„Schwätzt mat!“ (Redet mit!) Dieser Aufforderung sind alle Gruppen der luxemburgischen Gesellschaft seit Oktober 2024 gefolgt, um breit angelegt in Gesprächen ihre Bedürfnisse in einer Rentenreform darzulegen.

Von der Gruppe „Jugendrot“, den Studierenden, Seniorenverbänden bis zum Nachhaltigkeitsbeirat und den Gewerkschaften sollte der Konsens über eine tragfähige Rente für die Zukunft erarbeitet werden. Nun hat die Luxemburger Regierung unter dem Konservativen Luc Frieden (CSV) ihrerseits geliefert und Eckpunkte einer Rentenreform in Luxemburg in der Rede zur Nation vorgelegt.

Auch 230.000 Grenzpendler aus Nachbarländern betroffen

Demnach müssen nicht nur die Bewohner Luxemburgs bis zum Eintritt in die Rentenphase länger arbeiten, sondern auch die rund 230.000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus den Nachbarländern wie Deutschland mit seinen rund 40.000 Pendlern. So wird die für den Rentenanspruch erforderliche Berufslaufbahn schrittweise um jeweils drei Monate pro Jahrgang verlängert. Das gesetzliche Mindestalter bleibt dabei weiterhin bei 65 Jahren.

Ab wann dies gelten soll, lässt Frieden noch offen. Ziel sei es, dass sich das tatsächliche Renteneintrittsalter dem gesetzlichen Renteneintrittsalter annähert. „Heutzutage ist es nicht ungewöhnlich, dass die Rentendauer fast der Zahl der Beitragsjahre entspricht. Es ist klar, dass diese Situation nicht länger tragbar ist“, sagt der Luxemburger Premier mit Blick auf die Rentenkasse und ihre Reserven. Denn tatsächlich hat das Großherzogtum mit einem durchschnittlichen Renteneintrittsalter von 60,2 Jahren das niedrigste effektive Renteneintrittsalter aller EU- und OECD-Länder.

Allerdings wird die Reform erst die künftigen Rentnergenerationen treffen: Wer schon im Ruhestand ist oder kurz davor steht, soll nicht von der Rentenreform betroffen sein. Zudem soll eine Altersteilzeit eingeführt werden und den Übergang in die Rente erleichtern. Wer im Alter von Armut bedroht ist, für den wird eine Sozialhilfe neu eingeführt. Auch sollen Studienjahre und „Babyjahre“ weiter für die Altersbezüge angerechnet werden können.

So soll die Reform finanziell abgesichert werden

Um das Rentensystem in den kommenden 15 Jahren finanziell abzusichern, plant Luc Frieden zusätzliche Steuereinnahmen: „So wäre es beispielsweise möglich, die Hälfte der Einnahmen aus der CO₂-Steuer für soziale Maßnahmen zu verwenden“, sagt er. Übersteigen jedoch die Rentenausgaben die Einnahmen, bleiben die Regelungen der Rentenreform von 2012 gültig – vor allem die Abschaffung des dreizehnten Monats und die geringere Rentenerhöhung.

Ist die Regierung den Gewerkschaften bei der Beibehaltung des Renteneintrittsalters von 65 Jahren entgegengekommen, so bleiben die Rentenbeiträge im Sinne der Arbeitgeber gleich. Ob dies alles reicht, muss die zuständige konservative Ministerin für Gesundheit und soziale Sicherheit, Martine Deprez, nun im Detail und im Zeitplan ausarbeiten und festzurren.

Widerstand regt sich allerdings bereits jetzt in der Luxemburger Opposition: So rechnet der sozialistische LSAP-Abgeordnete und ehemalige Präsident der Abgeordnetenkammer, Mars di Bartolomeo, vor, dass ein heute 38-Jähriger mit dieser Rentenreform fünf Jahre länger arbeiten müsse, um in Luxemburg in Rente gehen zu können. Die rechte ADR spricht von einer Reform „auf dem Rücken der jungen Leute“. Und die Grünen (Déi Gréng) sprechen von einem Missbrauch der CO2-Steuer: „Das war nicht ihr ursprünglicher Zweck“, heißt es. Und so wollen die Gewerkschaften am 28. Juni gegen den Rentenreformentwurf demonstrieren und mehr Mitsprache einfordern.