Publiziert26. Juni 2025, 21:23
Gefängnis Zürich West: Im Problem-Knast arbeiten 120 Quereinsteiger ohne Fachausbildung
Die neue Leiterin des Gefängnisses Zürich West ist seit 100 Tagen im Amt. Am Donnerstag erklärte sie, wie sie den Betrieb umkrempeln und die Gefängnismitarbeitenden entlasten will.
Im Gefängnis Zürich West arbeiten 120 Personen ohne Fachausbildung.
Die neue Leiterin, Barbara Gisler, ist seit 100 Tagen im Amt und plant Reformen.
Gisler will die Dienstpläne überarbeiten und die Personalführung neu organisieren.
Ein Onboarding-Programm mit Götti-System soll die Mitarbeitenden unterstützen.
Das Gefängnis Zürich West (GZW) kam nach seiner Eröffnung im Jahr 2022 nicht aus den Schlagzeilen heraus: Sei es wegen überfordertem Wachpersonal, das mehrmals die falschen Häftlinge freigelassen hat, wegen personellen Engpässen und «untauglichen Dienstplänen» oder gewalttätigen Übergriffen von Gefängnisinsassen. Insider sprachen wiederholt von «chaotischen Zuständen».
Die Konsequenz: Der damalige Direktor musste Knall auf Fall gehen. Auch der Interimsdirektor nahm nach kurzer Zeit seinen Hut. Ersetzt hat ihn Barbara Gisler (43), Lehrerin und ehemalige Leiterin einer Sonderschule für Kinder und Jugendliche mit physischen oder psychischen Entwicklungsschwierigkeiten. 100 Tage ist Gisler mittlerweile im Amt. Am Donnerstag stellte sie sich den Medien und zog Bilanz.
Vor allem Quereinsteiger im Job
Gisler wies darauf hin, dass sie gleich zu Beginn ihrer Amtszeit viel Zeit mit Angestellten verbracht und geschaut hätte, wo der Schuh drückt. Das Ergebnis: Der Wunsch nach mehr Erholungszeiten und einer besseren Work-Life-Balance. Zu diesem Zweck soll die Personalführung neu organisiert, die Dienstpläne per 1. Januar 2026 überarbeitet werden.

Barbara Gisler hat vor 100 Tagen die Leitung des Gefängnisses Zürich West übernommen.
20min/dk
Fakt ist: Von den 220 Mitarbeitenden sind zahlreiche Personen Quereinsteiger, die erst eine dreimonatige Basis-Ausbildung hinter sich haben. Die weiterführende zweijährige Ausbildung zur Fachfrau oder zum Fachmann Justizvollzug haben erst 100 Mitarbeitende absolviert. «Pro Jahr können wir aus Platzgründen nur 20 Personen in die Fachausbildung schicken», sagt Gisler.
Götti- und Onboarding-Programm
Bei weiter hohen Fluktuationen im Personal dauert es also noch mindestens fünf Jahre, bis alle Angestellten die nötigen Qualifikationen aufweisen. «Die Thematik ist uns bewusst», sagt Gisler. «Es gibt daher ein Onboarding-Programm. Ein erfahrener Götti übernimmt zudem die Verantwortung für einen Mitarbeitenden und der Besuch eines Basissicherheitsmoduls ist Pflicht.» Trotzdem: «Ein grosser Teil des Wissens wird sich direkt im Berufsalltag angeeignet», sagt Gisler.
Mit rund 12’000 Eintritten pro Jahr bleibe die Situation im Gefängnis Zürich West «hochkomplex und herausfordernd». Gisler zieht nach 100 Tagen trotzdem eine positive erste Bilanz: «Besonders beeindruckt haben mich die hohe Motivation und das Engagement der Mitarbeitenden – aber auch die Fülle an Ideen und das enorme Wissen, das im Betrieb vorhanden ist.»
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