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Man wird Kanzler Friedrich Merz daran messen, dass er die Sicherheit Litauens mit der Deutschlands verknüpft.

Es ist bemerkenswert, dass Deutschland in Litauen eine Panzerbrigade stationiert. Wenn dann Kanzler Friedrich Merz den Menschen dort versichert, sie könnten sich auf „uns“ verlassen und die Sicherheit der beiden Staaten verknüpft, dann erinnert das an die gute alte Zeit, in der Solidarität im westlichen Bündnis keine Frage war.

Dieser Wohlfühlmoment währt allerdings nur kurz. Schnell drängt sich die Frage auf, ob „Deutschland“ dieses Versprechen im Ernstfall überhaupt halten könnte. Schließlich ist die Bundeswehr derzeit nur bedingt verteidigungsbereit, weil sie zwar viel versprochenes Geld hat, aber es allerdings sowohl an Soldatinnen und Soldaten wie auch an Waffen fehlt.

Merz in Litauen: Deutsche Panzerbrigade – ein schönes Symbol und ein Schritt, dem viele folgen müssen

Sicher würde Deutschland im Falle einer russischen Aggression gegen das Baltikum nicht alleine den Ländern beistehen. Es wäre schließlich ein Angriff auf die Nato. Doch die Stärke des atlantischen Verteidigungsbündnisses hängt im Wesentlichen von den USA ab. Und hier wird es einem mulmig, wenn man sich erinnert, dass US-Präsident Donald Trump nach ersten Rückschlägen an einem Frieden in der Ukraine nicht mehr interessiert ist und sich im Grunde von den Verhandlungen zwischen den USA und Russland zurückgezogen hat. Sollte er dann noch die finanziellen und militärischen Hilfen für die Ukraine einschränken, wird es düster.

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Die deutsche Panzerbrigade also ein schönes Symbol, das die Menschen in den baltischen Staaten beruhigt und die Nato-Ostflanke stärkt. Zugleich ist die erste dauerhafte Stationierung deutscher Einheiten im europäischen Ausland nur ein Schritt, dem noch viele folgen müssten, von denen aber niemand weiß, ob die Europäer sie gehen werden.

Mammut-Aufgabe Deutschland und EU-Staaten: Ukraine-Unterstützung und Vorbereitung auf Ernstfall

Deutschland und die anderen EU-Staaten müssen nicht nur weiter die Ukraine unterstützen. Sie müssen sich auch auf einen US-Rückzug bei der Hilfe für Kiew vorbereiten, den sie nicht vollständig kompensieren könnten. Und zusätzlich müssen sie weiter daran arbeiten, sich auf den Ernstfall vorzubereiten, also sich gegen einen möglichen Angriff Russland wappnen.

Deutschland geht hier zwar mit den Milliarden des Sondervermögens für Verteidigung voran und unterstützt jetzt auch Trumps Fünf-Prozent-Ziel. Doch völlig unklar ist, woher die zusätzlichen Milliarden kommen sollen. Deutschland müsste den Verteidigungshaushalt mit rund 90 Milliarden mehr als verdoppeln. Wie ein hoch verschuldetes Italien dies stemmen soll, bleibt rätselhaft.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, r) steht mit Boris Pistorius (SPD, M), Verteidigungsminister, bei Soldaten der Panzerbrigade 45. Sie ist dauerhaft in Litauen stationiert und soll die Ostflanke der Nato unterstützen.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, r) steht mit Boris Pistorius (SPD, M), Verteidigungsminister, bei Soldaten der Panzerbrigade 45. Sie ist dauerhaft in Litauen stationiert und soll die Ostflanke der Nato unterstützen. © Michael Kappeler/dpa

Doch kann die fehlende Ausrüstung etwa für die Bundeswehr gar nicht so schnell beschafft werden, weil die Rüstungsindustrie nicht so rasch liefern kann. Das gilt auch, wenn Heer, Luftwaffe und Marine in den USA oder Südkorea einkaufen. Auch dortige Kapazitäten sind begrenzt. Die Zahl der Soldatinnen und Soldaten lässt sich auch nicht über Nacht erhöhen. Dazu fehlen Freiwillige oder eine Wehrpflicht, die noch fern ist.

Hoffnung auf Ende des Ukraine-Kriegs nicht erfüllt: Trump und Putin haben Ausweg aus Misere verbaut

Auf einem ganz anderen Blatt steht, wie sehr die europäische Bevölkerung zu solch einem Kraftakt bereit ist. In Umfragen unterstützt beispielsweise hierzulande eine Mehrheit die Hilfen für die Ukraine und die Ausgaben für Verteidigung. Doch kann diese Stimmung schnell umschlagen, wenn die schwarz-rote Regierung die Liste der Kürzungen für den kommenden Haushalt vorlegt und Trumps Politik zusätzlich das Leben verteuert.

Einen anderen Ausweg aus der Misere haben Trump und der russische Autokrat Wladimir Putin verbaut. Sie haben die Hoffnungen auf einen Frieden in der Ukraine nicht erfüllt. Derzeit weiß keiner, ob, wann und wer darüber weiter spricht. Deshalb hat weder Kiew noch deren europäischen Verbündeten die Wahl.