Kurz vor der UN-Klimakonferenz, die am Montag in Bonn beginnt, hat Bundesumwelt- und Klimaschutzminister Carsten Schneider (SPD) mehr internationale Ambitionen und mehr Tempo beim Klimaschutz angemahnt. Europa sieht er in einer Vorreiterrolle. „Mein Ziel ist, dass die Europäische Union bis September ihre Pläne vorlegt, wie wir in Europa unseren Klimaschutz verstärken können“, sagte Schneider unserer Redaktion. „Damit können wir andere Länder motivieren, selbst nachzulegen und schaffen die notwendige Investitionssicherheit für die europäische Wirtschaft. Kluger Klimaschutz ist zugleich die richtige Modernisierungs- und Wachstumsstrategie für unsere Volkswirtschaft, die wir so dringend brauchen.“
Schneider sieht die zurückliegenden zehn Jahre als Beleg dafür, dass man gemeinsam die Erderhitzung begrenzen könne. „Vor dem Pariser Klimaabkommen lagen die Prognosen der Klimawissenschaften für den globalen Temperaturanstieg zwischen vier bis fünf Grad bis zum Ende des Jahrhunderts. Die letzten Szenarien liegen im Mittel bei etwa drei Grad – und das in einer Bandbreite, die auch noch die Deckelung auf 1,5 Grad zulässt“, führte der SPD-Politiker aus. Deshalb laute die Aufgabe jetzt: „besser werden, schneller werden. Alle sind aufgerufen, in den kommenden zehn Jahren deutlich nachzulegen.“ Weltweit sehe man einen enormen Auftrieb erneuerbarer Energien, wie Wind- und Solarkraft. Insofern könne man sich als internationale Gemeinschaft „auch mehr vornehmen“, betonte Schneider.
Die Klimaziele der EU sehen vor, bis 2030 die Treibhausgasemissionen EU-weit um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Bis 2050 will die EU klimaneutral werden. Deutschland will dieses Ziel fünf Jahre schneller erreichen: Union und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 bekannt.
Dabei steht der Klimaschutz international stark unter Druck. US-Präsident Donald Trump hatte sich als eine seiner ersten Amtshandlungen aus dem Pariser Klimaabkommen verabschiedet. Weltweite Kriege und Konflikte sowie wirtschaftliche Sorgen überlagern zusätzlich das Thema Klimaschutz.
CDU-Partei- und Fraktionsvize Andreas Jung sieht Deutschland hier besonders gefordert. „Die Bundesregierung muss und wird deutlich machen, dass Klimaschutz ein herausragendes Anliegen auf der internationalen Agenda bleibt“, sagte Jung unserer Redaktion. Die Bedrohung durch die Klimakrise sei nicht kleiner geworden, sie habe sich im Gegenteil zugespitzt. „Es gilt nun, das internationale Bewusstsein nach der Abkehr der USA von diesem Prozess zu stabilisieren mit einer klaren Botschaft: Berlin stands by Paris – die Bundesregierung bekennt sich klar zum Pariser Abkommen.“ Gemeinsam mit den europäischen Partnern gelte es, die EU weiterhin als „Antreiber für globalen Klimaschutz“ zu positionieren und Brasilien als Gastgeber der COP zu unterstützen, so Jung.
Die Klimakonferenz in Bonn gilt als Zwischen- und Vorbereitungstreffen für die große Weltklimakonferenz (COP30), die im November im brasilianischen Belém stattfinden wird. Aus der Opposition kam die Forderung, die Bundesregierung müsse sich dort für ambitionierte Fortschritte beim Klimaschutz einsetzen. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte unserer Redaktion: „Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie sich klar für ein starkes europäisches Klimaziel ausspricht. 90 Prozent CO₂-Minderung bis 2040 ist das wissenschaftlich begründete Mindestmaß. Dieses Ziel darf nicht durch Greenwashing und billige Auslandszertifikate verwässert werden.“
Dröge forderte zudem Verlässlichkeit in der internationalen Klimafinanzierung. „Die Bundesregierung muss klarmachen, dass sie sich an die Zusage Deutschlands halten wird, mindestens sechs Milliarden Euro jährlich für die internationale Klimafinanzierung bereitzustellen.“ Die Klimakonferenz in Dubai von 2023 habe eine Abkehr von fossilen Brennstoffen vereinbart. „Es ist deshalb fatal, wenn CDU und SPD parallel zur Klimakonferenz wichtige Klimaschutzgesetze in Deutschland in Frage stellen. Wir brauchen einen verlässlichen Fahrplan zum Ausstieg aus allen fossilen Energien, der für die Wirtschaft planbar und für die Menschen sozial ausgewogen ist“, forderte Dröge weiter.