Mal eben kurz über die Grenze zum Tanken fahren: Das war gestern. Schon längst gleicht vielerorten der Ausflug oder die tägliche Arbeitsfahrt von und nach Luxemburg einer Blechkarawane im Schneckentempo. Denn Baustellen und die Kontrollen Deutschlands an der Grenze zu Luxemburg beeinträchtigen Unternehmen wie Beschäftigte gleichermaßen. Doch die Folgen sind mittlerweile nicht mehr nur für jedermann zu sehen. Sie wirken sich auch zunehmend auf das grenzüberschreitende Wirtschaftsgefüge aus.
Warum für die Wirtschaft die Lage „sehr besorgniserregend“ ist
Eine neue Umfrage der Deutsch-Luxemburgischen Wirtschaftsinitiative (DLWI) unter 300 Unternehmen und Einzelpersonen zeigt nämlich, dass mittlerweile auch Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen und finanzielle Belastungen für Unternehmen zu Buche schlagen. Für DLWI-Präsident Stefan Pelger ist die Lage „sehr besorgniserregend“, sagt er zu den Umfrage-Ergebnissen. Was besonders auffällt: 33,7 Prozent, also ein Drittel der Befragten, denken angesichts der Auswirkungen der derzeitigen Grenzkontrollen von deutscher Seite sowie der Baustellensituation in Deutschland und Luxemburg über einen Arbeitsplatzwechsel nach.
Zudem gibt es massive Zusatzkosten: Jeder zehnte Grenzpendler berichtet von finanziellen Einbußen wie nicht bezahlten Überstunden und zusätzlichen Fahrtkosten. Fast die Hälfte der Grenzgängerinnen und Grenzgänger (43,8 Prozent) musste ihre Arbeitszeit mittlerweile verschieben und anpassen – mit massiven Folgen für die Organisation der Familien zu Hause.
Für die DLWI als Interessenverband der grenzüberschreitenden Wirtschaftsakteure auf beiden Seiten der Grenze steht schließlich fest: „Die derzeitigen (Grenz-)Kontrollen belasten nicht nur die Nerven – sie haben realen Einfluss auf Lebensqualität und berufliche Entscheidungen. Die Attraktivität Luxemburgs als Arbeitsmarkt für Fach- und Führungskräfte sinkt“, so das alarmierende Signal des DLWI.
Unternehmen klagen über Verspätungen
Doch nicht nur die Grenzgängerinnen und Grenzgänger sind durch Grenzkontrollen und Baustellen beeinträchtigt. Auch die grenzüberschreitend tätigen Unternehmen klagen über die Folgen von Grenzkontrollen und Baustellen. Immerhin wird jeder dritte Euro des regionalen Handwerks in Luxemburg verdient, viele Betriebe haben im Großherzogtum ein zweites Standbein.
„Betriebliche Abläufe, Logistik und Planungssicherheit werden massiv gestört“, hält die DLWI als zentrale Aussage fest. Mehr als die Hälfte der Unternehmen (53,4 Prozent) berichtet über operative Einschränkungen durch die Grenzkontrollen, für drei Viertel der Betriebe (72,4 Prozent) gibt es erhebliche Zeitverzögerungen, die Just-in-time-Lieferungen gefährden. Gut ein Viertel der Betriebe (27,6 Prozent) klagt gar über finanzielle Schäden.
Da ein reibungsloser Ablauf an der Grenze für Unternehmen von Produktion und Logistik quasi zum Erfolg gehören, reagieren die Betriebe umso genervter. Immerhin gut 83 Prozent sind davon überzeugt, dass die Wirksamkeit der Grenzkontrollen wenig bis gar nicht vorhanden ist. Hinzu kommt für sie „ein mangelndes Baustellenmanagement“. 80 Prozent der Unternehmen empfinden die Grenzproblematik und Verkehrsstaus als verschlimmernd.
Was die DLWI jetzt fordert
DLWI-Präsident Stefan Pelger fordert den Luxemburger Innenminister Léon Gloden dazu auf, „zeitnah eine Lösung zu finden“, sagt er und nennt etwa digitale Grenzprozesse, ein Baustellen- und Verkehrsmanagement mit stärkerer Zusammenarbeit und flexiblere Arbeitsmodelle: „Die DLWI nimmt diese Ergebnisse ernst und empfiehlt ein mehrstufiges Reformpaket. Ziel ist es, die Effizienz an Grenzübergängen zu verbessern, die wirtschaftliche Entwicklung in der Grenzregion zu sichern und die Lebensqualität von Pendlern zu erhalten.“