Die Kurseuphorie über das Urteil des Gerichtshofs für Internationalen Handel bezüglich der weitreichenden Zollagenda von US-Präsident Donald Trump währte nur kurz. Nicht nur, weil das darauffolgende Gegenurteil des Bundesberufungsgerichts nur einen vorübergehenden Aufschub gewährt oder weil das Weiße Haus eigenen Angaben zufolge über andere Befugnisse verfügt, um ähnliche Zölle durchzusetzen. Vielmehr erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass das ohnehin schon hohe Maß an Unsicherheit Investitionen und Wachstum weiter belasten wird.

„Dieses Urteil macht die EU-Gespräche nicht einfacher. Der Bluff der 50-prozentigen Zölle auf Europa, der die Gespräche beschleunigte, wirkt nun wie eine viel langsamere Bedrohung. Hätte sich dies vor einem Monat ereignet, wären die Märkte im hohen einstelligen Bereich gestiegen. Ich bin daher weniger davon überzeugt, dass dies mittelfristig positiv ist. Es macht die Handelsgespräche wahrscheinlich nur chaotischer und langsamer,” quittiert Goldman Sachs Partner Richard Privorotsky das Geschehen.

Was will Trump eigentlich?

„Wir wissen einfach nicht, wo Donald Trump mit seiner Unberechenbarkeit hin will“, sagte der Präsident der „Commission des Affaires étrangères et européennes“, Gusty Graas (DP), gegenüber dem „Luxemburger Wort“ nach der gemeinsamen Sitzung mit der Wirtschaftskommission von Montag, bei der Außenminister Xavier Bettel (DP) zugeschaltet und Wirtschaftsminister Lex Delles (DP) anwesend war.

Man müsse sich immer vor Augen halten, dass Luxemburg „nur“ drei Prozent an Waren aus den USA beziehen würde, so Graas, aus der EU hingegen seien es über 90 Prozent. Die Situation werde dennoch äußerst ernst genommen, betont Graas, der unterstreicht, dass man sich in den Kommissionen mit den Ministern darüber einig war, den EU-Binnenmarkt weiter zu stärken.

Dass aber bereits Betriebe eigenständig Kontakt und Gespräche mit der amerikanischen Seite aufgenommen hätten, wies Graas zurück.

Die Geschlossenheit der EU wurde auch von Jeff Boonen (CSV), Mitglied in der Wirtschaftskommission, als großes Plus hervorgehoben. „Das ist ein positiver Aspekt – auch mit Blick auf die möglichen Sanktionen und Gegenmaßnahmen in Form von Steuern auf bestimmte Produkte“, resümiert es Boonen.

Daher dürfe sich die Europäische Union auch nicht auseinanderdividieren lassen, wie es Trump vorhätte, so der CSV-Politiker mit Blick auf den Binnenmarkt. „Doch wir müssen uns bewusst sein, dass auch hier Rohstoffe fehlen, die wir nicht über diesen Weg beziehen können“, merkt Boonen an – verlässliche Handelspartner seien daher sehr wichtig.

Scharfe Kritik

Die EU übte bekanntlich scharfe Kritik an der neuen Zoll-Ankündigung von US-Präsident Donald Trump und droht mit einer Reaktion noch vor dem Sommer. „Wir bedauern die angekündigte Erhöhung der US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte von 25 auf 50 Prozent zutiefst“, sagte ein Sprecher der für die EU-Handelspolitik zuständigen EU-Kommission in Brüssel. Sie untergrabe die laufenden Bemühungen um eine Verhandlungslösung im Handelsstreit, schaffe zusätzliche Unsicherheit für die globale Wirtschaft und erhöhe die Kosten für Verbraucher und Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks. 

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Die EU sei bereit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, hieß es weiter. Dies könne auch früher passieren als am 14. Juli. Zu diesem Termin würden nach derzeitigem Stand automatisch Gegenzölle der EU in Kraft treten, die bereits wegen der ersten Zollentscheidungen von Trump geplant wurden.

Die EU hatte diese Maßnahmen eigentlich bereits am 14. April in Kraft setzen wollen, sie dann aber ausgesetzt, nachdem Trump vielen Staaten und der EU 90 Tage lang eine Pause von bestimmten Zöllen gewährt hatte. Dieses Zeitfenster soll eigentlich für Verhandlungen genutzt werden. Die EU hatte bereits mehrfach betont, dass sie entschiedene Maßnahmen gegen US-Zölle einführen wird, sollten die Verhandlungen scheitern.

Da steh‘ ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!

Der Piraten-Abgeordnete Sven Clement nach der gemeinsamen Kommissionssitzung am Montag

Ignoranz?

Mit Blick auf die US-Zollpolitik und die Luxemburger Situation zitierte der Piraten-Abgeordnete Sven Clement, Mitglied der Wirtschaftskommission, nach der Sitzung den Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe: „Da steh‘ ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!“

Viel Neues habe es nicht gegeben. „Wir lassen uns pragmatisch treiben“, sagt der Piraten-Abgeordnete. Die vorhandene Ignoranz der ganzen Situation sei erschreckend.

Von einem möglichen Deal hält der Piraten-Politiker nicht allzu viel: „Wie sollte der denn aussehen, wenn man gar nicht weiß, was Trump eigentlich will?“ – dies vor einem Hintergrund, dass der US-Präsident mit seinen Aktionen eigentlich mehr die amerikanische Wirtschaft schädige als andere und auch die gerichtliche Situation nicht überschaubar sei.

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