Publiziert29. Juni 2025, 11:44
Teheran: Hat der Iran 400 Kilogramm Uran versteckt?
Die USA und Israel haben Irans Atomanlagen angegriffen. IAEA-Chef Grossi sieht das Programm innert weniger Monate wieder aufnahmefähig. Im Land wird er derweil zum Feind stilisiert.
IAEA-Chef Grossi warnt vor Irans Fähigkeit, sein Atomprogramm rasch wiederherzustellen.
Iran hat einem Bericht zufolge 400 kg Uran mit fast waffenfähigem Reinheitsgrad von 60 Prozent.
Iranische Medien fordern die Todesstrafe für Grossi wegen angeblicher Spionage.
Der Iran könnte nach Einschätzung des Chefs der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) trotz der Angriffe auf die Atomanlagen «innerhalb weniger Monate» mehrere Zentrifugenanlagen zur Anreicherung von Uran in Betrieb nehmen. Die Kapazitäten seien vorhanden, sagte Rafael Grossi dem US-Sender CBS News.
Irans Aussenminister Abbas Araghtschi hatte erklärt, die Schäden an den iranischen Atomanlagen nach den israelischen und US-Angriffen seien «erheblich». US-Präsident Donald Trump sagte, die Angriffe hätten Irans Atomprogramm um Jahre zurückgeworfen.

Irans Aussenminister Abbas Araghtschi
Marwan Naamani/dpa
«Wissen nicht, wo sich Material befindet»
Grossi wies darauf hin, dass man nicht behaupten könne, «dass alles verschwunden ist und nichts mehr da ist». Laut einer vom US-Sender veröffentlichten Abschrift des Interviews sagte der IAEA-Chef: «Sie können, wissen Sie, innerhalb weniger Monate, würde ich sagen, mehrere Kaskaden von Zentrifugen in Betrieb nehmen, die angereichertes Uran produzieren.».
Die IAEA ist vor allem daran interessiert, den Verbleib von beinahe waffenfähigem Uran im Iran zu verifizieren. «Wir wissen nicht, wo sich dieses Material befinden könnte», sagte der Chef der Behörde dem Sender.
400 kg Uran, 60 Prozent Reinheitsgrad
Der Iran besitzt einem IAEA-Bericht zufolge unter anderem mehr als 400 Kilogramm Uran mit einem beinahe waffentauglichen Reinheitsgrad von 60 Prozent. Nach Angaben von Diplomaten könnten damit einige Atomwaffen hergestellt werden, falls das Material noch weiter auf 90 Prozent angereichert würde. Die Führung in Teheran beharrt darauf, keine Atomwaffen bauen zu wollen, doch in vielen Ländern wuchs zuletzt die Sorge, dass die Islamische Republik immer näher an die Fähigkeit rückt, Kernwaffen herzustellen.
Als Reaktion auf die israelischen und US-amerikanischen Angriffe auf die Atomanlagen hatte Irans Parlament zuletzt für eine Aussetzung der Zusammenarbeit mit der IAEA gestimmt, bis die «Sicherheit» der nuklearen Anlagen gewährleistet ist. In einem Lagebericht betonte Grossi, dass die Inspektionen fortgesetzt werden müssten. Er wies darauf hin, dass dies laut einem Vertrag zwischen seiner Organisation und dem Iran vorgeschrieben sei.

IAEA-Direktor Rafael Grossi.
AFP
Todesstrafe für Grossi gefordert
Die iranische Zeitung «Kayhan» hat die Todesstrafe für den Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA gefordert. Grossi habe «für Israel spioniert», behauptet die Zeitung. Sie wird im Land als staatliches Propagandablatt eingestuft. Ihr Herausgeber Hussein Schariatmadari gilt als radikaler Islamist.
Hintergrund der Anfeindungen ist die im Iran verbreitete Darstellung, dass der Bericht der IAEA Auslöser der israelischen Angriffe und den 12-tägigen Krieg waren. Das Lenkungsgremium der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien hatte in einer Resolution formell festgestellt, dass Teheran gegen seine Verpflichtung verstossen habe, sein gesamtes Atomprogramm offenzulegen. Die IAEA-Resolution wurde verabschiedet, nachdem sich Teheran jahrelang geweigert hatte, geheime Atom-Aktivitäten in der Vergangenheit aufzuklären.
Dazu schrieb US-Aussenminister Marco Rubio auf X, die Forderungen nach «Verhaftung und Hinrichtung» von Rafael Grossi seien «inakzeptabel und müssen verurteilt werden».
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