Nach der Festnahme eines Dänen, der im Auftrag eines iranischen Geheimdiensts in Berlin jüdische Einrichtungen ausgespäht haben soll, hat das Auswärtige Amt den iranischen Botschafter einbestellt. Das teilte das Außenamt im Onlinedienst X mit.

„Wir dulden keinerlei Bedrohung jüdischen Lebens in Deutschland“, hieß es. Der Verdacht gegen den Mann „wegen mutmaßlicher Agententätigkeit für Iran muss lückenlos aufgeklärt werden“, fügte das Auswärtige Amt hinzu.

Zuvor hatte Außenminister Johann Wadephul zum Schutz der Juden aufgerufen. „Wenn dieser Verdacht sich bestätigen sollte, dann wäre das ein ungeheuerlicher Vorgang, der erneut verdeutlichen würde, dass der Iran überall auf der Welt eine Gefahr für Jüdinnen und Juden ist“, sagte der CDU-Politiker am Rande eines Besuches in der ukrainischen Hafenstadt Odessa nach dem Besuch einer Synagoge. „Dem werden wir uns klar entgegenstellen.“

Der Iran indes wies die Vorwürfe der Spionage gegen jüdische Einrichtungen in Deutschland zurück. Die iranische Botschaft in Berlin sprach von „unbegründeten und gefährlichen Behauptungen“, wie die regierungsnahe Nachrichtenagentur Isna berichtete. Die Vorwürfe seien Teil einer Kampagne, um von Israels Krieg gegen den Iran abzulenken, hieß es.

Zuvor hatte die Bundesanwaltschaft die Festnahme des Verdächtigen in Dänemark öffentlich gemacht. Der dänische Staatsangehörige steht im Verdacht, im Auftrag eines iranischen Geheimdienstes gehandelt zu haben, teilte die Karlsruher Behörde mit.

Im Juni habe er vor Ort drei Objekte ausgespäht. „Dies diente mutmaßlich der Vorbereitung weiterer geheimdienstlicher Operationen in Deutschland, möglicherweise bis hin zu Anschlägen gegen jüdische Ziele“, hieß es in der Mitteilung der Bundesanwaltschaft weiter.

Abendlage Newsletter

Die wichtigsten Nachrichten des Tages — abends direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

Der Name des Festgenommenen wurde mit Ali S. angegeben, er ist offenbar dänischer Staatsbürger mit afghanischen Wurzeln. Das Bundesamt für Verfassungsschutz leitete den Angaben zufolge Erkenntnisse über ihn weiter.

Verdächtiger soll Befehle von Quds-Brigaden erhalten haben

Der dänische Inlandsgeheimdienst Pet bestätigte die Festnahme. Demnach ist der Mann 53 Jahre alt und stammt aus der Gegend um Aarhus im Osten Dänemarks. Er soll bereits seit 23. Juni in Untersuchungshaft sitzen.

Er soll nun nach Deutschland überstellt und dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe vorgeführt werden, der über die Untersuchungshaft entscheidet. Das Bundeskriminalamt führe die polizeilichen Ermittlungen.

Wie die dänische Zeitung „Politikken“ berichtet, soll der Mann zu Beginn dieses Jahres den Auftrag vom Iran bekommen haben, Informationen über jüdische Orte und Personen in Berlin zu sammeln. Die Befehle habe er demnach von einer Eliteeinheit der iranischen Revolutionswächter, den Quds-Brigaden, erhalten.

Auch der „Spiegel“ berichtet von einem Auftrag der Quds-Brigaden. Der Mann sollte demnach mögliche Angriffe vorbereiten. Er habe bereits konkrete Personen und Gebäude ausgekundschaftet, heißt es.

Dazu gehörten der Sitz der Deutsch-Israelischen Gesellschaft sowie ein Gebäude, in dem sich der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, gelegentlich aufhalten soll.

Iran soll „kriminelle Netzwerke für Gewalttaten“ in Europa nutzen

Die iranische Agententätigkeit in Europa ist dem dänischen Inlandsgeheimdienst Pet zufolge nicht neu. Demnach soll der Iran seit geraumer Zeit „kriminelle Netzwerke und Mittelsmänner für Gewalttaten auf europäischem Boden“ nutzen.

„Generell haben wir an mehreren Orten in Europa Angriffe und Gewalttaten beobachtet, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie im Auftrag des Irans verübt wurden“, heißt es auf der Seite des Pet, die am Dienstag zeitweise nicht erreichbar war. „Auch auf dänischem Boden haben wir bereits iranische Aktivitäten beobachtet, die sich gegen Dissidenten richteten.“

Mehr auf Tagesspiegel.de Offenbar Festnahmen wegen Nähe zu Israel So schildern Juden im Iran ihre Lage nach dem Krieg Anschläge und Spionage So geht Irans Mullah-Regime im Ausland vor – eine Chronik Amerikas Angriffe auf den Iran Erhöht sich jetzt die Terrorgefahr in Europa und Deutschland?

Israel hatte am 13. Juni den Iran angegriffen und landesweit Ziele bombardiert. Als Begründung führte die Regierung die Bedrohung durch Irans umstrittenes Atomprogramm an – Israel befürchtet, die Islamische Republik könnte eine Atombombe bauen. Der Iran bestreitet dies und reagierte mit Raketen- und Drohnenangriffen. Inzwischen gilt eine Waffenruhe.

Die Innenministerien von Bund und Ländern hatten nach Beginn des israelischen Angriffs die Maßnahmen zum Schutz israelischer und jüdischer Einrichtungen noch einmal verstärkt.

Nicht erst seit den israelischen Angriffen auf Iran fürchten Ermittler und Nachrichtendienste Anschläge auf jüdische und israelische Ziele. (Tsp, dpa, AFP, Reuters)