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Viele Personen haben eine falsche Vorstellung davon, wie viel sie im Vergleich mit anderen verdienen. Eine neue Berechnungsmethode liefert Klarheit.
Viele Parteien in Deutschland werben damit, der Mittelschicht etwas Gutes tun zu wollen. Das stellen die Ökonomen Maximilian Stockhausen und Judith Niehues des Deutschen Instituts für Wirtschaft (IW) in ihrem aktuellen Bericht fest. „Wenig verwunderlich, da sich die meisten Menschen in Deutschland bei diesem Begriff angesprochen fühlen“, so die Forschenden.
In einer Umfrage von 2023 zählten sich 54,5 Prozent der Befragten zur Mittelschicht. Etwas mehr als die 48 Prozent, die tatsächlich zur Mittelschicht gehören. Auch der aktuelle Armuts- und Reichtumsbericht bestätigt den Eindruck. Befragte aus allen sozialen Lagen nannten deutlich zu hohe Werte für Reichtum. In einer Studie aus dem Jahr 2022 stellte der Ungleichheit-Experte Marius Busemeyer eine „ausgeprägte Tendenz zur Mitte“ fest. Menschen schätzen ihre relative Position auf einer zehnstufigen Einkommens- oder Vermögensskala, egal wie viel sie wirklich verdienen, recht ähnlich ein. „Arme unterschätzen ihre relative Armut und Reiche ihren relativen Reichtum“, sagt Busemeyer BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA.

Eine Familie (zwei Elternteile mit zwei Kindern unter 14 Jahren) gehören mit einem Nettoeinkommen zwischen 3.880 Euro und 7.280 Euro zur Mittelschicht. (Symbolbild) © IMAGO/Westend61Mittelschicht falsch zugeordnet: „Reichtum schwerer zu greifen“
Viele Menschen ordnen sich der Mittelschicht zu, weil sie die Schwelle zum Einkommensreichtum völlig falsch, meist viel höher einschätzen. Sie vertun sich hier um fast die Hälfte, zeigt eine Studie von Busemeyer aus dem Jahr 2022. Gleichzeitig denken sie, es gebe viel mehr reiche Menschen, als es tatsächlich gibt. Armut ordnen sie akkurater ein. Der Experte erklärt dies gegenüber BuzzFeed News Deutschland so, dass Menschen hier eher auf eigenen Erfahrungswerten aufbauen können. Außerdem sei der „Begriff Reichtum schwerer zu greifen“.
Dadurch könne es passieren, dass sich „reiche“ Familien oder Einzelpersonen wie der Bundeskanzler Friedrich Merz, der einmal sagte, er sei Mittelschicht, fälschlicherweise der Mitte zuordnen. Ärmere genauso. Oft wird das mittlere Einkommen (Median) für die Definition der Mittelschicht verwendet. Hierbei bleibe aber unklar, wo genau die Grenzen verliefen, kritisieren die IW-Experten. Sie definieren daher ein bedarfsgewichtetes Haushaltsnettoeinkommen zwischen 80 und 150 Prozent des Medians als Mittelschicht. 60 bis 80 Prozent seien die untere Mitte und 150 bis 250 Prozent die obere Mitte.
Für eine Familie (zwei Elternteile mit zwei Kindern unter 14 Jahren) bedeutet dies: Mit einem Nettoeinkommen zwischen 3.880 Euro und 7.280 Euro gehören sie zur Mittelschicht. Mit einem Nettoeinkommen von weniger als 2.910 Euro im Monat gehören Sie, was ihr Einkommen anbelangt, zu den ärmsten acht Prozent, mit mehr als 12.140 Euro zu den reichsten fünf Prozent.