierung in den USA deuten dies als Zeichen, dass Trumps Kampf gegen „Lawfare“ – das Wort kombiniert Gesetz (law) und Kriegsführung (warfare) und impliziert eine politisierte Justiz – Europa erreicht hat. Schließlich kämpft Trump seit Jahren in unterschiedlichen Verfahren gegen die Justiz.

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