Stand: 16.05.2025 18:39 Uhr

Wegen der Entlassung von Verfassungsschutz-Chef Müller stand die Brandenburger Innenministerin Lange heftig in der Kritik. Ministerpräsident Woidke hatte sie bis zuletzt verteidigt. Nun erklärte Lange ihren Rücktritt.

Die Innenministerin von Brandenburg, Katrin Lange (SPD), hat ihren Rücktritt erklärt. Das hat sie am Freitagnachmittag auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in der Staatskanzlei in Potsdam bekanntgegeben.
 
Zuvor hatte es in Land und Partei Debatten über Langes Rolle bei der Entlassung von Verfassungsschutz-Chef Jörg Müller gegeben. Die 53 Jahre alte SPD-Politikerin hatte Müller vor rund eineinhalb Wochen entlassen, weil sie nach eigenen Aussagen von der Entscheidung zur Hochstufung der AfD in Brandenburg erst Wochen später unterrichtet wurde. Es gab jedoch Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihrer Darstellung – und nach mehreren Medienberichten Hinweise, dass sie vorher informiert worden war, aber die Hochstufung der Landes-AfD habe bremsen wollen.

Lange bemängelt “Geheimniskrämerei” des Verfassungsschutz

Er habe sie “über bedeutende Sachverhalte nicht ordnungsgemäß und viel zu spät unterrichtet”, konkretisierte Lange nun. Durch den “zeitlichen Ablauf der Ereignisse” habe sie ihre Fraktion aber vor den Kopf gestoßen. Der daraus entstandene Unmut sei berechtigt.
 
Dennoch fühle sie sich “hintergangen”, sagte Lange. Die Gründe für die Hochstufung des Verfassungsschutzes habe die Öffentlichkeit bis heute nicht erfahren. Der Verfassungsschutz lehne eine Veröffentlichung des Einstufungsvermerks auch in teilgeschwärzter Form ab. “Auch eine solche Geheimniskrämerei möchte ich nicht verantworten, denn nur eine informierte Öffentlichkeit kann das Handeln der Regierung kritisch hinterfragen”, so Lange.

Archivbild: Katrin Lange (r, SPD), Brandenburgs Ministerin des Inneren und für Kommunales. (Quelle: dpa/Stache)

Brandenburger Jusos fordern Lange zum Rücktritt auf

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Rücktrittsgrund: “Diffamierungen und offener Hass”

Ihren Rücktritt begründet Lange einerseits damit, sie wolle der “notwendigen Geschlossenheit” in der Koalition nicht im Weg stehen. Andererseits sei ausschlaggebend, dass ihr Unterstellungen und Diffamierungen, – auch aus der eigenen Partei – entgegegen gebracht wurden. Sie sei nicht länger bereit, das zu akzeptieren.

 
Bezüglich der AfD kommentierte Lange, die Partei müsse politisch gestellt, deren Wählern entsprechende Angebote gemacht werden. Die Partei sei gesichert rechtsextrem, Lange sei aber nicht bereit, ein Drittel der Brandenburger abzuschreiben. “Für eine solche Haltung schlägt mir offener Hass entgegen”, auch aus der eigenen Partei würden ihr “unmöglichste Dinge unterstellt”, so Lange.

Katrin Lange (r, SPD), Brandenburgs Ministerin des Inneren und für Kommunales, sowie Dietmar Woidke (l, SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, unterhalten sich vor Beginn des Treffens mit Landrätinnen, Landräten und Oberbürgermeistern aus Brandenburg.

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Woidke: Lange dient mit dem Schritt dem Land

Am Ende bedankte sich Lange bei Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD): Brandenburg könne sich glücklich schätzen, einen “echten roten Preußen zu haben”. Sie werde weiterhin für die SPD im Landtag sitzen, allerdings nicht mehr für den stellvertretenden Vorsitz der Brandenburger Partei kandidieren. Bis eine Nachfolge für die Ministerin gefunden sei, werde die Ministerin und Chefin der Staatskanzlei, Kathrin Schneider, das Innenministerium führen, teilte die Staatskanzlei mit.
 
Woidke erklärte bei der Pressekonferenz, er sei “emotional angefasst”. Er respektiere die Entscheidung und sei überzeugt, dass sie dem Land mit diesem Schritt diene. Bis zuletzt hatte der Brandenburger Ministerpräsident Lange den Rücken gestärkt.

Opposition: notwendiger und unabwendbarer Schritt

Der Vorsitzende der Brandenburger CDU, Jan Redmann teilte mit, Langes Rücktritt sei nach den Entwicklungen der letzten Tage unabwendbar gewesen. “Jetzt muss es darum gehen, dass die Unabhängigkeit des Verfassungsschutzes schnellstmöglich wieder hergestellt wird”, so Redmann.
 
Laut Sebastian Walter, Landesvorsitzender der Brandenburger Linken, habe Lange mit dem Rücktritt selbst verdeutlich, dass sie Fehler gemacht habe. “Deshalb muss Dietmar Woidke sich jetzt öffentlich beim ehemaligen Verfassungsschutz-Chef Müller entschuldigen und ihn wieder einstellen. Nur so kann weiterer Schaden abgewendet werden.”

Archivbild:Dietmar Woidke (l-r, SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, Katrin Lange (SPD), Brandenburgs Ministerin des Inneren und für Kommunales, am 26.02.2025.(Quelle:picture alliance/dpa/S.Stache)

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Lange galt als mögliche Nachfolgerin Woidkes

Das Amt der Innenministerin trat die 53-Jährige vor rund fünf Monaten nach der Landtagswahl 2024 an. Zuvor war Lange Finanzministerin in Brandenburg. Ihr wurden vor der Verfassungsschutz-Affäre große Chancen eingeräumt, Brandenburgs Ministerpräsidenten Woidke zu beerben. Sie galt als seine Vertraute und ist seine Stellvertreterin an der Spitze der Landes-SPD.

Lange war bereits Staatssekretärin im Infrastrukturministerium und Innenministerin, bis sie 2019 als Ministerin das Finanzressort und nach der Landtagswahl 2024 das wichtige Innenressort übernahm.

Die 53-Jährige ist für eine klare Kante und manch kernige Aussagen bekannt. Im Landtag hatte sie vor einiger Zeit eine AfD-Forderung nach ihrer Entlassung zurückgewiesen mit den Worten: “Das können Sie sich von der Backe putzen. Ich bin aus der Prignitz. Ich lasse mich nicht provozieren.” Lange ist in ihrer Heimat Pritzwalk verwurzelt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 16.05.2025, 18:00 Uhr