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Die angespannte Wohnungssituation in Deutschland ist auch auf eine Krise im Baugewerbe zurückzuführen. Doch die letzten Monate sorgen wieder für Hoffnung – ist das der Start einer Trendwende?
Wiesbaden – Das Baugewerbe spricht von „leichtem Optimismus“: In den ersten drei Monaten des Jahres sind in Deutschland mehr neue Wohnungen genehmigt worden. Die Zahl stieg um 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal auf 55.400, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag (16. Mai) mitteilte. Im März wurde demnach der Bau von 19.500 Wohnungen genehmigt – ein Plus von sogar 5,8 Prozent im Vorjahresvergleich. Der Wohnungsbau kam in den vergangenen Jahren immer weiter ins Stocken und verschärfte die Wohnsituation vor allem in Großstädten enorm.

Ein Bauarbeiter bei der Arbeit: Das Baugewerbe in Deutschland hat schwere Zeiten hinter sich. Nun wächst wieder der Optimismus. © IMAGO/Daniel Kubirski
Die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser legte von Januar bis März besonders stark um 15,3 Prozent auf 10.600 zu. Bei Zweifamilienhäusern dagegen sank die Zahl genehmigter Wohnungen um fast neun Prozent auf rund 3.000. Bei Mehrfamilienhäusern blieb die Zahl der Genehmigungen mit 28.800 Wohnungen nahezu konstant. Weitere Wohnungen wurden etwa in bestehenden Gebäuden genehmigt.
„Eine Wende ist das nicht“: Verbandschef drückt die Erwartungen
Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, sieht in den Zahlen „erste Anzeichen einer realwirtschaftlichen Erholung“. Die Talsohle beim Wohnungsbau „dürfte durchschritten sein“.
Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, Felix Pakleppa, betonte: „Eine Wende ist das nicht.“ Deutschland sei immer noch weit entfernt vom Niveau vergangener Jahre. So seien 2021 und 2022 im ersten Quartal jeweils mehr als 90.000 Wohnungen genehmigt worden. Ein solches Niveau brauche es, um einen jährlichen Bedarf von deutlich über 300.000 Wohnungen langfristig abzudecken.
Forderungen an Schwarz-Rot: „Müssen bauen, bauen, bauen“
Der Bedarf an Wohnungen wachse „ungebrochen“, insbesondere in den Ballungszentren, erklärte Pakleppa. Die neue Bundesregierung müssen „schnell in die Vollen gehen“, um zügig für bessere Bedingungen zu sorgen. Auch der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbands, Tim-Oliver Müller, mahnte, das im Koalitionsvertrag geschnürte Paket für den Wohnungsbau nun auch umzusetzen. „Wir müssen bauen, bauen, bauen.“
Die neue Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) hatte am Donnerstag bei der Vorstellung ihres Regierungsprogramms im Bundestag ein „ambitioniertes Tempo“ beim Wohnungsbau versprochen. Sie wolle dafür in den ersten 100 Tagen der Regierung einen Gesetzentwurf für einen „Wohnungsbau-Turbo“ vorlegen, um schnelleres Bauen zu ermöglichen.
Hubertz holt die „Brechstange“ vor: Die neue Regierung macht sich an die Arbeit
Hubertz verwies auf die geplante Einführung des Paragrafen 246e im Baugesetzbuch: Er sei die „Brechstange“, die die Branche brauche. Mit dem Paragrafen soll der Wohnungsbau in angespannten Wohnungsmärkten vereinfacht und beschleunigt werden.
Die neue Bundesjustiz- und Verbraucherschutzministerin Stefanie Hubig (SPD) kündigte am Freitag im Bundestag an, sie werde die Verlängerung der Mietpreisbremse rasch auf den Weg bringen. Bauindustrie-Hauptgeschäftsführer Müller erklärte, die Mietpreisbremse deckele die Mieten von denjenigen, die bereits zur Miete wohnen. Einen Investitionsanreiz im Wohnungsbau schaffe sie nicht. „Aber genau den brauchen wir, um neuen Wohnraum zu schaffen.“ (afp, lf)