„30 Jahre Sebnitzer Dachdeckermeister“ ist die Anzeige im örtlichen Amtsblatt in Sebnitz (Sachsen) überschrieben. Handwerker Ronney W. bedankt sich bei seinen Kunden und Geschäftspartnern.

Auf den ersten Blick eine ganz normale Jubiläumsanzeige, wie sie tausendfach in lokalen Zeitungen erscheinen. Vermutlich fiel deshalb bei der Anzeigenkontrolle dann auch nicht auf, dass sich weiter unten noch ein Absatz verbirgt – und der hat es in sich.

„Keine Hakennasen, Bimbos oder Zeppelträger!“: Die kritisierte antisemitische und rassistische Stellenanzeige im Amtsblatt der Stadt Sebnitz.

„Keine Hakennasen, Bimbos oder Zeppelträger!“: Die kritisierte antisemitische und rassistische Stellenanzeige im Amtsblatt der Stadt Sebnitz. (Foto: Privat)

„Ausbildungsplatz ab 2026 ABER: keine Hakennasen, Bimbos oder Zeppelträger.“ Was nun ein „Zeppelträger“ ist, darüber ist sich das Netz uneins. Manche vermuten einen Quertreiber, andere einen Zopfträger. Auf der Plattform Reddit fällt des Öfteren der Begriff „Hygienemaskenträger“. Über „Hakennasen“ und „Bimbos“ hingegen muss nicht diskutiert werden. Es sind antisemitische bzw. rassistische Begriffe.

Verlag zeigt sich „zutiefst erschüttert“

Aber warum erschien die Anzeige dann überhaupt? Im Netz kursiert als Grund die Vermutung, dass das Inserat kurzfristig einging und deshalb nicht mehr ordentlich geprüft wurde.

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Auf Anfrage der SV-Gruppe wollte der Verlag Linus Wittich Medien KG einen späten Abgabetermin weder bestätigen noch dementieren. Geschäftsführer Jens Hofenbitzer distanziert sich aber klar vom Wortlaut des Inserats: „Wir sind zutiefst erschüttert über die Veröffentlichung der diskriminierenden und menschenverachtenden Zeitungsanzeige im letzten Amtsblatt der Großen Kreisstadt Sebnitz.“

Medienhaus entlässt Mitarbeiter fristlos

Weiter heißt es: „Die Veröffentlichung dieser Zeitungsanzeige war ein schwerwiegender Fehler, für den wir aufrichtig um Entschuldigung bitten. Dieser Fehler ist nicht wiedergutzumachen, und wir bedauern zutiefst, dass er geschehen ist“, so der Geschäftsführer. Mit der Stadtverwaltung stehe man im engen Austausch.

Zudem habe das Unternehmen „mit sofortiger Wirkung“ sämtliche Geschäftsbeziehungen zu dem betreffenden Gewerbekunden aufgekündigt – der Verlag behalte sich weitere rechtliche Schritte vor.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen hat das Medienhaus in der Zwischenzeit geprüft und in Form einer fristlosen Kündigung umgesetzt. Hofenbitzer verspricht: „Wir werden unsere internen Prozesse umgehend überprüfen und anpassen, um sicherzustellen, dass sich ein solcher Vorfall niemals wiederholt.“

Stadt zeigt Verlag und Verfasser an

Auch die Stadtverwaltung hat sich bereits kurze Zeit nach Veröffentlichung klar vom Text des Inserats distanziert. In einer Mitteilung der Stadt heißt es: „Volksverhetzung, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit haben bei uns keinen Platz und werden in jeder Form abgelehnt. Ein Strafantrag gegen den Verfasser sowie den Verlag wurde bereits gestellt.“

Die Reaktion der Stadtverwaltung Sebnitz auf die Anzeige im Amtsblatt.

Die Reaktion der Stadtverwaltung Sebnitz auf die Anzeige im Amtsblatt. (Foto: Screenshot Facebook)

Lisa Thea Steiner, Kreisvorsitzende der Partei Die Linke Sächsische Schweiz Osterzgebirge (SOE), ist tief enttäuscht: „Wer von ‚Hakennasen‛ und ‚Bimbos‛ spricht, verlässt jeden zivilisatorischen Grundkonsens. Dass diese Worte in einem Amtsblatt erscheinen konnten, ist ein unfassbarer Vorgang und ein politisches Alarmsignal. Rassismus und Antisemitismus sind keine Meinung – sie sind ein Verbrechen.“

Linke sehen Stadt in der Verantwortung

Die Partei fordert zudem rechtliche Konsequenzen für Ronney W. Mittlerweile soll auch mehrere Strafanzeigen aus den Reihen der Linken gegeben haben – gegen Verlag, Verfasser und die Stadt. Letztere sehen die Linken-Politiker in der Verantwortung. Wie die sächsische Landesparteichefin Susanne Schaper gegenüber der Deutschen-Presse-Agentur sagt, könne sich die Stadtverwaltung nicht herausreden: „Wir erwarten, dass die Stadtverwaltung umgehend ihre Abläufe ändert und sicherstellt, dass niemand mehr menschenverachtende Inhalte im Blatt platzieren kann.“

Aufgrund des Vorfalls ruft die Linke SOE zu einer gemeinsamen Kundgebung am Montag, 21. April, um 10 Uhr auf dem Marktplatz in Sebnitz auf.

Das allein sollte dem Handwerker bereits weh tun, doch die Konsequenzen könnten noch drastischer sein. Denn ob er bei einer derartigen Gesinnung noch Kunden oder einen Auszubildenden findet, ist zumindest fraglich. Vielleicht fühlt sich aber eine gewisse Klientel gerade jetzt auch angesprochen.