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Ein Militär-Experte befürchtet einen russischen Angriff unter Wladimir Putin auf die Nato in Litauen. Er rät zu sehr vielen Bundeswehr-Kampfdrohnen.

Rūdninkai – Das Baltikum wird seitens der Verteidigungsallianz Nato immer wieder als mögliches Angriffsziel des brutalen Moskau-Regimes des Kreml-Autokraten Wladimir Putin genannt. So gilt zum Beispiel die unfertige Eisenbahnstrecke Rail Baltica zwischen Estland, Lettland und Litauen mit Blick auf Logistik und Nachschub als militärische Schwachstelle.

Abschreckung von Wladimir Putins Russland: Kampfdrohnen sollen im Baltikum helfen

Die Furcht wegen der Schrecken, die im Ukraine-Krieg zu beobachten sind, ist in den baltischen Staaten, die einst in der Sowjetunion in ihrer Unabhängigkeit unterdrückt wurden, vielerorts greifbar. Ein deutscher Militär-Experte hat für die dortigen Nato-Truppen jetzt Kampfdrohnen als „Abschreckungswirkung“ gegen Putin gefordert.

Sie sollten bestenfalls im möglichen Verteidigungsfall gegen Russland in großer Zahl vor Ort zur Verfügung stehen. „Die (Kampfdrohnen, d. Red.) sind dazu da, auf bis zu 100 Kilometer Distanz, also viel weiter als eine Artillerie schießen könnte, Gefechtsfahrzeuge zu bekämpfen. Und zwar auch, wenn der Gegner elektronische Kampfführung macht, also stört“, erklärte Dr. Frank Sauer von der Universität der Bundeswehr München am Dienstagabend (20. Mai) bei „Markus Lanz“ im ZDF.

Eine Panzerhaubitze 2000 der Bundeswehr steht bei einer Nato-Übung in Litauen. Ein Militär-Experte fordert zudem viele Kampfdrohnen wie die HX-2 (li.) für die dortigen deutschen Truppen.

Eine Panzerhaubitze 2000 der Bundeswehr steht bei einer Nato-Übung in Litauen. Ein Militär-Experte fordert zudem viele Kampfdrohnen wie die HX-2 (li.) für die dortigen deutschen Truppen. © Montage IPPEN.MEDIA / IMAGO / photothek / SOPA ImagesBei Markus Lanz im ZDF: Militär-Experte fordert sehr viele Kampfdrohnen für die Bundeswehr

Für die letzten hunderte Meter übernehme dann „die Künstliche Intelligenz und macht den Zielanflug“ dieser sogenannten lauernden Waffen, die mehrere Stunden über einem Zielgebiet kreisen und in hoher Geschwindigkeit im Sturzflug auf ein militärisches Ziel stürzen können. Politikwissenschaftler Sauer gilt als Waffen-Experte und hat sich in seiner Arbeit intensiv mit dem Bedrohungspotenzial durch das russische Regime in Europa auseinandergesetzt. Er alarmierte in dem ZDF-Politik-Talk regelrecht, in dem es am Dienstagabend bei Moderator Markus Lanz auch um die Asylpolitik der neuen schwarz-roten Bundesregierung ging.

„Wir sitzen in einer derartigen Zwickmühle, dass es absolut notwendig ist, dass wir die Bundeswehr mit diesen Sachen so schnell wie nur irgendwie möglich ausstatten. Und die (Kampfdrohnen, d. Red.) zum Beispiel den 5000 Männer und Frauen geben, die in Litauen die Brigade stellen“, sagte Sauer in der Sendung weiter und bekräftigte mit Blick auf Putins Imperialismus: „Damit klar ist: Wenn russische Panzer nach Litauen rein wollen, fällt auf jeden russischen Panzer, wenn es so weit käme, mindestens eine, wenn nicht zwei oder drei von diesen Teilen. Dann ist die Hoffnung, dass nichts passiert, also dass wir erfolgreich abschrecken.“

Suwałki-Lücke

Die Suwalki-Lücke bezeichnet als Begriff der Nato das dünnbesiedelte Gebiet an der Grenze zwischen Litauen und Polen, das eine 104 Kilometer breite Engstelle der Landverbindung zwischen den baltischen Staaten und deren Nato-Verbündeten darstellt. Zugleich ist dort die russische Exklave Kaliningrad am wenigsten weit weg vom Moskauer Partner Belarus. Benannt ist der Korridor nach der benachbarten polnischen Stadt Suwałki (rund 69.000 Einwohner).

