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Wadephuls Vorstoß sorgt für Unruhe in Berlin. Klingbeil mahnt zu Besonnenheit bei Aussagen über die Höhe der Verteidigungsausgaben. Die Nato-Debatte spitzt sich zu.

Berlin – Bundesaußenminister Johann Wadephul hat mit seinem Vorstoß zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben für Unruhe gesorgt – nicht nur die SPD soll von Wadephuls Ankündigung überrascht worden sein. Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil ruft als Reaktion zur Zurückhaltung auf.

Wadephul unterstützt Trumps Fünf-Prozent-Forderung für die Nato – Klingbeil verweist auf Koalitionsvertrag

Wadephul unterstützte bei einem Treffen der Nato-Außenminister am Donnerstag (15. Mai) die Forderung von US-Präsident Donald Trump, dass die Nato-Staaten fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung aufwenden sollten. Lars Klingbeil betonte gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland, dass zunächst der Nato-Gipfel im Juni in Den Haag abgewartet werden solle: „Ich rate dazu, dass jetzt niemand vorprescht und über Zahlen spekuliert.“

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Klingbeil, Merz, Spahn

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In der Debatte über die Verteidigungsausgaben verwies Klingbeil auf den Koalitionsvertrag. Die Regierung habe „vereinbart, dass wir massiv in die Bundeswehr und in unsere Verteidigungsfähigkeit investieren“, erklärte der SPD-Vorsitzende. Union und SPD hätten sich jedoch auch verpflichtet, nur gemeinsam mit ihren Partnern zu handeln. Die Entscheidung über die Fähigkeitsziele werde auf dem Nato-Gipfel getroffen. „Und dann wird sich Deutschland an diese Verabredung halten“, sagte der Finanzminister laut einem Bericht der Deutschen Presseagentur in Berlin.

Regierungsstreit über Nato-Ziel? Pistorius kontert Wadephul – „Etat-Aufstellung liegt in meinem Haus“

Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte zu Wadephuls Vorstoß: „Entscheidend ist weniger die Prozentzahl. Entscheidend ist, dass die Nato-Fähigkeitsziele, die dann auch festgelegt werden, schnell, umfassend und zeitgerecht erfüllt werden.“ Am Ende werde natürlich über drei Prozent oder mehr gesprochen, erklärte der SPD-Politiker. Auch Wadephul sei bewusst: „Die Aufstellung des Etats für Verteidigung liegt im Einzelplan 14, also in meinem Haus.“

Wadephuls Ansage überraschte wohl nicht nur die Sozialdemokraten, sondern auch den Kanzler, wie die Bild-Zeitung berichtete. Friedrich Merz habe Klingbeil versichert, dass die Aussagen des Außenministers beim Nato-Treffen nicht mit ihm abgestimmt gewesen seien.

Außenminister Wadephul stellt sich hinter Trumps Fünf-Prozent-Forderung – Vizekanzler Lars Klingbeil verweist auf Koalitionsvertrag.

Außenminister Wadephul stellt sich hinter Trumps Fünf-Prozent-Forderung – Vizekanzler Lars Klingbeil verweist auf Koalitionsvertrag. (Symbolbild) © IMAGO / Mike Schmidt, IMAGO / Political-MomentsNato-Fünf-Prozent-Forderung: Merz versucht Debatte über Verteidigungsausgaben zu bremsen

Am Donnerstagabend versuchte Merz in der ZDF-Sendung Maybrit Illner, die Debatte zu bremsen: „Diese Diskussion um Prozentzahlen vom BIP, das ist eine Hilfskonstruktion, um mal Richtwerte zu haben, in welche Richtung wir denn mit der Aufrüstung der Streitkräfte gehen.“ Merz betonte, dass es mehr um die konkreten militärischen Fähigkeiten gehen solle, anstatt um den Anteil der Verteidigungsausgaben an der Wirtschaftskraft. Zu Wadephuls Vorstoß äußerte sich der Kanzler am Donnerstagabend jedoch nicht direkt.

Das derzeitige Nato-Ziel für Verteidigungsausgaben sieht jährliche Ausgaben von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor. Deutschland erreichte dieses Ziel 2024 knapp. Laut Merz würde jeder zusätzliche Prozentpunkt für Deutschland eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben um etwa 45 Milliarden Euro bedeuten. Fünf Prozent würden demnach gegenwärtig jährliche Aufwendungen von 225 Milliarden Euro erfordern.

Verteidigungsausgaben: Grüne kritisieren Wadephul-Ansage als „naiv“

Während SPD-Vertreter bislang eher zurückhaltend auf Wadephuls Aussagen reagierten, stieß der Vorstoß bei der Opposition auf scharfe Kritik. „Es wirkt etwas naiv, wenn Außenminister Wadephul denkt, er könne sich bei Präsident Trump anbiedern, indem er unseriös und jenseits des Koalitionsvertrages möglichst große Zahlen in den Raum wirft“, sagte Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten.

Wie auch Klingbeil und Pistorius verwies Brugger auf das Nato-Treffen im Juni: „Stattdessen braucht es eine solide Planung basierend auf den modernisierten Verteidigungsplänen der Nato, die in ein paar Wochen auf dem Gipfel beschlossen werden.“ (pav mit dpa)