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Die Ukraine erhöht im Krieg mit Russlands Armee den militärischen Druck. Die Krim-Brücke ist ins Visier geraten – für Putin ein wichtiges Bauwerk.
Kertsch – Noch hat sich Russland nicht vom Schock des ukrainischen Großangriffs auf russische Stützpunkte mit hunderten Drohnen erholen können und schon erfolgte der nächste, bedeutende Schlag: Die Krim-Brücke, die das russische Festland mit der annektierten Halbinsel verbindet, wurde attackiert. Der ukrainische Geheimdienst SBU hat nach eigenen Angaben mit einer Sprengstoffexplosion unter Wasser einen Pfeiler der Brücke ernsthaft beschädigt.
Krim-Brücke angegriffen: Putins Prestigeobjekt im Visier der Ukraine
„Faktisch ist die Brücke einsturzgefährdet“, teilte der Geheimdienst mit. Zum Einsatz gekommen seien 1.100 Kilogramm TNT, die über mehrere Monate platziert wurden. Die Behörde betonte, dass bei der Explosion am Morgen keine Zivilisten zu Schaden gekommen seien. Als Beleg wurde ein Video veröffentlicht, das die Explosion zeigen soll. Zu sehen sind aufspritzendes Wasser und Rauch.
Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 wurde die Brücke schon zwei Mal durch Angriffe, zu denen sich Kiew bekannte, beschädigt: im Oktober 2022 durch eine Lkw-Bombe und im Juli 2023 durch Marinedrohnen. Mittlerweile haben die russischen Behörden die Überwachung der Brücke deutlich verstärkt. Immer wieder ereignen sich aber dennoch auch kleinere Angriffe im Rahmen des Ukraine-Kriegs.

Die Krim-Brücke ist für Russlands Präsident Wladimir Putin von enormer Bedeutung. © IMAGO/Mikhail MetzelWladimir Putin und sein Prestigeobjekt: Krim-Brücke als Symbol der russischen Annexion
Für Kreml-Chef Wladimir Putins Krieg gegen die Ukraine ist die Krim-Brücke tatsächlich von zentraler Bedeutung. Ein Einsturz des Bauwerks etwa wäre sowohl symbolisch als auch logistisch ein heftiger Rückschlag gegen Moskau. Nicht umsonst thematisieren Propagandisten im Staatsfernsehen wie Margarita Simonjan oder Wladimir Solowjow immer wieder mögliche Angriffe auf die Brücke. Ihre Einschätzungen verknüpfen sie mit Drohungen einer schweren Vergeltung, sollte der Brücke etwas zustoßen.
Putin ließ die Brücke trotz aller Kritik aus Europa und den USA an der illegalen Annexion der Krim im Jahr 2014 errichten. Der Straßenabschnitt des 3,6 Milliarden Dollar teuren Bauwerks, das sich von Krasnodar in Russland zum Kertsch-Hafen auf der Krim erstreckt, wurde vom Kreml-Chef persönlich im Jahr 2018 eröffnet. Die Zugverbindung wurde im folgenden Jahr eröffnet. Putin fuhr sogar selbst mit einem Kamaz-Laster über die etwa 19 Kilometer lange Brücke.
Russische Krim-Brücke: Symbolischer Charakter und Route für militärischen Nachschub
Das Prestigeprojekt ist mit symbolischem Charakter geladen. Denn sie ist im Sinne von Moskau ein Ausdruck der Aufnahme der Krim ins russische Territorium – eine physische Verbindung und Bestätigung. „Für Wladimir Putin steht diese Brücke für seinen größten Triumph, für den Höhepunkt seiner Herrschaft: die Annexion der Krim“, hatte der Osteuropa-Experte Andreas Umland gegenüber dem Tagesspiegel erklärt.
Hinzu kommt der logistische Aspekt. Es handelt sich um eine Schlüsselroute für die Versorgung russischer Truppen, die die Ukraine vor allem im Süden des Landes in Regionen wie Cherson angreifen. Eine Zerstörung würde gleichzeitig ein Zusammenbruch des Nachschubs bedeuten – ohne gleichwertige Alternativen. „Denn auch der Seeweg ist für die Schwarzmeerflotte nicht mehr sicher“, so Umland, der eine Isolation der Krim im Falle einer Zerstörung der Brücke sieht. Immerhin gerieten auch russische Kriegsschiffe und Tanker ins Visier ukrainischer Seedrohnen.
Das Fazit des Experten: „Ich bin überzeugt, mit der Zerstörung der Brücke wäre Putins Krim-Abenteuer zu Ende.“
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Auch die Ukraine ist sich der Bedeutung der Brücke für den Kreml bewusst. Warum aber wurde sie – trotz der Angriffe – bislang nicht zerstört, sondern konnte nur beschädigt werden? Der Grund ist wohl die massiv erhöhte Sicherheit, um eben so ein Szenario zu verhindern. Dies erklärte Dmytro Pletenschtuk, der Sprecher der ukrainischen Marine.
Die Russen würden auf der Halbinsel große Ressourcen an Luftverteidigung konzentrieren. So wollen sie offenbar immer bereit für mögliche Angriffe aus der Luft mit Raketen oder Drohnen sein, auch wenn es der Ukraine gelingt, Teile der Luftverteidigung außer Gefecht zu setzen. Zudem wird die Brücke im Falle einer Bedrohung immer wieder weiträumig abgesperrt. Die zwei früheren Großangriffe und auch der aktuelle Angriff haben aber gezeigt: Die Brücke ist nicht unverwundbar. (bb)