Große Sorge in Israel, Überraschung in den USA: Donald Trump galt lange als größter Freund Israels, ging in seiner ersten Amtszeit hart gegen die islamistischen Feinde des jüdischen Staates vor. In den ersten Wochen der neuen Amtszeit versprach er Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (75) Großtaten. Doch nun verfolgt er eigene Ziele in Nahost – womöglich auf Kosten Israels.
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Trump …
▶︎ beendete die US-Angriffe auf die Huthi-Terroristen im Jemen, obwohl diese weiterhin Israel mit ballistischen Raketen und Drohnen beschießen.
▶︎ ließ seine Vertreter heimlich mit der palästinensischen Hamas verhandeln, um eine Geisel mit amerikanischer Staatsbürgerschaft zu befreien.
▶︎ verhandelt ein neues Atom-Abkommen mit dem Iran, das in Israel größtes Misstrauen weckt.
▶︎ hob Sanktionen gegen die neue Syrien-Regierung auf, die Israel derzeit als gefährlichen Akteur betrachtet.
▶︎ unterzeichnete milliardenschwere Rüstungsdeals mit Saudi-Arabien.
Und bei seiner großen Nahost-Reise besuchte er zwar arabische Länder, legte aber keinen Zwischenstopp in Israel ein. Beobachter fragen sich: Verrät Donald Trump jetzt auch Israel?
Lesen Sie auch„Es ist eine Neuausrichtung seiner Haltung zu Israel“
„Ich würde es nicht Verrat nennen. Es ist eine Neuausrichtung seiner Haltung zu Israel und dem Nahen Osten“, sagt Michael Oren, früherer israelischer Botschafter in Washington.
Oren erklärt, worum es Trump derzeit geht: „Amerikas Interessen bestehen darin, eine Verwicklung in Konflikte in der Region zu vermeiden und stattdessen enorme Investitionen in die amerikanische Wirtschaft zu lenken. Und ich denke, es gibt auch eine persönliche Komponente: Herr Trump wünscht sich Anerkennung als Friedensstifter, vielleicht sogar einen Friedensnobelpreis.“
Israels Ex-Botschafter in Washington, Michael Oren (69)
Foto: picture alliance / AP Photo
Von einem offenen Bruch mit Israel will Oren jedoch nicht sprechen: „Es scheint ihn nicht sonderlich zu stören, dass wir weiterhin die Huthi bombardieren, und er ist bereit, uns die Munition dafür zu liefern. Wir hatten bisher keine Situation, in der wir gegen seinen Willen gehandelt hätten.“
Doch das könnte sich ändern, wenn Trump einen Atom-Deal mit dem Iran schließt, den Israel nicht akzeptieren kann. Denn: Das islamistische Mullah-Regime arbeitet am Bau einer Atombombe und finanziert Terror-Organisationen an Israels Grenzen. Israel fürchtet, dass die USA ihre Sanktionen gegen den Iran lockern, ohne sicher zu sein, dass das Atomprogramm tatsächlich beendet wird.
Trump mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani (44)
Foto: AP
Oren zu BILD: „Die israelische Regierung würde dann sagen: ‚Hört zu, das können wir nicht akzeptieren, und wir fühlen uns daran nicht gebunden.‘ Und wenn Israel dann versucht, eigenständig Maßnahmen gegen das iranische Atomprogramm zu ergreifen, hätte das Folgen.“
Trump macht „America First“ – auch auf Kosten Israels
Andere israelische Experten halten Trump noch immer für einen großen Verbündeten Israels. Asher Fredman vom Misgav-Institut für Nationale Sicherheit sagte zu BILD, dass der US-Präsident „wiederholt seine starke Unterstützung für Israel unter Beweis gestellt hat“.
Allerdings verfolge er auch in der Außenpolitik seinen „America First“-Ansatz mit Fokus auf wirtschaftliche Verbindungen. „Das erklärt zum Beispiel, warum seine erste Sorge in Bezug auf die Huthi darin bestand, die Freiheit der amerikanischen Schifffahrt sicherzustellen, und warum seine erste Auslandsreise in die Golfstaaten führte“, so Fredman.
Trump unterzeichnete bei seiner Nahost-Reise stolz milliardenschwere Deals mit arabischen Herrschern
Foto: Getty Images
In Israels Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen werde Trump jedoch „voraussichtlich jede Entscheidung Israels unterstützen“, glaubt der israelische Experte. Ob einen Waffenstillstand oder eine große Militäroperation.
Trumps Auftritt in Katar löste bei vielen Israelis jedoch Unruhe aus. Das Emirat ist der langjährige Finanzier der Hamas-Terroristen und hofiert die palästinensischen Islamisten bis heute. Seit Jahren pumpt Katar Milliarden in US-Denkfabriken und -Universitäten, um Einfluss auf die amerikanische Politik zu nehmen. Nun bot das Land dem US-Präsidenten an, ihm ein Flugzeug zu schenken. Wert: 400 Millionen Dollar. Gegenleistung: völlig unklar.
Michael Oren war 2009 bis 2019 Israels Botschafter in den USA. Der studierte Historiker ist Autor mehrerer Bücher über Israel, die USA und den Nahen Osten, darunter ein Standardwerk zum Sechstagekrieg. Er veröffentlichte Gastbeiträge in zahlreichen US-Zeitungen wie der New York Times und dem Wall Street Journal.
Asher Fredman ist Direktor der israelischen Denkfabrik „Misgav Institute for National Security and Zionist Strategy“. Zuvor arbeitete in leitenden Funktionen im israelischen Ministerium für Strategische Angelegenheiten, darunter als Stabschef des Ministers. Er ist auch Stipendiat der rechtskonservativen US-Denkfabrik „Heritage“.