Bundeswehr-Brigade in Litauen: Mit 100 Leopard-2-Panzern an der Nato-Ostflanke

Deutschland will bis Ende 2027 südlich der litauischen Hauptstadt Vilnius eine Nato-Kampfbrigade mit bis zu 5000 Soldatinnen und Soldaten aus den Reihen der deutschen Bundeswehr aufstellen. Bewaffnet unter anderem mit rund 100 neuen Leopard-2-Panzern. Die litauische Regierung baut eigens für diese Bundeswehr-Brigade in Rūdninkai eine neue Kaserne, etwa 25 Kilometer südwestlich von Vilnius gelegen. Kostenpunkt: kolportiert eine Milliarde Dollar. Namentlich wird es sich dann um die deutsche Panzerbrigade 45 handeln, die in die 10. Panzerdivision der Bundeswehr integriert ist.

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) Anfang April berichtete, soll eine nennenswerte Anzahl von Kampfdrohnen für die Bundeswehr angeschafft werden. Zu diesem Zweck sollen „zeitnah“ Verträge mit Herstellern aus der Rüstungsindustrie unterschrieben werden. Dem Bericht zufolge soll zuerst eine kleinere Anzahl für Tests geordert werden. Als Lieferanten nennt die FAZ die deutschen Unternehmen Helsing und Stark Defense, jeweils mit Hauptsitz in München. Helsing hatte bei den Waffen-Lieferungen für die Ukraine bewiesen, dass es binnen kurzer Zeit tausende Kampdrohnen HX-2 produzieren kann – mit der genannten Reichweite von bis zu 100 Kilometern und integrierter KI.

Der Politikwissenschaftler Dr. Frank Sauer, Senior Research Fellow an der Universität der Bundeswehr München, bei „Markus Lanz“.

Der Politikwissenschaftler Dr. Frank Sauer, Senior Research Fellow an der Universität der Bundeswehr München, bei „Markus Lanz“. © Screenshot ZDFAbschreckung gegen Wladimir Putin: Bundeswehr soll viele Kampdrohnen erhalten

Was die Bestellung von diesen Kampfdrohnen angehe, sei man „in einem Prozess in Deutschland, der für Beschaffungsbürokratie-Verhältnisse in Deutschland in mehrfacher Lichtgeschwindigkeit abläuft. Im März und April wurde angekündigt, dass man solche Systeme für die Bundeswehr beschaffen will. Und man wird diese jetzt Ende des Jahres auch bestellen. Das ist noch nie dagewesen“, erzählte Militär-Experte Sauer im ZDF. Er forderte eine generell striktere Gangart mit Blick auf Putin und das Moskau-Regime, nachdem ein Ultimatum europäischer Regierungs- und Staatschefs für eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg unter Androhung harter wirtschaftlicher Sanktionen regelrecht verpufft war.

„Was wir über uns lernen: Wenn wir Ultimaten stellen und Drohungen in die Welt setzen, wir doch besser die Kugel im Lauf haben und den Finger am Abzug, sodass dann (…) wenn die Uhr tickt und abgelaufen ist, wir nur noch den Abzug ziehen. Und das haben wir nicht“, sagte Sauer. So könne man „einem Putin nicht drohen“. Der Politikwissenschaftler warnte unter Verweis auf das Baltikum, Putin könnte versuchen, „uns politisch zu sprengen, indem er mit einer begrenzten militärischen Aktion irgendetwas anzettelt, das die Nato auseinanderhaut“ Kampfdrohnen könnten deshalb für Abschreckung ganz zentral sein. (pm)