Die Rede zur Lage der Nation des Premierministers ist am Mittwoch in der Chamber unerwartet in eine Rentendebatte abgedriftet – sehr zum Missfallen von Luc Frieden. Dieser betonte mehrfach nach den anschließenden Debatten, dass seine Sozialversicherungsministerin für das Dossier zuständig sei und er nicht in der Chamber sei, um „technische Einzelheiten“ zu erläutern.

Dennoch verriet er einige Details zu seinen Plänen für die Rentenreform, die bisher noch nicht bekannt waren. Die Regierung plant progressiv, die Beitragsjahre jährlich um drei Monate anzuheben. Kommt das Gesetz noch dieses Jahr zustande, könnte es 2030 anlaufen, so Frieden. Wer also heute um die 45 Jahre alt ist, müsste schlussendlich rund 2,5 bis drei Jahre mehr arbeiten.

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Auf Nachfrage des Déi Lénk-Abgeordneten Marc Baum bestätigte zudem Frieden, dass diese Maßnahme ebenso Staatsbedienstete betreffen soll. Das liegt daran, dass seit einer Reform von 1999 private und öffentliche Rentenregimes mit einer langen Übergangsperiode aneinander angepasst wurden.

Verlängerung der Beitragsjahre: „Ist es wirklich so schrecklich?“

Der Kritik anderer Parteien, die sich gegen eine Verlängerung der Beitragsjahre ausgesprochen haben, erwiderte Frieden, dass die Lebenserwartung in den letzten Jahren auch in Luxemburg stark angestiegen sei. Zudem wehre sich der Premier gegen das Argument, länger zu arbeiten sei etwas „Schreckliches“.

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„Ist es wirklich so eine schreckliche Perspektive, nicht mit 60 Jahren in Rente zu gehen, sondern mit 61 Jahren, wenn ich danach 30 Jahre von meiner Rente profitieren kann?“, fragte Frieden die Abgeordneten.

Die Sozialversicherungsministerin Martine Deprez (CSV) sei nun damit beauftragt, die Details zur Rentenreform auszuloten und bis zum Sommer zu präsentieren, bestätigte Frieden zudem. Wichtig sei für ihn, „Verantwortung zu übernehmen“, da es „erstaunlich“ sei, dass die Luxemburgerinnen und Luxemburger im EU-Vergleich so früh in Rente gehen. So könne das Rentensystem längerfristig nicht am Leben gehalten werden, so der Premier.

Das Wichtigste aus Luc Friedens Rede zur Lage der Nation. Video: Luxemburger Wort, mit KI-Anwendung erstellt.

Frieden ist „kein Freund der Straße“

Der Kritik der Gewerkschaften, die angekündigt haben, stärker für ihre große Demonstration am 28. Juni zu demonstrieren, sagte Frieden gegenüber Radio 100,7, es sei „normal in einer Demokratie, dass verschiedene Meinungen ausgedrückt werden“.

Unsere Aufgabe ist es nicht, uns auf Demonstrationen zu konzentrieren.

Luc Frieden (CSV)

Premierminister

Das Leben gehe nach der Demonstration aber weiter. „Unsere Aufgabe ist es nicht, uns auf Demonstrationen zu konzentrieren.“ Frieden sei zudem „kein Freunde der Straße, sondern des Dialogs“.

Frieden will mit NATO-Ziel einen „Reputationsschaden“ für Luxemburg vermeiden

Frieden äußerte sich im Radio-Interview am Donnerstagmorgen ebenso zur Verteidigung und den Plänen der Regierung, ihr NATO-Ziel bereits Ende des Jahres erreichen zu wollen. Das würde bedeuten, dass Luxemburg jährlich 1,2 Milliarden statt 800 Millionen im Jahr für seine Verteidigung ausgeben würde, was also zwei Prozent vom RNB bedeuten würde.

Auch Luxemburg müsse sich darauf einstellen, dass Russland längerfristig „kein Partner“ mehr sein werde, sondern „jemand, der eine Gefahr ist“. Was die USA anbelangt, so hätten „unsere amerikanischen Freunde uns im Stich gelassen“, so Frieden gegenüber Radio 100,7. Luxemburg dürfe sich bei der Verteidigung demnach nicht mehr bloß auf „das Geld der anderen“ verlassen.

Wir wollen einen größeren Reputationsschaden vermeiden.

Luc Frieden

Die Regierung habe sich vor allem dafür entschieden, die Erhöhung der Verteidigungsausgaben zu beschleunigen, um einen „Reputationsschaden für Luxemburg“ zu verhindern, sagt Frieden. „Stellen Sie sich vor, ich besuche den NATO-Gipfel in Den Haag und über uns wird gesagt, Luxemburg komme seinen Verpflichtungen nicht nach, obwohl wir das Land in Europa mit dem höchsten BIP sind. Das wäre ein großer Schaden für unser Land.“