Der Preisauftrieb infolge des Ukraine-Krieges hat vor allem den ärmeren Haushalten in Deutschland zugesetzt. Preisbereinigt schrumpften die Vermögen der ärmeren Bevölkerungshälfte zwischen 2021 und 2023 preisbereinigt um mehr als 20 Prozent. Das ist das Ergebnis einer Studie der Bundesbank zur Finanzlage der privaten Haushalte.
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Im Durchschnitt besaßen die deutschen Haushalte im Jahr 2023 ein Nettovermögen von rund 324.000 Euro. Als arithmetisches Mittel ist das allerdings ein verzerrter Wert, weil wenige sehr hohe Vermögen den gesamten Schnitt extrem nach oben ziehen.
Aussagekräftiger ist der Medianwert. Das ist genau die Mitte der Vermögen: Die eine Hälfte hat mehr, die andere weniger. 2023 betrug das Medianvermögen laut Bundesbank 76.000 Euro – ein Wert, in dem sich die meisten Haushalte eher wiederfinden dürften. Zumal es nicht nur um Guthaben auf Bankkonten geht, sondern auch Immobilienbesitz und Fahrzeuge einberechnet werden.
Wenige Reiche, viele Ärmere
Die Bundesbank-Zahlen zeigen aber auch, dass der Wohlstand in Deutschland sehr ungleich verteilt ist. Mehr als 60 Prozent des gesamten Nettovermögens gehören den reichsten zehn Prozent der Bevölkerung. Die vermögensärmeren 50 Prozent besitzen dagegen nur knapp drei Prozent. An dieser Verteilung hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren wenig geändert.
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Auch im europäischen Vergleich steht die Bundesrepublik im Hinblick auf Verteilungsgerechtigkeit nicht besonders gut da. Ein Maßstab dafür ist der sogenannte Gini-Koeffizient. Er gibt an, wie gleichmäßige Einkommen oder Vermögen in einer Gesellschaft verteilt sind. Die Skala reicht von 0 (minimale Ungleichheit) bis 100 (maximale Ungleichheit). Bei einem Wert von 0 verfügen alle Personen über das gleiche Vermögen, bei einem Wert von 100 konzentriert sich das gesamte Vermögen auf eine einzige Person und alle anderen besitzen gar nichts.
Reale Werte bewegen sich natürlich irgendwo zwischen diesen Extremen. In Deutschland liegt der Gini-Koeffizient für Vermögen laut Bundesbank bei 76,34 – also ein Indikator für eine ziemlich ungleiche Verteilung. Noch ungleicher sind die Vermögen innerhalb der Eurozone nur in Österreich verteilt, alle anderen Länder haben niedrigere Gini-Koeffizienten. Der Durchschnitt im Euroraum liegt bei 72,34.
Wenn man die Struktur der deutschen Privatvermögen aufschlüsselt, zeigen sich einige typische Unterschiede zwischen reichen und ärmeren Haushalten. Die vergleichsweise bescheidenen Vermögen der ärmeren Haushalte bestehen vor allem aus Sparguthaben auf Banken, selbst genutzten Immobilien und Autos.
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Die obersten Klassen besitzen nicht nur häufiger Immobilien, sondern insbesondere Betriebsvermögen, es handelt sich also zu einem guten Teil um Unternehmerinnen und Unternehmer. Auch Wertpapiere finden sich deutlich öfter in den Portfolios des Wohlhabenden.
39 Prozent der Haushalte in Deutschland hatten Schulden. Die Bundesbank verzeichnet hier einen leichten Rückgang um 2 Prozentpunkte gegenüber 2021. Als Erklärung führen die Fachleute die Konsumzurückhaltung während der Corona-Pandemie an. Möglicherweise hätten in dieser Zeit auch ärmere Haushalte sparen oder Schulden abbezahlen können.
Die Zahlen der Bundesbank beziehen sich auf eine Erhebung aus dem Zeitraum zwischen Mai 2023 und Februar 2024. Befragt wurden rund 4.000 Privathaushalte zum Besitz von Sachwerten wie Immobilien, Fahrzeugen und Schmuck sowie Finanzvermögen. Jüngere Entwicklungen wie die seit der zweiten Jahreshälfte 2024 wieder gesunkene Inflation oder gar die aktuellen Börsensprünge bildet die Bundesbankstudie daher nicht ab.