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Die Nato rüstet wegen des Ukraine-Krieges auf. Ein Land will sich nicht nur für einen Nato-Angriff Putins wappnen, sondern auch die Abhängigkeit von den USA reduzieren.
Ottawa – Nicht nur Deutschland rüstet auf. Auch in anderen Ländern der Nato reagiert man auf den Ukraine-Krieg und die Bedrohung durch Russland mit massiven Investitionen, um das Militär schlagfertiger zu machen. Das betrifft auch Länder, die nicht auf dem europäischen Kontinent liegen: Kanadas Premierminister Mark Carney kündigte am Montag an, dass das Land nördlich der USA dieses Jahr das Nato-Zwei-Prozent-Ziel erreichen wird.
Nato-Staat mit Kehrtwende aus Sorge vor Russland: Zwei-Prozent-Ziel noch dieses Jahr
Bei einer Rede an der Universität Toronto erklärte der kanadische Premierminister: „Ich gebe heute bekannt, dass Kanada das Zwei-Prozent-Ziel der Nato in diesem Jahr erreichen wird, ein halbes Jahrzehnt früher als geplant.“ Ein Teil des Budgets soll als Unterstützung an die Ukraine gehen. Insgesamt sind zirka 1,34 Milliarden Euro (2 Mrd. kanadische Dollar) als „Militärhilfe für die Ukraine und für den Ausbau der Verteidigungspartnerschaften“ veranschlagt. Die Dringlichkeit kommt nicht von ungefähr. Experten warnen vor einem möglichen Angriff Russlands auf die Nato.
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Fotostrecke ansehenKanada rüstet wegen drohendem Nato-Angriff Russlands auf: Carney kündigt großes Programm an
In einem Statement der kanadischen Regierung heißt es, dass man die Verteidigungspartnerschaften insbesondere außerhalb des amerikanischen Kontinents vertiefen möchte, um sich „über die Vereinigten Staaten hinaus zu diversifizieren“. Für Kanada sind die zusätzlichen Militärausgaben ein großer Schritt. Unter den Nato-Mitgliedsländern bildete Ottowa mit Militärausgaben von 1,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes eines der Schlusslichter. Weniger gaben nur Belgien, Luxemburg, Slowenien und Spanien für die Verteidigung aus.
Nato-Land Kanada will unabhängiger von Trumps USA werden
Unter dem neuen Premierminister Mark Carney soll sich das nun ändern. Kanada müsse seine Abhängigkeit von den USA reduzieren – insbesondere bei Sicherheitsfragen. „Unsere militärische Infrastruktur und Ausrüstung sind überaltert und behindern unsere militärische Einsatzbereitschaft“, mahnte Carney. Die Gefahren, denen Kanada ausgesetzt sei, hätten sich „vervielfältigt“.
Anstoß für das Umdenken in Kanada ist auch US-Präsident Donald Trump. „Die Vereinigten Staaten beginnen, ihre Hegemonie zu monetarisieren: Sie erheben Gebühren für den Zugang zu ihren Märkten und reduzieren ihre Beiträge zu unserer kollektiven Sicherheit.“
Nato-Staat Kanada rüstet wegen Sorge vor Putin-Angriff auf: Wie die Regierung investieren will
Kanada plant Investitionen in mehreren Bereichen, um den neuen Bedrohungen militärisch gewachsen zu sein:
Personalgewinnung und -bindung: 2,6 Mrd. kanadische Dollar (CAD) zur Rekrutierung und Bindung von Soldat*innen, um bis 2030 die Zielstärke der Streitkräfte (71.500 reguläre und 30.000 Reservekräfte) zu erreichenInvestitionen in den zivilen Bereich zur Unterstützung der Einsatzbereitschaft und Verwaltung, damit sich die Streitkräfte auf operative Aufgaben konzentrieren könnenAusbau und Entwicklung militärischer Fähigkeiten: Eine Mrd. CAD für den Ausbau bestehender und Entwicklung neuer militärischer Fähigkeiten, insbesondere für die Verteidigung arktischer GebieteAusbau internationaler Verteidigungspartnerschaften: Zwei Mrd. CAD zur Diversifizierung der Verteidigungspartnerschaften über die USA hinaus und zur Stärkung von AllianzenGesamtausgaben: Über neun Mrd. CAD im Haushaltsjahr 2025/26, wodurch die Verteidigungsausgaben auf 2 Prozent des BIP steigen sollen.Kanadischer Premier sieht „neue Bedrohungen für Sicherheit“ durch Russland und China
Carney will nach eigener Aussage nicht mehr länger „Drei-Viertel unserer Verteidigungsausgaben nach Amerika schicken“. Der kanadische Premierminister betonte: „Durch neue Bedrohungen für unsere Sicherheit und Souveränität“, wie China und Russland, sei Kanada „wachgerüttelt worden“.
Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs hatte die Nato vergangene Woche das größte Aufrüstungsprogramm seit den Zeiten des Kalten Krieges beschlossen. Es sieht vor, die Fähigkeiten zur Abschreckung und Verteidigung in den kommenden Jahren extrem auszubauen. Oberste Priorität haben dabei Kapazitäten wie weitreichende Waffensysteme, die Luftverteidigung und mobile Landstreitkräfte.

Schwedische Soldaten bei einer gemeinsamen Nato-Übung mit Kanada in Lettland. © IMAGO/Ints Kalnins/ZUMA Press WireNato rüstet auf, um Russland vor Nato-Angriff abzuschrecken
Die Entscheidung für das Programm wurde bei einer Sitzung der Verteidigungsminister der Nato-Bündnisstaaten in Brüssel getroffen, wie die Deutsche Presse-Agentur von Diplomaten erfuhr. Nato-Generalsekretär Mark Rutte hatte es als „historisch“ bezeichnet.
Im Detail besteht das Aufrüstungsprogramm aus neuen Zielvorgaben für militärische Fähigkeiten. Mit ihnen bekommen die einzelnen Alliierten genau vorgegeben, was sie künftig zur gemeinsamen Abschreckung und Verteidigung beitragen müssen. Die notwendigen Fähigkeiten wurden auf der Grundlage neuer Verteidigungspläne ermittelt.
Diese tragen auch der Einschätzung von Geheimdiensten Rechnung, dass Russland trotz des noch laufenden Angriffskriegs gegen die Ukraine bereits in wenigen Jahren bereit für einen Krieg gegen einen Nato-Staat sein könnte. (sischr/dpa)