Publiziert11. Juni 2025, 17:34
Gymnasium Graz: Fabi (17) hat Amoklauf überlebt – und trauert um einen Freund
Fabi (17) hat den Amoklauf in Graz überlebt. Er war nur wenige Schulzimmer von den Schüssen entfernt – und hört die Schreie seiner Mitschüler bis in den Schlaf. Jetzt trauert er um einen Freund.
Der 17-jährige Fabi überlebte den Amoklauf in Graz – er war nur wenige Schulzimmer entfernt.
Die Schreie der Opfer verfolgen ihn bis in seine Träume und belasten ihn emotional.
Fabi verlor einen Freund: «Schlimm zu wissen, dass ich nie wieder mit ihm rumalbern werde».
Er sucht Ablenkung und hofft, seine Trauer bald verarbeiten zu können.
300 Meter vom Gymnasium an der Dreischützengasse entfernt, schiebt Fabi (17) sein Motorrad über den Hof. Die Kette sei schon wieder rausgesprungen, sagt er. «Ich habe die Maschine vor dem Unterricht hier abgestellt. Jetzt hole ich sie, um sie zu reparieren – ich will mich ablenken», sagt er gegenüber 20 Minuten. Danach erzählt der Schüler, was er erlebt hat. Schnell wird klar: Er kann noch nicht glauben, was am Dienstag an seiner Schule passiert ist.
«Wir waren im Physikunterricht im Untergeschoss, als plötzlich die ersten Schüsse zu hören waren.» Laut dem 17-Jährigen ging der Täter direkt in den vierten Stock. «Dort oben eröffnete er das Feuer.»
Am Bundesoberstufenrealgymnasium (BORG) an der Dreierschützengasse in Graz, Österreich, hat ein ehemaliger Schüler mehrere Menschen getötet.
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«Die Schreie waren schlimmer als alles, was ich je erlebt habe»
Erst nach einer Weile sei ihm und seinen Klassenkameraden bewusst geworden, was gerade wirklich passierte. «Zuerst dachten wir, vielleicht hat sich jemand einen schlechten Scherz erlaubt – und einen Böller gezündet», erinnert er sich. Doch dann hätten sie die Schreie gehört – und mit ihnen kam die bittere Realität.
«Diese Schreie waren schlimmer als alles, was ich je erlebt habe», sagt er mit zitternder Stimme. «Sie gehen mir durch Mark und Bein. Ich habe sie letzte Nacht im Traum wieder gehört.» Kurz hält er inne, dann fügt er hinzu: «Ich hoffe, das hört irgendwann auf.»

Vor dem Gymnasium erinnern Kerzen und Blumen an die Opfer des Amoklaufs am Dienstag.
AFP
Freund verloren: «Werde nie mehr mit ihm rumalbern können»
Dass der Amokläufer sich in den oberen Stockwerken aufhielt, rettete vielen das Leben – auch Fabi und zahlreichen seiner Mitschülerinnen und Mitschüler gelang so die Flucht aus dem Schulgebäude. Doch für den 17-Jährigen bleibt ein schwerer Verlust: Er hat einen guten Freund verloren. «Es ist schlimm zu wissen, dass ich nie wieder mit ihm rumalbern, nie wieder Sprüche klopfen werde», sagt Fabi.
Trotz des Schocks empfindet Fabi eine tiefe Dankbarkeit: «Ich bin unendlich froh, dass meine engsten Freunde überlebt haben. Andere hat es viel schlimmer getroffen.» Mit ernster Stimme erzählt er, wie er Mitschülerinnen und Mitschüler in den Arm genommen habe – Menschen, die gerade ihre besten Freunde verloren hatten.

In der Quartierstrasse vor dem Gymnasium parken unzählige Autos von Grazerinnen und Grazern, die ihr Beileid bekunden wollen.
20min/ths
Graz will Beileid bekunden
Während Fabi sein Motorrad langsam davon schiebt, stauen sich in der Quartierstrasse neben dem Gymnasium immer mehr Autos. Grazerinnen und Grazer sind gekommen, um den Opfern und deren Hinterbliebenen ihr Beileid zu bekunden. Einige sind den Tränen nahe, Fabi hingegen wartet noch auf einen Gefühlsausbruch. «Ich selbst habe noch nicht geweint. Aber ich hoffe, dass ich das irgendwann kann – damit es rauskommt. Irgendwie.»
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Seelsorge.net, Angebot der reformierten und katholischen Kirchen
Muslimische Seelsorge, Tel. 043 205 21 29
Jüdische Fürsorge, info@vsjf.ch
Lifewith.ch, für betroffene Geschwister
Verein Familientrauerbegleitung.ch
Verein Regenbogen Schweiz, Hilfe für trauernde Familien
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Pro Senectute, Beratung älterer Menschen in schwierigen Lebenssituationen
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