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Trump verkündet eine Waffenruhe im Israel-Iran-Krieg – Europa schaut zu. Die Europäer hätten keine „Macht-bestimmende Funktion“ mehr, urteilt Ex-Diplomat Fischer.

Teheran/Washington D.C. – US-Präsident Donald Trump hat nach zwölf Tagen Krieg zwischen Israel und dem Iran eine Waffenruhe verkündet – Europa ist dabei außen vor. Bei dem Krieg im Nahen Osten, erklärt Klemens Fischer, Professor für Internationale Beziehungen und Geopolitik an der Universität zu Köln, „hat Europa allenfalls eine Zuschauerrolle“.

Trump ruft vor Nato-Gipfel Waffenruhe zwischen Israel und Iran aus – „eine Machtdemonstration“

Am Dienstag (24. Juni) reist der US-Präsident zum Nato-Gipfel nach Den Haag. Mit Blick auf Trumps Waffenruhe-Ausruf im Alleingang, noch dazu kurz vor dem Treffen mit den Bündnispartnern, so Fischer gegenüber unserer Redaktion: „Eine noch größere Machtdemonstration kann man sich nicht vorstellen.“

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Bundeskanzler Friedrich Merz lobte im Vorfeld des Gipfels den Aufruf des US-Präsidenten zu einer Waffenruhe im Krieg gegen den Iran. „Gelingt dieser Waffenstillstand nach den entscheidenden Militärschlägen der USA gegen die iranischen Nuklearanlagen, ist das eine sehr gute Entwicklung“, schrieb der CDU-Chef auf der Plattform X. In Den Haag werde man über eine weitere Stabilisierung der Lage in der Region beraten.

Experte: Merz bemüht sich um „führende Rolle“ im Israel-Iran-Krieg – ohne Erfolg

Merz‘ Ankündigung deutet Fischer als Versuch des Kanzlers, Deutschland bei Lage im Nahen Osten doch wieder ins Spiel zu bringen. Trump werde sich jedoch wenig für die Meinung der Bündnispartner interessieren: „Er wird mitteilen, was Amerika vorhat – und die Nato darf abnicken“, erklärt der Professor für Internationale Beziehungen.

Der Versuch des Bundeskanzlers sei dennoch verständlich – als Kanzler sei dies seine Aufgabe. Deutschland werde jedoch auch dadurch keine „führende Rolle“ spielen, glaubt der ehemalige Diplomat – genauso wenig wie die anderen Nato-Staaten.

Waffenruhe im Israel-Iran-Krieg? Berichte über weitere Angriffe

Sowohl der Iran als auch Israel sollen sich auch nach Trumps Waffenruhe-Verkündung weiter gegenseitig angegriffen haben. Auch der US-Präsident erklärte am Dienstag vor seiner Abreise nach Den Haag bezogen auf die Waffenruhe: „Ich glaube, beide haben sie verletzt.“ Besonders mit Israel zeigte sich der US-Präsident in diesem Zusammenhang unzufrieden. Trump hatte in der Nacht angekündigt, dass der Iran zunächst für zwölf Stunden die Waffen schweigen lassen werde, dann Israel für zwölf Stunden. Danach gelte der Krieg als beendet. Das wäre demnach der Mittwochmorgen (MESZ) gewesen.

„Auf der Zuschauertribüne“: Europa ringt im Iran-Israel-Krieg um Bedeutung.

„Auf der Zuschauertribüne“: Europa ringt im Iran-Israel-Krieg um Bedeutung. (Symbolbild) © IMAGO / ZUMA Press Wire, IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und dem Iran hatten Vertreter europäischer Staaten sowie der EU auf eine Verhandlungslösung gepocht. Noch am Montag hatten die Außenministerinnen und -minister der EU Teheran zu direkten Gesprächen mit Washington aufgerufen. Doch der Einfluss Europas blieb begrenzt.

Das zeigte sich nicht zuletzt in einem Seitenhieb des US-Präsidenten. Diplomatie-Versuchen der Europäer hatte Trump bereits Tage zuvor eine Absage erteilt. „Der Iran will nicht mit Europa sprechen. Sie wollen mit uns sprechen“, lautete seine Botschaft noch vor dem Angriff der USA auf iranische Atomanlagen.

Europas Rolle im Ukraine-Krieg: „Keine Macht-bestimmende Funktion mehr“

Nicht nur bezogen auf den Krieg in Nahost, sieht Fischer die Bedeutung der europäischen Rolle schwinden: „Egal bei welchem Konflikt, Europa hat keine Macht-bestimmende Funktion mehr.“ Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sei dies „noch eklatanter“. Europa verspreche der Ukraine zwar, ihr im Krieg gegen Russland zur Seite zu stehen: „Aber wir wären nicht in der Lage, annähernd das zu ersetzen, was die Amerikaner liefern.“ In dem Moment, in dem Versprechen nicht erfüllt werden könnten „und jeder das schon vorher weiß, ist man auch kein Player.“

Die beste Strategie der Europäer könne nun sein, sich zum einen militärisch wieder so aufzustellen, dass sie eine „abschreckende Wirkung ausüben können“. Zudem betont der Professor für Internationale Beziehungen die Bedeutung der gemeinsamen wirtschaftlichen Stärke: „Wir müssen in der Lage sein, als EU eine wirklich geschlossene europäische Handelspolitik zu betreiben.“ (pav)