Alle drei Jahre muss in Luxemburg-Stadt entschieden werden, ob in videoüberwachten Zonen weiter gefilmt wird. Insgesamt 229 Kameras beim Bahnhof, auf dem Glacis, am Pont Adolphe und beim Fußballstadion waren deshalb in der Sitzung des hauptstädtischen Gemeinderats am Montag Thema.

In Bonneweg werden neue Videokameras installiert – wie der Gemeinderat Luxemburg Anfang März beschloss. In anderen Hauptstadtvierteln soll die Videoüberwachung indes bestehen bleiben, wie in der aktuellen Gemeinderatssitzung am Montag entschieden wurde: Am Bahnhof, auf dem Glacis am Limpertsberg, am Pont Adolphe in der Oberstadt und beim „Stade de Luxembourg“ in Gasperich soll auch in Zukunft weiter gefilmt werden. 

Aktuell überwachen am Bahnhof bereits 50 Kameras das Geschehen, am Glacis sind es 45, an der Brücke zwischen Oberstadt und Bahnhofsviertel fünf und beim Fußballstadion 129 – so Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP). Alle drei Jahre muss die Stadt dem Einsatz zustimmen. „Minister Gloden arbeitet daran, dass daraus alle fünf Jahre wird. Aber aktuell ist das noch nicht der Fall“, sagte Lydie Polfer (DP) am Montag am „Knuedler“. Im Jahr 2024 griff die Polizei in 638 Fällen auf Videoaufnahmen zurück.

Bei der Diskussion um die Zukunft der Kameras betonte Rat François Benoy („déi gréng“), dass seine Partei deren Installation nur unterstützt, wenn sie gerechtfertigt, verhältnismäßig und zielführend ist. „Am Bahnhof hängen die Kameras seit 2007. Wir sind nicht überzeugt, dass sie dort etwas gebracht haben“, so das Mitglied der größten Oppositionspartei am „Knuedler“. Er fragte, ob es inzwischen ein größeres Sicherheitsgefühl und weniger Kriminalität gebe, und sagte mit Blick auf fortdauernde Diskussionen rund um die Situation vor Ort, dass das nicht der Fall sei.

Verletzung der Privatsphäre möglich

Der Politiker der Grünen unterstrich: „Der allgemeinen Tendenz von CSV und DP zu mehr Kameras im öffentlichen Raum – sei es hier am ‚Knuedler’ oder am ‚Krautmaart’ – stehen wir skeptisch gegenüber.“ Es gebe ein Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit und Privatsphäre: „In den uns vorliegenden Dokumenten weist die Polizei darauf hin, dass es ein hohes Risiko der Verletzung der Privatsphäre der Einwohner dieser Zonen gibt.“ 

Die meisten Ratsmitglieder waren sich am Montag einig, dass eine Kameraüberwachung der „Nei Bréck“ Sinn ergibtDie meisten Ratsmitglieder waren sich am Montag einig, dass eine Kameraüberwachung der „Nei Bréck“ Sinn ergibt Foto: Editpress/Julien Garroy

François Benoy zufolge schreibt die Polizei in diesem Text, dass mit mehr Kameras eine Vergrößerung des Teams einhergehen muss, das die Bilder auswertet – sofern alle Aufnahmen gesichtet werden sollen. In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage hatte Innenminister Léon Gloden (CSV) Ende März mitgeteilt, dass sich „an die zehn“ Polizeikräfte um die Auswertung der Daten kümmern. Ob dieser Dienst mit den 67 neuen Kameras in Bonneweg vergrößert wird, ließ er offen. 

Ratsmitglied Claude Radoux (DP) stellte am Montag fest, dass die Polizei nicht genug Personal für die Sichtung des gesammelten Materials hat. Er sprach sich für den künftigen Einsatz künstlicher Intelligenz zur Gesichts- oder Situationserkennung aus. Innenminister Léon Gloden hatte im März betont, dass der Einsatz von Techniken zur Fokussierung und zur automatischen Erkennung von Situationen im aktuellen Gesetz vorgesehen sind. Das Schaffen zusätzlicher technischer Mittel zur Überwachung ist ihm zufolge in einem neuen Gesetzentwurf zu „Visupol“ nicht geplant. 

Wie zuvor „déi gréng“ bedauerte Rätin Marie-Marthe Muller (LSAP), dass Kameras nicht dazu beitragen, Verbrecherinnen oder Verbrecher an ihrer Tat zu hindern. Auch David Wagner von „déi Lénk“ kritisierte das. Er räumte ein, dass es problematische Orte in der Hauptstadt gibt, und machte die Mehrheitsparteien der vergangenen Jahre dafür verantwortlich: „Das Bahnhofsviertel wurde in vielerlei Hinsicht seit Jahrzehnten vernachlässigt.“ Videoüberwachung sei an spezifischen Orten sinnvoll – etwa bei Schulen oder beim Fußballstadion: „Wenn alle wissen, dass dort Kameras hängen, kann das zu einer Beruhigung beitragen.“ 

Bislang gibt es nur in Luxemburg-Stadt das „Visupol“-System – doch das wird sich bald ändern. Denn auch Esch und Differdingen erhielten im November 2024 Genehmigungen für Überwachungskameras. In Esch hätten 27 Geräte eigentlich bis Ende 2024 installiert werden sollen – so wurde es zumindest in einer Ratssitzung im Juni 2024 angekündigt. Aktuell laufen jedoch noch Studien, dann folgt die öffentliche Ausschreibung für – laut aktuellen Angaben der Stadt Esch – 24 Kameras. In Differdingen sollen bis Oktober rund 39 Kameras angebracht sein; Bürgermeister Guy Altmeisch (LSAP) hatte im März noch den Start der Sommerferien als Ziel genannt. Auch Ettelbrück und Hesperingen haben bei der Polizei Anträge auf „Visupol“-Zonen gestellt – wie Innenminister Léon Gloden (CSV) Ende März in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage mitteilte. In Ettelbrück sollen die Kameras Bürgermeister Bob Steichen (LSAP) zufolge rund um den Bahnhof installiert werden; die Gemeinde wartet derzeit auf Rückmeldung. Eine Antwort der Gemeinde Hesperingen – in der Ratsoberhaupt Marc Lies (CSV) am Montag seinen Rücktritt bekannt gab – blieb am Montag aus.

Generell überzeugten David Wagner die von der Polizei dargelegten Zahlen zu den verschiedenen Delikten nicht: „Bei manchen steigt die Anzahl, bei anderen sinkt sie. Man hat den Eindruck, dass sich nicht viel verändert.“ Wie andere Oppositionsmitglieder sprach er sich für alternative Maßnahmen wie bessere Beleuchtung, mehr Polizeipräsenz oder soziale Mediation aus. Mit Stimmen der Mehrheit und Teilen der Opposition – etwa zu Kameras an der „Nei Bréck“ oder beim Stadion – wurde beschlossen, die Videoüberwachung beizubehalten. Die gesamte Debatte ist unter vdl.lu abrufbar.

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