Berlin. Eine aktuelle Studie von DNA-Funden belegt die enge Verbindung zwischen verschiedenen Völkern im Zeitalter der Jäger und Sammler.

Eine Studie eines internationalen Forschungsteams zeigt auf Grundlage genetischer Analysen, dass bereits in der Steinzeit ein kultureller Austausch zwischen Europa und Afrika über das Mittelmeer stattfand. Dabei konnten neue Erkenntnisse zum genetischen und kulturellen Einfluss europäischer Populationen auf Nordafrika gewonnen werden.

Faszinierender Erkenntnisgewinn: Morphologische Analysen von Skelettmerkmalen liefern Antworten

Ein zentrales Ergebnis der Studie, die in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht wurde, ist der Nachweis genetischer Abstammung von europäischen Jägern und Sammlern bei mindestens einem Individuum aus Djebba (Tunesien) das vor etwa 8000 Jahren lebte. Dies stellt den ersten direkten genetischen Beleg für den Kontakt zwischen frühen europäischen und nordafrikanischen Populationen dar. Die Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass diese Interaktionen höchstwahrscheinlich auf interkontinentalen Routen durch die Straße von Sizilien erfolgten, was den bislang frühesten genetischen Nachweis für Seefahrt im Mittelmeer zwischen diesen Regionen liefert.

Ein zusätzlicher Hinweis auf diese frühen transmarinen Verbindungen ist das Vorkommen von Obsidian, einem vulkanischen Glas von der Insel Pantelleria in der Straße von Sizilien, an einer der untersuchten Fundstätten in Tunesien. Obwohl bislang keine Bootsreste aus dieser Epoche in Nordafrika entdeckt wurden, weisen die etwa 7000 Jahre alten Einbäume aus dem Braccianosee in Mittelitalien darauf hin, dass Seefahrt über offene Gewässer bereits zu dieser Zeit technisch möglich war.

Studienleiter Ron Pinhasi erläuterte, dass bereits vor mehreren Jahrzehnten biologische Anthropologen auf Grundlage morphologischer Analysen von Skelettmerkmalen die Hypothese aufstellten, dass es Kontakte zwischen europäischen und nordafrikanischen Jägern und Sammlern gegeben habe. Diese Annahme wurde damals als spekulativ betrachtet. Die aktuellen genomischen Analysen bestätigen nun jedoch diese frühen Hypothesen, was einen bedeutenden Fortschritt in der Erforschung prähistorischer Migrationen darstellt.

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Einfluss von Europa auf Nordafrika: Übergang zur Landwirtschaft durch kulturellen Austausch

Im östlichen Maghreb war der genetische Einfluss europäischer Bauern mit etwa 20 Prozent deutlich geringer als im westlichen Maghreb, wo er bis zu 80 Prozent betrug. Dies weist auf einen allmählichen Übergang zur Landwirtschaft hin, der eher durch sporadische Migration, kulturellen Austausch und Wissensweitergabe als durch großflächige Bevölkerungsverschiebungen geprägt war.

Die lokalen Gemeinschaften verfolgten bis in die Jungsteinzeit eine vielfältige Subsistenzstrategie, einschließlich Weidewirtschaft, Jagd, Sammeln pflanzlicher Ressourcen und Landschnecken. Der Ackerbau etablierte sich erst um das erste Jahrtausend vor Christus.

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Zudem konnten einige der frühesten levantinischen Vorfahren im östlichen Maghreb identifiziert werden, deren Ankunft den europäischen Bauern um mehrere Jahrhunderte vorausging. Dies deutet auf Wanderbewegungen levantinischer Hirtengruppen hin, die domestizierte Tiere nach Nordafrika brachten.

Neue Forschung belegt: Sind Migration und Austausch ein komplexeres System als bisher gedacht?

Die Studie stellt die traditionellen Annahmen zur Ausbreitung der Landwirtschaft in Nordafrika infrage. Anstatt neolithische Innovationen passiv aus Europa zu übernehmen, entwickelte der östliche Maghreb offenbar eine eigenständige und anpassungsfähige kulturelle Dynamik. Zudem zeigen die Ergebnisse, dass menschliche Migration und kultureller Austausch komplexer waren als bislang angenommen, da sie verschiedene Routen und Einflüsse umfassten, die über großflächige Bevölkerungsbewegungen hinausgingen.