Klares Signal an den russischen Machthaber Wladimir Putin: Deutschland und rund 40 weitere Staaten haben der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die Kreml-Truppen langfristige Unterstützung versprochen. „Wir haben heute erhebliche Fortschritte gemacht“, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zum Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe vor dem Wochenende in Brüssel. Es habe Hilfs-Zusagen für die Ukraine aus der ganzen Welt gegeben.
Deutschland hatte zuvor bereits unter anderem die Lieferung von Luftabwehrsystemen, Panzern und Artillerie-Munition angekündigt. Mit jüngsten Beschlüssen des Bundestages könne Deutschland elf Milliarden Euro bis 2029 mehr als bisher geplant an Hilfen zur Verfügung stellen.
Wir müssen uns eingestehen, dass Frieden in der Ukraine in naher Zukunft unerreichbar ist.
Boris Pistorius, deutscher Verteidigungsminister (SPD)
Sein britischer Kollege John Healey sprach von knapp fünf Milliarden Euro an Hilfen in diesem Jahr und sagte 400 Millionen Euro am Freitag zu. Der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas zufolge haben allein die europäischen Länder in diesem Jahr 23 Milliarden Euro zugesagt.
Die Ukraine steht im Osten des Landes unter starkem Druck und sieht sich heftigen Luftangriffen ausgesetzt. Daran habe auch die Friedensinitiative der USA unter Präsident Donald Trump nichts geändert, sagte Pistorius. „Wir müssen uns eingestehen, dass Frieden in der Ukraine in naher Zukunft unerreichbar ist.“ Eine militärisch starke Ukraine bleibe notwendig. „Nur dann kann der Verhandlungsprozess zu einer dauerhaften und gerechten Friedenslösung führen.“
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Die Ukraine-Kontakgruppe besteht aus rund 40 Staaten weltweit, die das Land unterstützen. Erstmals tagt sie unter Vorsitz von Deutschland und Großbritannien. Die USA haben ihre Führungsrolle in der Gruppe seit dem Präsidentenwechsel von Joe Biden zu Donald Trump aufgegeben. Verteidigungsminister Pete Hegseth ließ sich aber zuschalten. Persönlich war auch der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow anwesend und informierte über die Lage. Er sagte, es gebe weiterhin Unterstützung der USA.
Unter Führung Deutschlands wurde zudem eine neue Unterstützergruppe mit Schwerpunkt der elektronischen Kriegsführung gebildet. Dabei soll es um Hilfen etwa rund Aufklärung sowie den Einsatz und Abschuss von Drohnen gehen. Der britische Verteidigungsminister Healey verwies darauf, dass auf dem Schlachtfeld inzwischen rund drei Viertel der Verluste an Menschenleben durch Drohnen verursacht würden.
Pistorius hatte zuvor folgende deutsche Waffenhilfen angekündigt:
4 Luftabwehrsysteme Iris-T mit 300 Lenkflugkörpern25 Schützenpanzer Marder15 Kampfpanzer Leopard1A5300 Aufklärungsdrohnen 100.000 Schuss ArtilleriemunitionBodenüberwachungsradare
Die Ukraine ist für ihre Luftverteidigung auf die Unterstützung ihrer Partner angewiesen, ist aber auch zum Kauf weiterer Flugabwehrsysteme bereit. Das betonte Präsident Wolodymyr Selenskyj nach dem Treffen. „Die Ukraine bittet nicht nur – wir sind bereit, die entsprechenden zusätzlichen Systeme zu kaufen“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. „Starke Waffen sind das Einzige, auf das man vertrauen kann, um Leben zu schützen, wenn man einen Nachbarn wie Russland hat.“
„Wir zählen auf die Entscheidungen unserer Partner – wir brauchen die Systeme, sie sind in der Welt verfügbar, und wir brauchen eine politische Entscheidung, damit die Luftabwehr hier in der Ukraine funktioniert“, betonte Selenskyj. Er erinnerte zugleich an die jüngsten russischen Luft- und Raketenangriffe auf ukrainische Städte.
Briten wollen „Hunderttausende Drohnen“ liefern
Ob die Zusagen reichen werden, um der Ukraine eine effektive Fortsetzung des Kampfes gegen Russland zu ermöglichen, ist allerdings höchst unklar. Grund ist der Kurs von Trump, der bislang keine neuen Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt hat und Kiew und Moskau stattdessen in Verhandlungen über einen Waffenstillstand drängen will. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth war nicht zum Treffen der Ukraine-Verbündeten nach Brüssel gereist, sondern ließ sich per Video zuschalten.
„In naher Zukunft (…) werden wir sehen, was mit einer US-Beteiligung, mit der US-Unterstützung passiert“, sagte Pistorius. „Ich bin nicht in der Lage, in die Kristallkugel zu schauen. Wir warten ab.“ Europa übernehme mehr Verantwortung, auch innerhalb der Nato.
Neben Deutschland stellte bei dem Treffen unter anderem auch Großbritannien weitere Details der Unterstützung vor. Ein von Norwegen mitfinanziertes Paket im Wert von mehr als 500 Millionen Euro soll unter anderem die Lieferung von Radarsystemen, Panzerabwehrminen und „Hunderttausenden Drohnen“ ermöglichen.
In den Reihen der russischen Streitkräfte in der Ukraine kämpfen nach Angaben von Selenskyj mehrere Hundert Chinesen. „Uns liegen Informationen vor, wonach mindestens mehrere Hundert chinesische Staatsbürger als Teil der russischen Besatzungstruppen kämpfen“, erklärte er der Ramstein-Gruppe nach Angaben ukrainischer Medien.
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„(Kremlchef Wladimir) Putin hatte nicht genug Soldaten aus Nordkorea – jetzt versucht er, die Verluste auszugleichen, indem er eine andere Nation ins Spiel bringt – die Chinesen“ Selenskyj.
Selenskyj hatte vor einigen Tagen die Gefangennahme von zwei auf russischer Seite in der Ukraine kämpfenden Chinesen gemeldet und dann erklärt, es handle sich nicht um Einzelfälle. Er wies darauf hin, dass die auf russischer Seite kämpfenden Chinesen im Widerspruch zur offiziellen Position Pekings stünden. China habe immer vor einer Eskalation des Kriegs gewarnt. (Reuters, dpa)