Die Debatte über den Anteil der
Verteidigungsausgaben an der Wirtschaftskraft sollte nach Ansicht von
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nicht überbewertet werden. “Diese
Diskussion um Prozentzahlen vom BIP, das ist eine Hilfskonstruktion, um
mal Richtwerte zu haben, in welche Richtung wir denn mit der
Aufrüstung der Streitkräfte gehen”, sagte Merz in der ZDF-Sendung maybrit illner.

Stattdessen sollte es seiner Meinung nach mehr
um die konkreten militärischen Fähigkeiten gehen. “Wir müssen die
Fähigkeit entwickeln, den europäischen Kontinent aus eigener Kraft
heraus verteidigen zu können”, sagte der CDU-Vorsitzende. “Da sind viele
Dinge aufzuholen, die wir in den letzten Jahren gemeinsam versäumt
haben
– und daran orientieren wir uns.” Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte sich
bei einem Nato-Treffen in der Türkei öffentlich hinter die Forderung
von US-Präsident Donald Trump gestellt
, die Ausgaben auf fünf Prozent des BIP zu erhöhen.

Koalitionspartner reagieren verhalten

Vizekanzler und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) reagiert
ebenfalls zurückhaltend auf Wadephuls Vorschlag
. Es müsse zunächst
der Nato-Gipfel im Juni in Den Haag abgewartet werden,
sagte Klingbeil dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). “Ich rate
dazu, dass jetzt niemand vorprescht und über Zahlen spekuliert.” 

Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) pflichtete Merz bei. Es komme nicht auf Prozente an, “entscheidend ist, dass
die Nato-Fähigkeitsziele, die dann auch festgelegt werden, schnell,
umfassend und zeitgerecht erfüllt werden”. Aus diesen Zielen leitet sich nach Angaben aus Bündniskreisen eine Quote von 3,5 Prozent ab. Der SPD-Politiker sagte, dass auch Wadephul wisse: “Die
Aufstellung des Etats für Verteidigung liegt im Einzelplan 14, also in
meinem Haus.” 

Höhere Verteidigungsausgaben für Deutschland

Das derzeitige Nato-Ziel für die
jährlichen Verteidigungsausgaben beträgt mindestens zwei
Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Deutschland erreichte es im Jahr 2024
knapp – andere Staaten wie Italien, Spanien und Belgien waren bis
zuletzt noch deutlich davon entfernt. Auf dem Nato-Gipfel Ende Juni will das Bündnis neue Ausgabenziele festlegen.

Für Deutschland, das führte Bundeskanzler Merz in der vergangenen Woche aus, würde eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben je Prozentpunkt ungefähr einem Plus von 45 Milliarden Euro entsprechen. Würde die Bundesrepublik ein solches Fünf-Prozent-Ziel erreichen, würden sich die Ausgaben für Verteidigung derzeit auf 225 Milliarden Euro pro Jahr belaufen – und damit knapp die Hälfte der gesamten Ausgaben des Bundeshaushalts ausmachen.

Das wäre auch dann eine finanzielle Kraftanstrengung, wenn künftig Infrastrukturausgaben in den Verteidigungsetat eingerechnet werden könnten. Zurzeit kursieren Vorschläge, die in diese Richtung gehen. Nato-Generalsekretärs Mark Rutte etwa schlug vor, 3,5 Prozent für “harte
Militärausgaben” und 1,5 Prozent für verwandte Ausgaben wie
Infrastruktur, Cybersicherheit “und ähnliche Dinge” auszugeben. Der US-Nato-Botschafter Matthew Whitaker äußerte sich in dieser Woche ähnlich.

Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl gibt es für das laufende Jahr bislang keinen Haushalt, was die Finanzierung eines höheren Nato-Ziels schwieriger macht. Als mögliche Frist für die
Erfüllung eines neuen Ziels für die Verteidigungsausgaben gilt das Jahr
2032. Durch das 500
Milliarden Euro schwere Sondervermögen und die gleichzeitig beschlossene Lockerung der Schuldenbremse für
Verteidigungsausgaben gibt es allerdings eine finanzielle Grundlage.

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