8. Mai 2025
Es droht das dritte Jahr in Folge eine Rezession, doch bange ist den wenigsten Experten. Hier erklären sie, warum Deutschland eine große Zukunft hat – und was dafür nötig ist.
Überraschend. Henrik Ahlers beginnt seinen Vortrag auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel mit dem Satz: „Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind gut.“ Es klingt, als würde der Chef von EY Deutschland zwei Jahre Rezession und ein aktuelles Stillstand ignorieren, den langsamen Verfall der Infrastruktur, die mangelnde Digitalisierung und wie deutsche Unternehmen bei Zukunftsthemen wie künstlicher Intelligenz und Elektroautos immer weiter hinter die internationale Konkurrenz zurückfallen.
Doch er ist trotz all dieser schlechten Nachrichten in der Diskussionsrunde nicht allein. Auch die anderen halten das Glass eher für halb voll. „Wir sollten mehr nach vorne schauen“, sagt etwa Marcel de Groot, CEO von Vodafone Deutschland, und nutzt eine Analogie aus der Autowelt: „Der Rückspiegel ist aus gutem Grund kleiner als die Windschutzscheibe.“ Nach vorne schauen, meint er, auf die Zukunft und die Chancen. Anpacken müssten alle, das ist die Devise des Panels: „Wir brauchen ein anderes Mindset“, sagt etwa Astrid Hamker, Präsidentin des CDU-Wirtschaftsrates, „die Menschen hierzulande haben sich zu sehr an den Aufschwung gewöhnt.“ Doch jetzt müsse dieser eben auch wieder erarbeitet werden. Diskussionen über Work-Life-Balance und die Vier-Tage-Woche hält sie dabei für hinderlich. Impulse für mehr Leistungsbereitschaft müssten von allen in der Gesellschaft ausgehen, nicht nur von der Politik.
Besonders von der neuen Bundesregierung erwarten aber auch die Experten auf dem Gipfel einiges. Schließlich haben sich CDU/CSU und SPD zum Start Sondervermögen von 500 Milliarden Euro gegönnt. „Damit müssen sie uns jetzt eine Perspektive geben“, sagt Ahlers. Als Beispiel nennt er die Infrastruktur: „Wir sind bei der Infrastruktur immer noch die Nummer 3 der Welt – wenn wir das jetzt verbessern, wird das ein echtes Asset.“ Denn ausländische Investoren kämen gern nach Deutschland. „Microsoft hat für die kommenden Jahre ein Investitionsprogramm von 500 Milliarden Dollar – davon würden die gerne auch Geld in Deutschland ausgeben.“
Zu sehr verlassen sollte sich Deutschland aber nicht auf das US-Geld, sondern eben auch die heimischen Investitionen fördern. Der EY-Deutschland-Chef lobt in diesem Zusammenhang die kommende Superabschreibung, die die neue Bundesregierung plant. Sie wäre jetzt ein schnell wirkender Hebel. Überhaupt habe Deutschland mit seinen vielen mittelständischen Unternehmen einen Vorteil: „Wir haben bei Investitionen einen viel längeren Atem als börsennotierte Konzerne, die ihren Aktionären alle drei Monate Rechenschaft ablegen müssen.“
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