Jannik Sinner hat Grand-Slam-Rekordsieger Novak Djokovic im Halbfinale der French Open souverän bezwungen – mit dessen eigenen Mitteln.
Sinner bewies bei seinem 6:4, 7:5, 7:6 (7:3) gegen Djokovic am Freitag (06.06.2025) in Paris erneut, warum er aktuell als der beste Spieler der Welt gilt. Nach seiner dreimonatigen Dopingsperre wirkt der 23 Jahre alte Italiener noch kompletter als zuvor, ließ besonders bei eigenem Aufschlag wenig anbrennen.
Zverev-Bezwinger Djokovic (38) spielte ebenfalls stark, riskierte viel und musste dies auch. Denn Sinner zeigte kaum Schwächen, brachte selbst die schwierigsten Bälle zurück und überstand heikle Phasen nervenstark – so wie Djokovic in seinen besten Jahren.
Musetti muss gegen Alcaraz aufgeben
Sinner, die Nummer eins der Tennis-Weltranglisten, zog damit ohne Satzverlust ins Finale ein. Dort trifft er am Sonntag auf den Weltranglistenzweiten Carlos Alcaraz nach dessen Halbfinalsieg gegen Lorenzo Musetti. Der Italiener musste im vierten Satz beim Stand von 6:4, 6:7, 0:6, 0:2 angeschlagen aufgeben.
“Es war so besonders für mich, gegen Novak im Halbfinale eines Grand Slams zu spielen. Ich musste mein bestes Tennis zeigen. Und er hat wieder gezeigt, warum er so ein Vorbild für uns alle ist”, sagte Sinner im Siegerinterview auf dem Platz. Er würdigte Djokovic als “besten Spieler der Tennisgeschichte”.
Sinner leistet sich zweiten Doppelfehler
Routinier Djokovic hatte bei schwierigen Windbedingungen einen guten Start erwischt, gab beim Stand von 2:3 im ersten Satz aber seinen Aufschlag ab. Gegen den Top-Aufschläger Sinner ist das fatal, der Italiener servierte gewohnt präzise und holte sich den ersten Satz mit 6:4.
Anfang des zweiten Satzes passierte Bemerkenswertes: Sinner leistete sich einen Doppelfehler – es war erst sein zweiter im gesamten Turnier. Zudem verlor er den Ballwechsel des Tages: Nach 26 Schlägen mit mehreren Stopps und Gegenstopps drückte Djokovic den Ball zum Punktgewinn ins Feld und genoss den frenetischen Jubel von den Rängen. Ohnehin hatte der Serbe, lange Zeit kein Publikumsliebling, in seiner Herausfordererrolle viele Zuschauer auf seiner Seite.
Djokovic gewinnt spektakulärsten Punkt
Allerdings – und das war symptomatisch für das Duell: Direkt nach dem spektakulären Punkt kam es erneut zu einem langen Ballwechsel, an dessen Ende Djokovic sichtlich entkräftet einen Stoppversuch ins Aus spielte. Auch den nächsten Punkt gewann Sinner und glich zum 1:1 aus. In solchen Momenten machten sich die 15 Jahre Altersunterschied dann doch bemerkbar.
Aber Djokovic hätte nicht 25 Grand Slams gewonnen, wenn er sich von solchen Situationen aus dem Konzept bringen lassen würde. Er hielt stark dagegen, brachte seine Aufschlagspiele souverän durch, bevor er dann doch das Break zum 4:2 kassierte.
Schwache Quote bei erstem Aufschlag
Einzige Schwäche in Sinners Spiel war der erste Aufschlag. Er kam so selten, dass Djokovic beim Stand von 4:5 doch noch seine ersten Breakchancen bekam und direkt nutzte. Zu diesem Zeitpunkt lag Sinners Quote beim ersten Aufschlag bei mickrigen 45 Prozent.
Doch Sinner zeigte im Anschluss, dass er es auch in Sachen mentaler Stärke Djokovic-Qualitäten hat. Er holte sich unbeeindruckt das Rebreak und in der Folge den zweiten Satz.
Satzbälle für Djokovic
Auch wenn der 0:2-Satzrückstand eine Vorentscheidung war, kämpfte Djokovic weiter wie ein Löwe. Im hochklassigen dritten Durchgang spielte er weiter auf Augenhöhe, erarbeitete sich beim Stand von 5:4 sogar drei Satzbälle. Doch auch hier hatte Sinner die richtigen Antworten parat und holte sich im Tiebreak – seinem ersten im Turnierverlauf – den Sieg.
Angstgegner Alcaraz
Sinner hat nun 20 Grand-Slam-Matches in Folge gewonnen – die jüngsten Titelgewinne in Melbourne und New York eingerechnet. Seit August 2024 hat er überhaupt nur zwei Spiele verloren – beide gegen seinen Finalgegner Alcaraz. Von elf Duellen mit den Spanier hat er nur vier gewonnen. “Mein direkter Vergleich gegen ihn sieht nicht so toll aus, aber ich bin froh, dass ich im Finale bin”, sagte Sinner.